In meiner Kindergartenzeit in der damaligen Tschechoslowakei hinter dem Eisernen Vorhang habe ich erlebt, wie das Christkind und der heilige Nikolaus durch den Opa Frost verdrängt wurden. Vom neugeborenen Jesus durfte man in den späten 80ern noch nicht reden, auch wenn die Ideologisierung nicht mehr so intensiv wie in den 50er Jahren war.
Opa Frost
Damals, 1952, hielt der Regierungsvorsitzende und spätere Präsident Antonín Zápotocký eine Rede an die Kinder und Jugendlichen, in der er erklärte, wie sich die Zeiten ändern und damit auch Weihnachten. „Die Weihnachtsbäume leuchten noch, es werden Geschenke erwartet, aber die Krippe ist nicht mehr da … Die Krippe mit dem kleinen Jesus musste früher in jedem Haushalt sein. (…) Das Christkind ist groß und alt geworden, trägt jetzt Bart und aus ihm ist der Opa Frost geworden.
Er ist nicht mehr arm und nackt, sondern trägt eine Pelzmütze und einen Pelzmantel. (…) Der Opa Frost kommt aus dem Osten und wird auch von Sternen begleitet. Aber nicht nur von einem einzigen Stern von Betlehem, sondern einer ganzen Reihe von roten Sternen an unseren Hütten, Fabriken, Schachten und Baustellen leuchten auf seinen Weg. (…) Unsere Arbeiter wohnen nicht mehr im Stall und die Kinder werden nie wieder im Stall zur Welt kommen.“
Zurück zum Christkind
Nach der Wende kehrte man wieder zurück zum Christkind und das nicht nur in der immer noch überwiegend katholischen Slowakei, sondern auch im eher konfessionslosen Tschechien. Letztes Jahr hat die tschechische Armee ein Video gedreht, in dem Santa Claus von den tschechischen Streitkräften vom Himmel geholt und nach der Bruchlandung auf der Erde von den Panzern gesichert wird – mit dem Kommentar, in diesem Land werden Geschenke vom Christkind gebracht (Das Video ist auf Youtube zu finden).
Heute als Mutter von drei Kindern, wohnhaft in Berlin, bin ich wieder mit dem Thema konfrontiert. Als unsere Söhne letztes Jahr zum ersten Mal in den Kindergarten gingen, kamen sie vor Weihnachten mit dem „Weihnachtsmann“ nach Hause. Also haben wir als Eltern um Rücksicht gebeten und darum, auch das Christkind miteinzubeziehen. Die Erzieherin schaute etwas verdattert: „Wissen Sie, wie viele Nationen und Religionen wir im Kindergarten haben?“
Der Weihnachtsmann im Kindergarten
Der Weihnachtsmann wird fälschlicherweise als neutrale Basis für Weihnachten dargestellt. Genau unter dem Motto von Zapotocky – Weihnachten ohne Jesus. Aus dem gleichen Grund organisiert der Kindergarten auch das „Laternenfest“, wo dann entsprechende Lieder gesungen werden, wie zum Beispiel „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“. Bloß nur nicht den heiligen Martin erwähnen.
Mit dem Übergang unseres ersten Sohnes in die Grundschule hat sich kaum etwas verändert. Im Musikunterricht lernen die Kinder das Lied „Weckt den Weihnachtsmann“: „... Bald schon kommt das Weihnachtsfest/ so stimmungsvoll und nett/ doch der dicke Weihnachtsmann liegt noch in seinem Bett.“ Zu meiner Schulzeit gab es noch „Stille Nacht, heilige Nacht“ im Musikunterricht.
Der Grund für Weihnachten
Ob diese Banalisierung der Adventszeit und des Weihnachtsfestes tatsächlich von Eltern anderer Herkunft und Religion erwartet wird? Natürlich steht und fällt der christliche Glaube nicht damit, ob die Kinder an das Christkind als „Geschenkspender“ glauben oder nicht. Schließlich kenne ich genug katholische Familien, in denen die Eltern ihren Kindern offen sagen, dass die Geschenke von den Eltern sind.
So oder so ist es ist die Aufgabe der Eltern, ihren Kindern zu erklären, wieso wir Weihnachten feiern. Dass wir weder an Opa Frost noch an den Weihnachtsmann glauben, sondern an das Jesuskind, das in der Krippe geboren wurde, um uns Menschen das ewige Leben zu bringen.
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