Wer gedacht hat, der Vatikan sei nichts für Kinder, wird durch das neue Kinderbuch von Ulrich Nersinger eines Besseren belehrt. Mit „Die Vatican-Kids. Vier Spürnasen im Einsatz“ nimmt der Vatikan-Experte und Autor zahlreicher Bücher Jung und Alt mit auf Entdeckungstour in die Vatikanischen Museen, die Sixtinische Kapelle, den Apostolischen Palast, zu den Gräbern von Petrus und Paulus. Er arrangiert auch ein ungewöhnliches Treffen mit dem Papst: Pia, angelockt durch ein mysteriöses Licht in den Nekropolen, hofft, dem heimlichen Verfolger der Kinder auf die Schliche zu kommen. Sie findet aber nur eine Katze, die sich bei Tageslicht als schwarze Katze entpuppt; für abergläubische Römer ein Unglücksbringer, so dass Pia sie im hohen Bogen von sich wirft. Fine läuft hinterher, als ein Auto nach einer Vollbremsung knapp vor ihr stehen bleibt — und der Papst aussteigt. Sirenen heulen los. Von allen Seiten kommen Gendarmen und Gardisten herbeigeeilt, um den Papst vor einem vermeintlichen Attentäter zu schützen… Ein Fehlalarm, der dank der vielen Kameras für reichlich Gesprächsstoff im kleinen Staat sorgt.
Vier Kinder ergründen im Vatikan Geheimnisse
Die vier, das sind zwei Geschwisterpaare, deren Väter im Vatikan arbeiten; der eine als Chef der Päpstlichen Gendarmerie, der andere als Kommandant der Schweizergarde. Damit die Kinder ihr neues Zuhause kennenlernen, schicken die Väter sie in Begleitung auf Erkundungstouren, auf denen Pia sich als wandelndes vatikanisches Lexikon entpuppt. Sie will später Generalinspektorin werden — eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit als Frau. Sie ist es auch, die auf einem Video wichtige Hinweise zu einem Vespafahrer findet, der erst Fine auf der Straße fast umgefahren, im Almosenamt zwei Aktenordner ausgetauscht und dann Vincent und Simone verprügelt hat.
Die vier Kinder, die unter dem Namen „Vatican-Kids“ einen Geheimbund gründen, sind die Protagonisten des Buches. Während der Leser in ihre Abenteuer mit hineingerissen wird, erfährt er fast nebenbei zahlreiche Fakten rund um den Vatikan und ihre Bewohner, die der Autor kindgerecht in eine einfache Sprache verpackt. So lernt man zum Beispiel, dass die Vatikanischen Museen 1 300 Räume haben und man mehr als sieben Kilometer zurücklegen müsste, um sie alle zu erkunden. Oder warum die päpstlichen Soldaten Schweizer sind. Man erfährt, dass der Obelisk auf dem Petersplatz im ersten Jahrhundert aus Ägypten importiert wurde und dass der Vatikan eine der höchsten Kriminalitätsraten weltweit hat.
Diese Ausflüge in die Geschichte schmücken unaufdringlich die Abenteuer der Kinder, die die Sicherheitsdienste auf Trab halten. Hier lösen sie einen Terroralarm aus, da weisen sie einen Gardisten zurecht und entlarven einen Betrüger, der ihnen eine vatikanische Münze von 1920 andrehen will. Aber Pia weiß, dass der Papst 1920 noch keine Münzen hat prägen dürfen, und macht so lange auf den Mann aufmerksam, bis er abgeführt wird.
Mit Eifer machen sich die Detektive auch an die verschlüsselten Botschaften, die sie zugesteckt bekommen. Wer steckt dahinter? Und wer beobachtet sie ständig? Wer lässt verbotenerweise immer Zigarettenstummel liegen? Im Päpstlichen Staatssekretariat bringen die Geheimsprache des Caesar und ein Entschlüsselungscode von Leon Batista Alberti die Spürnasen weiter. Aber werden sie die geheimen Botschaften dechiffrieren und auch die anderen Rätsel lösen? Einfach selber lesen! Das Buch ist absolut lesenswert, spannend und tiefgründig zugleich und macht Lust auf mehr. Hoffentlich erscheint bald der zweite Band.
Ulrich Nersinger: Die Vatican-Kids. Vier Spürnasen im Einsatz. Verlag Petra Kehl 2022, 160 Seiten, ISBN 978-3-947890-13-2, EUR 12,90
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