Partnerschaft

Kinofilm „What's Love Got to Do with It?“: Wertvolle Denkanstöße

Ein aktueller Kinofilm über arrangierte Ehen im asiatischen Raum bietet für junge Christen überraschend wertvolle Denkanstöße zu Liebe und Partnerschaft.
Silhouette of a marriage proposal at sunset Copyright: xAntonioGuillemx Panthermedia26941001 ,model released, Symbolfoto
Foto: Imago / Panthermedia | Gefühle oder Vernunft? Schicksal oder Vermittlung? Muss die Ehe zwangsläufig auf romantischer Liebe beruhen oder kann die Liebe auch umgekehrt das Ergebnis einer sorgfältig ausgesuchten Beziehung sein?

Was ist auf die lange Sicht stabiler: Eine Beziehung, die einmal mit Liebe beginnt oder eine, die einmal in Liebe mündet? „What´s Love Got to Do with It?“, sang schon die Musiklegende Tina Turner 1984 in ihrer Hit-Single. Der neue Kinofilm von Regisseur Shekhar Kapur trägt nun 30 Jahre später zwar denselben Titel, hat aber mit Tina Turner und ihrem Hit nichts zu tun. Er stellt lediglich die gleiche Frage in den Raum, sowohl in Bezug auf arrangierte Ehen und gelingende Beziehungen als auch auf die Partnersuche via Dating-Apps. Wie und wo findet man heutzutage am besten den Partner fürs Leben? Kann man Liebe erzwingen, ob durch Verkuppelungsversuche anderer oder mit Tinder? Was ist Liebe überhaupt? Wie bedeutsam ist sie für eine feste Beziehung und kann sie mittels Vermittlung durch Dritte entstehen? Schließlich gibt es nicht nur den einen Weg zum Liebesglück und jeder muss seinen eigenen Weg zu „Mr. oder Mrs. Right“ finden. Manch einer braucht bis dahin durchaus sehr viele Anläufe. Auch junge Christen stehen hierzulande immer häufiger vor dem Problem, einen gleichgesinnten Partner zu finden.

Erfolgloses Liebesleben

In der Beziehungskomödie „What´s Love Got to Do with It?“, die seit dem 23. Februar in den Kinos läuft, geht es um Zoe (Lily James), eine selbstbewusste, schlagfertige und preisgekrönte britische Dokumentarfilmerin, die in ihrem Liebesleben jedoch erfolglos ist und immer wieder an die falschen Männer gerät. Zwischen zahlreichen enttäuschenden One-Night-Stands und dem wiederholten Gebrauch von Dating-Apps, wünscht sich Zoe nichts sehnlicher als einen Partner, mit dem sie einfach nur glücklich sein kann.

Um genau so einer langwierigen und frustrierenden Suche nach der richtigen Partnerin fürs Leben zu entgehen, hat Zoes Jugendfreund und Nachbar Kazim (Shazad Latif) seine Eltern gebeten, eine baldige Ehe für ihn zu arrangieren und somit auf die in seiner pakistanischen Familie traditionelle und bewährte Weise eine passende Frau für ihn zu finden. Seine Braut soll eine gläubige, schöne und intelligente Frau sein, die britisch genug für ihn und pakistanisch genug für seine Familie ist. Das sind die Kriterien, die ihm, als Arzt und praktizierendem Moslem, vor allem wichtig sind. In diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen „Zwangsehe“ und einer „arrangierten Heirat“ wichtig. Denn eine arrangierte Heirat wird zwar von Verwandten, Bekannten oder von professionellen Ehevermittlern initiiert, aber muss im vollen Einverständnis und Mitspracherecht der Eheleute geschlossen werden und darf keinem Zwang unterliegen. Obwohl für Zoe die Grenzen da wohl eher fließend sind und sie dem Vorhaben von Kazim und seiner Familie sehr reserviert und kritisch gegenübersteht, schlägt sie ihm dennoch vor, seine Suche nach der richtigen Frau sowie die Hochzeit und ihre Rituale mit ihrer Kamera zu begleiten und darüber einen „progressiven“ Dokumentarfilm zu drehen. Dieser soll von verschiedenen Perspektiven auf die Vor- und Nachteile einer solchen „konservativen“ Partnervermittlung blicken.

Halten arrangierte Ehen länger als der Durchschnitt?

Ihre Reise und die Suche nach Antworten, führt sie schließlich in die pakistanische Stadt Lahore, wo Kazim die um einige Jahre jüngere und hübsche Jurastudentin Maymouna, die er via Skype kennengelernt hat, heiraten soll. Der Aufenthalt dort führt Zoe schließlich zu der Erkenntnis, dass es durchaus Parallelen zwischen der modernen und unpersönlichen Partnersuche via Dating-Apps und den traditionell, aber mit bürokratischen Mechanismen vermittelten Hochzeiten gibt. Beide Varianten der Partnersuche bedienen sich eines Mediums, das zwar zwischen Menschen vermittelt, ihnen aber letztlich nicht die finale Entscheidung abnimmt, sich auf den ausgewählten Partner einzulassen: Diese müssen sie immer noch selbst fällen und ihr „Ja“ zu einem der Vorschläge geben. Und so beginnt Zoe immer stärker zu hinterfragen, ob sie auch als aufgeklärte und emanzipierte Europäerin nicht doch etwas von der pakistanischen Kultur lernen kann: Diese rät, einen gleichgesinnten Menschen zu heiraten, der von Leuten ausgewählt wurde, die einen (vermeintlich) am besten kennen und daher wohl am besten wissen, welcher Mensch in die Familie passt und welcher nicht.

