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„Leihmutterschaft muss weltweit abgeschafft werden“

Eine Frau trägt ein fremdes Kind aus? Das ist seit Freitag in der Slowakei verboten. Für die Aktivistin Olivia Maurel ein Sieg gegen den modernen Menschenhandel.
Leihmutterschaft
Foto: Imago/Pont5 Images | Kinder sind keine Ware: Leihmutterschaft verletzt Menschenrechte und birgt gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind, über die oft unzureichend aufgeklärt wird.

Seit Freitag ist Leihmutterschaft in der Slowakei verfassungsrechtlich untersagt. Mit einer Verfassungsänderung vom 26. September bekräftigte das Parlament zudem die Anerkennung nur zweier Geschlechter, die Ehe zwischen Mann und Frau als Basis für Adoption sowie die alleinige Zuständigkeit des Staates gegenüber der EU in Bildungs- und Familienfragen.

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Olivia Maurel, Juristin, feministische Aktivistin und Sprecherin der Casablanca-Erklärung für eine universelle Abschaffung der Leihmutterschaft, sprach kurz vor der Abstimmung vor dem Gesundheitsausschuss und erinnerte die Abgeordneten an ihre Pflicht, sich für das Wohl des Volkes und gegen Leihmutterschaft einzusetzen. „Als ich davon erfuhr, dass die Verfassungsänderung, von der man bis zuletzt dachte, sie würde nicht die erforderliche Mehrheit erlangen, verabschiedet worden ist, habe ich vor Freude geweint“, so Maurel gegenüber der „Tagespost“. Sie selbst wurde durch eine Leihmutter geboren – erfahren hat sie das erst mit 30 Jahren. Seither erhebt sie öffentlich ihre Stimme: „Ich spreche nicht nur für mich, sondern für die vielen Kinder, die von einer Leihmutter geboren und verkauft wurden. Viele leiden unter psychischen Problemen: Trennungstraumata, Identitätsfindungsstörungen. In dieser Debatte rund um Leihmutterschaft müssen wir endlich über das Kind sprechen.“

Rechtliche Grauzone in Deutschland

In Deutschland verbietet zwar das Embryonenschutzgesetz die Leihmutterschaft, dennoch existieren Schlupflöcher: „Deutsche können sich im Ausland ein Kind besorgen und es legal nach Deutschland bringen“, erklärt die Publizistin Birgit Kelle, Autorin von „Ich kauf mir ein Kind“. Auf Kinderwunschmessen in Deutschland informierten ausländische Agenturen offen über ihre Angebote. In dem wachsenden Leihmutterschafts-Milliarden-Business – das für das Jahr 3032 auf 200 Milliarden Dollar geschätzt wird – werden die Rechtssysteme verschiedener Staaten bestmöglich ausgenutzt, erläutert Kelle dieser Zeitung: „Ein Kind kann online über eine ukrainische Agentur ab 36.000 Euro bestellt werden. Die Leihmutter stammt etwa aus Bulgarien, Eizellen können in Spanien gekauft, Sperma aus Dänemark eingefroren in die Ukraine geschickt werden. Dort erfolgt die Befruchtung, die Schwangerschaft findet auf Zypern statt, wo die Bestelleltern ihr Kind abholen.“

Olivia Maurel
Foto: Andrej Lojan/Postoj.sk

Maurel ist überzeugt: „Aufgrund des grenzüberschreitenden Geschäfts kann der Reproduktionstourismus nur mit einer globalen Lösung beendet werden.“ Italien sei Vorbild: Dort ist es strafbar, ein im Ausland gekauftes Kind ins Land zu bringen – mit Freiheitsstrafen, empfindlichen Geldstrafen und Kindesentzug als Konsequenz. Ein weltweites Verbot sei auch notwendig, um den „organisierten Verbrecherbanden“ beikommen zu können. „Die Kartelle in Kolumbien und in Mexiko handeln heute oft nicht mehr mit Drogen, sondern mit Leihmutterschaften“, so Maurel. „Die ‚Leihmutterschafts-Mafia’ benutzt sehr arme Frauen, denen außer Prostitution oft wenig Alternativen offenstehen, wie beispielsweise in der Ukraine. Viele können nicht lesen und müssen knallharte Verträge unterschreiben, die sie nicht verstehen.“ Diese verpflichteten sie etwa zu Abtreibungen, wenn das Kind nicht den Erwartungen entspricht – bereits ein „falsches“ Geschlecht könne ausreichen.

