Oder beim gemeinsamen Spielen kommt Unfriede auf: „Du hast schon wieder geschummelt! Ich spiele nicht mehr mit.“ Beim Streit unter Geschwistern wird es häufig laut. Das weiß jede Familie. Und so war es schon vor einigen Jahrhunderten und Jahrtausenden. Der alte Abraham, von dem ihr vielleicht schon mal in der Bibel gelesen habt, hatte einen Enkelsohn namens Jakob. Dieser Jakob wiederum hatte zwölf Söhne. Und bei diesen zwölf Söhnen kam großer Streit auf. Der vorletzte Sohn hieß Josef. Sein Vater Jakob hatte ihn sehr ins Herz geschlossen. So schenkte er ihm eines Tages ein schönes, buntes Gewand. Das war besonders und einzigartig. Wie fanden das seine Brüder? Die waren keineswegs begeistert. Im Gegenteil. Sie konnten nicht verstehen, warum ihr kleiner Bruder ständig bevorzugt wurde.
Die Situation spitzte sich noch mehr zu, als Josef besondere Träume hatte. Er träumte, wie er mit seinen Brüdern auf dem Feld aus den Getreidehalmen Garben band. Diese standen auf dem Feld. Die Garben der Brüder verbeugten sich vor Josefs Garbe. Und es kam noch ein zweiter Traum, bei dem sich Sonne, Mond und elf Sterne vor Josef niederwarfen. Josef erzählte seinen Brüdern diese Träume. Diese fanden die Träume nicht witzig. Denn sie gaben zu verstehen, dass Josef besser und wichtiger als seine Brüder sei. Und schließlich war er fast der Jüngste. Die Brüder waren verärgert und kochten vor Wut.
Josef durfte nicht sterben!
Eines Tages schickte Jakob seinen Sohn Josef zu dessen Brüdern. Sie hüteten Schafe und Ziegen auf den Feldern. Die Brüder sahen ihn schon von Weitem kommen. Da schmiedeten sie einen Plan, um diesen lästigen Bruder endlich loszuwerden. Als er ankam, packten sie ihn, zogen ihm das bunte Gewand aus und warfen ihn in einen trockenen Brunnen. Josef wusste nicht, wie ihm geschah. Dort konnte er nicht herausklettern.
Die Brüder hatten ein bisschen Angst, dass er dort sterben würde. Das wollten sie nicht. Kurze Zeit später kam eine Karawane vorbei. Die Geschwister zogen Josef aus dem Brunnen und verkauften ihn kurzerhand für 20 Silberstücke an die Händler. Diese fesselten ihn und verschleppten ihn nach Ägypten. Wie sollten sie das ihrem Vater Jakob erklären? Sie nahmen Josefs Gewand, vermischten es mit dem Blut eines Ziegenbocks und schickten es dem Vater. Dieser meinte, wilde Tiere hätten Josef getötet. Könnt ihr euch vorstellen, wie traurig Josefs Vater war? Er weinte sehr. Denn er hatte Josef ins Herz geschlossen.
Weit weg von der Familie – aber ohne Groll
Josef hätte viele Gründe finden können, um auf seine Brüder sauer zu sein und über sie zu schimpfen. Aber er ließ nicht zu, dass sich sein Herz mit Groll füllte. Und noch etwas ist wichtig: Gott war bei ihm. Gott sorgte für ihn. In Ägypten gab es einen Hofbeamten des Pharaos, der Josef von den Händlern kaufte. Josef erledigte alle Aufgaben, die ihm übertragen wurden, schnell und zuverlässig. Alles gelang ihm und der Hofbeamte war sehr zufrieden. Einige Leute erfuhren, dass sich Josef sehr gut mit Träumen auskannte und diese deuten konnte. Als der Pharao nachts besondere Träume hatte, rief man deshalb Josef. Der Pharao hatte im Traum gesehen, wie sieben fette und sieben magere Kühe aus dem Nil stiegen. Plötzlich fraßen die mageren Kühe die fetten Kühe auf. Was sollte das bedeuten? Josef wusste es: Sieben Jahre lang würde der Pharao eine richtig gute Ernte einfahren, Getreide in großen Mengen. Danach würden sieben magere Jahre folgen, eine große Dürre ohne Ernte. Jetzt war klar, was zu tun war: Sie mussten große Vorräte anlegen, um in den Jahren mit der schlechten Ernte nicht zu verhungern.