Spannend ist auch die Erkenntnis, dass langfristige Beziehungen oftmals vom Segen der Freunde und Familien des Paares abhängig sind. Bei Kazims Eltern scheint dieses Patentrezept für eine gute Ehe jedenfalls in vorbildlicher Weise funktioniert zu haben. Kazim führt an, dass die Scheidungsrate nach arrangierten Hochzeiten mit 5 Prozent wesentlich niedriger ist als nach Lebensbünden, die rein aus Liebe geschlossen wurden; letztere liegt in England aktuell bei über 50 Prozent. Außerdem würden arrangierte Ehen, weltweit gesehen, mit 60 Prozent sowieso dominieren und seien daher der Normalfall und kein mittelalterlicher Kuhhandel. Die arrangierte Ehe, die es vor allem häufig in Südasien, im Mittleren Osten sowie in Teilen Afrikas gibt, baut ihr Fundament nicht primär auf flüchtigen romantischen Emotionen, die kommen und gehen, sondern auf Rationalität und dem, was letztlich für alle kulturell dienlich und vernünftig ist, sowohl für die beiden Partner, als auch für ihre Familien, die sich durch so eine Hochzeit verbinden und wirtschaftlich absichern.

Erst die Liebe, dann die Ehe, oder umgekehrt?

Die Liebe muss nicht in die Ehe münden, aber die Ehe kann in Liebe übergehen, so die feste Überzeugung von Kazim und seiner Familie und wenn sie es nicht tut, dann kann man auch in dem Fall eine gute Ehe führen – oder wieder auseinandergehen, wenn die Verbindung nicht „funktioniert“. Die Frage nur ist, wie frei man sich wirklich für einen Partner in einer arrangierten Ehe entscheiden kann oder ob die Entscheidung nicht eher eine Zustimmung zum Willen der Familie ist. Wieviel eigenen Willen darf man haben, wenn er dem Willen und den Traditionen der Familie nicht entspricht? Kazims Schwester zum Beispiel hat einen britischen Nichtmoslem geheiratet, weshalb ihre Familie den Kontakt zu ihr abgebrochen hat.

Man bekommt den Eindruck, dass die Freiheit der Entscheidung für einen bestimmten Partner oft vielen Bedingungen unterlegen ist, die Druck auf die Entscheidung ausüben können. In der Familie von Kazim entscheidet man traditionell nicht als Individuum, sondern im gemeinschaftlichen Verbund über Beziehungen. Kann das nicht auch zu schwerwiegenden moralischen und familiären Konflikten führen? Keine einfachen Fragen, vor die der Film den Zuschauer stellt. Regisseur Kapur gelingt es jedoch in seiner Culture-Clash Komödie mit vielen geschliffenen Dialogen das Für und Wider der beiden Positionen wohlwollend und vorurteilsfrei aufzuzeigen und dem Zuschauer somit durchaus interessante Einblicke in eine fremde Kultur zu gewähren und dabei sowohl auf ihre Mängel als auch auf ihre Vorzüge hinzuweisen und nicht einfach nur die meist skeptische westliche Sicht auf arrangierte Ehen zu übernehmen.

Suchen und Finden der Liebe

Und so ist ein interessanter Film über das Suchen und Finden der Liebe in unterschiedlichen Kulturen entstanden. Gegensätze prallen vehement aufeinander und sorgen für eine unterhaltsame Reibung. Tinder versus arrangierte Ehe, Tradition gegen Moderne, Familienloyalität gegen Selbstverwirklichung, Zwang versus Freiheit. Ist die Ehe ein bewährtes Model oder eher ein Auslaufmodel? Worauf ist wirklich Verlass? Muss man heiraten um jeden Preis? Welche sozialen Erwartungen muss ich erfüllen und welche habe ich als Individuum an mich selbst? Wo ist das wahre Glück zu finden und wie kommt man dahin? Ist Liebe die Voraussetzung für eine gute Ehe oder nur ihr Ziel? Will Liebe geschenkt oder gelernt sein? Wie wichtig ist, neben der Liebe, die Freundschaft für eine gute Ehe? Ist die Ehe ein verrückter antiquierter Brauch, den man auch mit „vertraglicher Liebe“ umschreiben könnte? „Du willst wirklich eine Fremde heiraten?“, fragt Zoe ihren Freund Kazim an einer Stelle. Dieser antwortet ihr: „Tut das letztlich nicht jeder? Man kennt einen andern Menschen schließlich nie wirklich komplett. Der andere bleibt zu einem gewissen Grad immer ein Mysterium.“

Wenn die Frage des Films lautet: „Was die Liebe mit all dem zu tun hat“, dann sollte man sich als gläubiger Mensch auch fragen, „was Gott mit all dem zu tun hat“, der doch für uns Christen selbst die Liebe ist. Gott möchte, dass wir glücklich sind, und das heißt, dass wir lieben und geliebt werden. Das ist ein Geschenk, mit dem man Zeit seines Lebens lernen muss, verantwortlich und achtsam umzugehen.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Norbert Fink Christen Gott Zwangsehen

Weitere Artikel

Kirche

Kölner Kardinal sagt im Verfahren gegen „Bild“-Zeitung aus – Entscheidung wird am 26. April verkündet.
29.03.2023, 17 Uhr
Regina Einig
In der 21. Folge des „Katechismus-Podcasts“ der „Tagespost“ geht Theologin und Bloggerin Margarete Strauss auf die Bedeutung des Alten Testamentes ein.
29.03.2023, 14 Uhr
Meldung
Der Rücktritt Bischof Bodes verdeutlicht die Lebenslüge des Synodalen Wegs. Denn der berührte nie den Kern des Problems.
29.03.2023, 11 Uhr
Guido Horst