Körperliche und psychische Folgen

Felix Böllmann, Jurist und Leiter der europäischen Rechtsabteilung von ADF International, kritisiert gegenüber dieser Zeitung: „Leihmutterschaft ist mit den Menschenrechten unvereinbar. Wenn wir diese ernst nehmen, müssen wir was dagegen tun.“ Mutterschaft sei kein Dienstleistungsverhältnis; der Tausch von Kindern gegen Geld verstoße gegen das Verbot von Kinderhandel. Zudem werde das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft verletzt, wenn Bestelleltern in der Geburtsurkunde eingetragen würden. Leihmutterschaft kollidiere außerdem mit dem Recht auf Leben und Gesundheit. Letztere seien bei Leihmüttern, Eizellspenderinnen und Kindern nachweislich gefährdet.

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Vor den massiven Hormonbelastungen warnt auch Christoph von Ritter, Internist, Gastroenterologe und Endokrinologe im Ruhestand, gegenüber der „Tagespost“. Eizellspenderinnen erhielten Hormoninjektionen mit 20-facher Östrogendosis im Vergleich zur natürlichen Ausschüttung, mit dem Ziel, eine Überproduktion an Eizellen auszulösen. Auch die Leihmütter würden hormonell behandelt. Über die Nebenwirkungen werde häufig nicht ausreichend aufgeklärt. Bei Kindern mehrten sich die Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen im Herz-Kreislauf- und neurologischen Bereich.

Ein Kind kaufen ist keine Liebe

Cornelia Kaminski, Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle, die sich bereits mehrfach gegen Leihmutterschaft positioniert hat, verweist gegenüber der „Tagespost“ auf die psychischen Folgen für Leihmutter und Kind, die durch deren Trennung bei der Geburt entstehen. Während die Leihmütter oft unter unbewältigter Trauer und Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung litten, würde das Kind bereits ab Geburt eine hohe Hypothek tragen: Depression, Angstzustände, bipolare Störung, ADHS, posttraumatische Belastungsstörung sind nur einige der möglichen Folgen.

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„Das Kind ist ein interaktives Wesen“, betont Kaminski. Es trete von Anfang an in Kommunikation mit der Mutter, nehme im Mutterleib Informationen auf und speichere sie in jeder seiner Zellen ab. Auch erkenne es die Mutter nach der Geburt am Geruch, was für sein Sicherheitsgefühl wichtig sei. „Jeder Hundewelpe darf acht Wochen bei der Mutter bleiben, weil jeder Hundezüchter weiß, dass der Hund sonst verhaltensauffällig wird. Aber mit den Babys und ihren Müttern wird hier umgegangen wie mit Sklaven: Es herrscht eine totale Verfügungsgewalt über sie.“ Auch eine sogenannte altruistische Leihmutterschaft, wie sie seit Längerem von der FDP gefordert wurde, oder eine rechtliche Regelung von Leihmutterschaft, um Ausbeutung besser zu verhindern, könnten dem Dilemma der Inhumanität der Leihmutterschaft nicht entgehen, mahnt Birgit Kelle.

Olivia Maurel bekräftigt: „Länder wie Deutschland können und müssen in der internationalen Debatte bei den Vereinten Nationen Leader sein. Wenn die Mehrheit der Staaten Leihmutterschaft national in allen Formen ächtet, kann ein internationaler Vertrag entstehen, der diesen Menschenhandel weltweit verbietet. Liebe heißt, das Wohl des anderen im Blick zu haben. Der Kauf eines Kindes hat mit Liebe nichts zu tun.“

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