Fragen Sie einmal Kinder: „Wisst Ihr eigentlich, wann das Kirchenjahr anfängt?“ „Am ersten Januar!“ – „Zu Ostern!“ – „Weihnachten vielleicht?“ – so oder ähnlich würden Kinder im Erstkommunionunterricht antworten. Doch was wissen wir Erwachsenen eigentlich über das liturgische Jahr? Es lohnt sich ein Blick in die Konstitution über die heilige Liturgie „Sacrosanctum Concilium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils. Dort lesen wir unter der Überschrift „Das liturgische Jahr“: „Als liebende Mutter hält die Kirche es für ihre Aufgabe, das Heilswerk ihres göttlichen Bräutigams an bestimmten Tagen das Jahr hindurch in heiligem Gedenken zu feiern. [...] Im Kreislauf des Jahres entfaltet sie das ganze Mysterium Christi von der Menschwerdung und Geburt bis zur Himmelfahrt, zum Pfingsttag und zur Erwartung der seligen Hoffnung und der Ankunft des Herrn. Indem sie so die Mysterien der Erlösung feiert, erschließt sie die Reichtümer der Machterweise und der Verdienste ihres Herrn, so dass sie jederzeit gewissermaßen gegenwärtig gemacht werden und die Gläubigen mit ihnen in Berührung kommen und mit der Gnade des Heiles erfüllt werden.“ Das klingt gut, wenn auch etwas kompliziert. Wie bringen wir das Kirchenjahr Kindern mit einfachen Worten und Taten nahe?
Ein Album für das ganze Jahr
Wer es kreativ mag, könnte an der Gestaltung eines ganz individuellen Albums zum Kirchenjahr Gefallen finden. Es handelt sich um eine Familienaktivität, die beliebig an die je individuelle Familiensituation und das Alter der Kinder angepasst werden kann. Das liturgische Jahr der katholischen Kirche beginnt am ersten Advent und endet am Christkönigssonntag. Wir können das ganze Jahr hindurch Material sammeln und einfügen.
Der Advent mit seinen starken Lesungen und der Weihnachtsfestkreis eignen sich besonders gut für den Start eines Kirchenjahr-Albums. Zum ersten Adventsonntag werden in den Sakristeien der Kirchen die Lektionare ausgetauscht, aus denen in der heiligen Messe die Lesungen vorgetragen werden. Bei den sonntäglichen Lesungen beginnt das neue Lesejahr A. Auch die liturgischen Gewänder werden ausgetauscht – im Advent tragen Geistliche und Ministranten violett. Der Blumenschmuck der Kirchen wird schlichter. Vielleicht entdecken die Kinder das selbst, ansonsten kann man sie durch geschicktes Fragen mit der Nase darauf stoßen. Wenn ein Ministrant zur Familie gehört, kann er den Zeiten im Album die richtigen liturgischen Farben zuordnen.
Die richtige Vorbereitung: So gehen Sie das Projekt an
Kaufen Sie im Bastelladen oder Kunstbedarf ein Album, ein Scrapbook oder ein Leporello, das Sie nach Ihren Vorlieben und Fähigkeiten gestalten können. Sind Ihre Kinder noch klein? Dann malen Sie gemeinsam. Gibt es Leseratten unter ihnen? Die könnten Kinderbibel und Heiligenbücher nach den passenden Geschichten durchforsten. Die zukünftigen Schriftsteller unter den Kindern formulieren daraus einen kleinen Text. Teenager begeben sich möglicherweise lieber auf Bildersuche im Internet oder lassen sich zu einer Foto-Challenge herausfordern.
Fragen Sie Ihre Kinder, wer Lust hat, die Überschriften beizutragen. Scrapbookfans dürfen bunte Klebebänder und Sticker zum Einsatz bringen. Kramen Sie Ihre Sammlung von Andachtsbildchen oder Postkarten heraus. Kleine Kunsthandwerker können ihr Album von Beginn bis Ende frei entwerfen. Diejenigen unter uns mit zwei linken Händen, zu denen ich mich auch zähle, greifen lieber auf Hilfsmittel zurück. Passen Sie das Projekt den Interessen und Talenten Ihrer Sprösslinge an. Überfordern Sie sich nicht und besprechen Sie gemeinsam die Form, die Ihr „Projekt Kirchenjahr“ annehmen soll und legen Sie los. Treffen Sie sich bei Kerze und Plätzchen am Sonntagnachmittag und beginnen Sie mit einem Bild oder Foto des Adventskranzes zu Hause oder in der Kirche.
