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Falsche Frau geheiratet – was jetzt?

„Ich habe die falsche Frau geheiratet! Wie kann ich sie dennoch lieben?" Die Kolumne zu Sexualität und Partnerschaft.
Paarkrise
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Pech in der Liebe? Ehekrisen sind nicht nur Schicksal - man kann auch am Glück arbeiten.

Die Feststellung ist hart und schnörkellos: Ich habe die falsche Frau geheiratet! Der Grund: Sie gefällt mir nicht! Was meint: Sie spricht mich erotisch nicht an!  Doch wie komme ich überhaupt auf die Idee, dass sie nicht die Richtige ist? Vermutlich durchs Vergleichen. Ich schaue links und rechts und stelle fest, ich habe mich im Produkt vergriffen. Doch bei dem, was ich wertend vergleiche, handelt es sich nicht um ein „Etwas“, sondern um einen „Jemand“. Um eine Person, der ich – nach Ehevorbereitung und in zeremonieller Feier – mein „Ja“ gegeben habe.  Einigermaßen hoffnungsvoll jedoch stimmt die Frage: Wie kann ich trotzdem lieben und den Sex mit ihr cool finden?

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Helfen kann die katholische Nüchternheit. Denn eine Ehe entsteht nicht durch Gefühle, sondern durch das „Ja“! Den Konsens der Brautleute. Der andere ist mir ab jetzt als meine „Berufung“ gegeben. In diesem Sinn sagt die Kirche: Nicht die „richtige“ Person garantiert die Liebe, sondern die Treue formt die richtige Person. Der Rückenwind der Treue ist die sakramentale Gnade.

Der Gnade Gottes eine Chance geben

Wer also glaubt, sich bei der Wahl des Partners vergriffen zu haben, der sollte der Gnade Gottes eine Chance geben. Das geht nicht, ohne dass ich mit der Gnade zusammenarbeite, dass ich umkehre – vom ständigen Vergleichen, Suchen und der Eichung meiner Wahrnehmung auf erotische Kategorien. Denn erst, wenn ich die Hintertür des erotisierenden Vergleichens und Pornografisierens schließe, hat der, dem ich mein „Ja“ gegeben habe, eine Chance. Das führt nicht selten über den regelmäßigen Besuch des Beichtstuhls und die Rückkehr zur Gnade des Ehebundes. Sie kann den Blick erziehen. Denn ich habe nicht die falsche Frau geheiratet, sie hatte keine Chance, sich mir zu zeigen. Denn sie musste performen, festgelegt auf einen Sexappeal, der nicht ihrer ist.

Wie wäre es, wenn nicht mein Blick über den anderen entscheidet, sondern der Blick Gottes? Ihn kann ich im Gebet einholen. Dann, wenn ich bitte: „Herr, zeige mir die Schönheit, die du in meinen Partner gelegt hast!“ Auf diesem Weg könnte mein Blick zum „guten Blick“ werden: Nicht durch die Rute der Moral, sondern durch das Eintauchen in den schöpferischen Blick Gottes, dessen Augen das Werden der Person meines Partners mit Wohlwollen und Freude sahen (vgl. Ps. 139).

Der gute Blick verändert die Liebe

Tägliche Dankbarkeit ist dann der Weg, es Gott gleichzutun. Darauf achten, wo mir mein Partner wohltut: mit seinem Humor, seinem Charakter, seiner Fürsorge, seiner Art der Liebe, seiner Berührung. Und ja: darüber sprechen. Denn nur, wenn mein Partner hört, was ich an ihm schätze, wird mehr von seiner einzigartigen Schönheit erblühen. Dies könnte einen Weg wachsender Zärtlichkeit öffnen, der durch Langsamkeit und Gegenseitigkeit – und nicht länger im Schritt meiner erotischen Erwartungen – begangen wird. Vielleicht ist es dazu nötig, sich neu zu verabreden. Wieder mit einem Flirt zu beginnen. Kleine Zärtlichkeiten auszutauschen, um gegenseitig die erotische Sprache des je anderen zu lernen. Dem Gesetz folgend, dass das Fremde, das Einzigartige, das Exotische, das mir im anderen begegnet, das ist, was bei Paaren erotische Spannung erzeugt.

Ob der Sex am Ende „cool“ wird? Schwer zu sagen. Die Liebe aber wird sich unter dem „guten Blick“ verändern. Unter dem Vorzeichen der Dankbarkeit frage ich nicht länger, „Ist sie die Richtige?“, sondern „Wie werde ich der Richtige?“ Die Antwort liegt in meinem Handeln, in der Veränderung meines Blickes und in der Zusammenarbeit mit der Gnade Gottes. Sie hilft mir zur Treue, die meinen Blick leitet und mir versichert: Ich habe die richtige Frau geheiratet!

Markus Hoffmann ist Entwicklungspsychologe, Sexualberater und praktischer Theologe.


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