Der Pharao hatte großes Vertrauen zu Josef gewonnen. Er ernannte ihn zum Herrn über Ägypten, damit er das Land durch diese schwere Zeit führe. Der Pharao steckte Josef seinen Siegelring an die Hand, gab ihm besondere Gewänder und legte ihm eine goldene Kette um den Hals. So war Josef nach dem Pharao der mächtigste Mann in Ägypten.
Das Wiedersehen nach langer Zeit
Die Jahre vergingen und eine große Hungersnot brach über das Land. Allen fehlte Getreide und Brot. Sie kamen zu Josef, damit er ihnen helfe und das gelagerte Getreide verkaufe. Auch Jakob und seine Söhne, die in weiter Ferne wohnten, hungerten. Sie erfuhren, dass es in Ägypten womöglich Getreide zu kaufen gäbe. So begaben sie sich auf eine lange Reise in das ferne Land. Und sie kamen zu Josef, ohne ihn zu erkennen. Josef wusste, wen er vor sich hatte. Er warf ihnen vor, sie wollten nur das fremde Land ausspionieren. Und er ließ sie drei Tage ins Gefängnis werfen. Dann erlaubte er ihnen, nach Hause zu ziehen, beladen mit Getreide. Aber er trug ihnen auf, mit dem jüngsten Bruder Benjamin zu ihm zurückzukommen. Es dauerte einige Wochen. Dann kamen sie mit Benjamin zu Josef zurück. Als Josef seinen jüngsten Bruder sah, war er in seinem Innersten bewegt. Er ging aus dem Saal, schloss die Tür und weinte. Er war so gerührt. Die Brüder kauften schließlich erneut Getreide und zogen wieder los.
Sie waren noch nicht weit gekommen, da ließ Josef sie zurückrufen, weil einer angeblich einen Silberbecher gestohlen hatte. Die Brüder hatten Angst, dass sie nicht alle zu ihrem Vater zurückkehren würden. Da war Josef erneut innerlich bewegt. Er schickte alle Bediensteten aus dem Saal. Und dann sagte er seinen Brüdern, wer er wirklich sei: Josef, den sie in den Brunnen geworfen und an Händler verkauft hatten. Und Josef verzieh ihnen all das Böse, das sie ihm angetan hatten. Er wusste, dass Gott ihn in das fremde Land geschickt hatte, um später seine Familie in der Hungersnot zu retten. Die Brüder konnten es kaum glauben. Josef trug ihnen auf, ihren alten Vater nach Ägypten zu bringen, damit er ihn sehen könne. Sie taten es und einige Zeit später durfte Josef seinen alten Vater weinend umarmen.
Ein paar tausend Jahre später …
„Immer muss ich den Tisch decken und die anderen müssen nie helfen.“ Es braucht nicht viel, um Streit mit den Geschwistern zu entfachen. Was können wir von Josef lernen? Erstens: Lasse nie Groll in dein Herz. Es hilft einfach nicht. Sicherlich gibt es immer wieder ungerechte Situationen. Das gehört zum Leben dazu. Sprich in Ruhe mit deinen Eltern oder anderen Personen darüber, die dir helfen können. Zweitens: Vertrau auf Gott. Er sieht jede Ungerechtigkeit. Er ist bei dir. Er will dir helfen und dich trösten. Drittens: Lerne zu verzeihen. Wie schwer muss es für Josef gewesen sein, seinen Brüdern zu verzeihen. Aber er hat es getan, weil er ein großes Herz hatte. Was gibt es Schöneres, als ein so großes Herz!

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.