Gestalten Sie eine gemeinsame Aktivität
Lesen wir die Lesungen und Evangelien der Adventsonntage. Am zweiten Advent zum Beispiel hören wir das Evangelium von Johannes dem Täufer. Wählen Sie eine Stelle, die Sie anspricht. Die Kommunionkinder unserer Gemeinde mochten zum Beispiel die Beschreibung des wilden Johannes des Täufers mit seiner ungewöhnlichen Ernährungsweise: „Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung. Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.“ (Matthäus 3, 4ff)
Lassen Sie die Kinder dazu malen oder schreiben oder die Größeren ein schönes Gemälde aus dem Internet suchen und ausdrucken. Unterhalten Sie sich über die Geschichte und Figuren, die Ihnen begegnen. Fotografieren Sie Ihren Adventsschmuck zu Hause und dokumentieren Sie den Krippenaufbau bis Weihnachten und darüber hinaus.
Stress hat keinen Platz: Lassen Sie sich Zeit!
Graust es Ihnen bei der Vorstellung, ein Ganzjahresprojekt zu stemmen? Dann kaufen Sie ein kleines Leporello und nehmen Sie sich nur eine bestimmte Strecke vor. Wählen Sie dazu einen logischen Abschnitt, zum Beispiel den Weihnachtsfestkreis von Advent bis zum Sonntag „Taufe des Herrn“ (mancherorts bis Darstellung des Herrn). Oder beginnen Sie mit der österlichen Bußzeit und arbeiten Sie sich bis Ostern oder Pfingsten vor.
Ist der Anfang gemacht und die ersten Seiten gestaltet, können wir das Album zur Ansicht an eine prominente Stelle im Wohnzimmer stellen. Dann bekommen wir Lust auf eine Fortsetzung. Natürlich ist dies eine hervorragende Gelegenheit, sich regelmäßig als Familie um einen Tisch zu versammeln und gemeinsam etwas Schönes zu schaffen. Verabreden wir uns zur Gestaltung der nächsten Seite?
Auch für Großeltern und Paten kann solch ein Projekt eine Bereicherung in der Beziehung zu Enkeln oder Patenkindern sein. Ist es schwer, gemeinsame Termine für alle zu finden? Haben die Älteren keine Lust, mit den kleinen Geschwistern zu basteln? Dann darf trotzdem jeder, der möchte, im Laufe des Jahres einmal ein Blatt hinzufügen, ganz im eigenen Stil und Geschmack.
Wir dürfen gespannt sein, was daraus entsteht. Kommen wir der Liturgie näher? Lernen wir die Gestaltung der Kirche (und der Wohnung) im Laufe des liturgischen Jahres schätzen? Machen uns die Gespräche Freude? Lassen Sie sich überraschen und bleiben Sie dran. Und: Kein Stress – das Projekt ist über Jahre verlängerbar!
Die Autorin: Martina Berlin in der Kommunionkatechese tätig und absolviert den Lehrgang zur Ausbildung von Katechisten (LAK) an der Hochschule Heiligenkreuz.
Inspiration finden
Um das Projekt durchführen zu können, müssen wir keine Liturgieexperten sein. Suchen wir uns Inspiration in guten katholischen Quellen.
Hier ein paar Ideen:
- Im katholischen Fernsehsender EWTN-Deutschland, den Sie auch im Internet empfangen können, finden Sie eine Einführung und Reise durch das Kirchenjahr: https://bit.ly/Kirchenjahr-EWTN
- Der „Schott“ der Beuroner Erzabtei St. Martin listet alle Lesungen zu jedem einzelnen Tag des Lesejahres auf (als Buch oder online unter bit.ly/Beuron-Schott) und bietet hilfreiche Anmerkungen.
- Kennen Sie die kreisförmigen Illustrationen zur Veranschaulichung des liturgischen Jahres? Kinder, die sich gerade für die Systematisierung der Welt interessieren, erkunden solche Diagramme gern. Beim Bonifatiuswerk kann man „das Kirchenjahr Super Poster“ und eine kostenlose Broschüre dazu bestellen und sich einen Überblick verschaffen: bit.ly/Kirchenjahr-Poster
- Lesen Sie ein Buch zum Thema, wie zum Beispiel „Das Kirchenjahr für Kinder“ von Pia Biel (Katholisches Bibelwerk), „Mein großes Buch der Feste und Heiligen“ von Reinhard Abeln (Katholisches Bibelwerk) oder „Familien feiern das Kirchenjahr“ von Maria Prügl (Verlag Ehe Familie Buch). Viel Freude dabei!
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