Glaube keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast, sagt der Volksmund in Anlehnung an ein Wort von Churchill. Der einfache Bürger hat auch jetzt wieder Grund, an statistischen Daten zu zweifeln. Die jüngste der berühmten Shell-Studien über die Einstellungen, Ängste und Zukunftsvorstellungen junger Leute zwischen 12 und 25 Jahren sieht die Zukunft in traditionellen Rollenbildern.
Junge Leute favorisieren die klassische Rollenaufteilung
Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Familienministeriums sieht dagegen eine „enorme Veränderung bei den Männer- und Frauenrollen“. Vor allem das Väterbild habe eine gravierende Veränderung erfahren. Es sei „unglaublich“, so die Geschäftsführerin des Instituts, Renate Köcher, „wie disparat der Vater gestern und heute beschrieben wird“. Noch vor zwölf Jahren hielten 63 Prozent der Paare eine traditionelle Rollenverteilung mit dem Mann als Hauptverdiener und der Frau als Hausfrau und/oder Zuverdienerin, aber mit der Hauptzuständigkeit für Kinder, für ideal. Heute seien es nur noch 46 Prozent. Dagegen favorisiert eine Mehrheit (54 Prozent) der Jugendlichen und jungen Erwachsenen die klassische Rollenaufteilung, in der der Mann als alleiniger Versorger die Familie finanziert.
Allerdings sollte man deshalb nicht gleich Manipulation unterstellen. Es kommt wie immer auf die Fragestellung, die Adressaten und ihre wirklichen Lebensumstände an. Bei den jungen Leuten geht es vorwiegend um Wünsche und Entwürfe, bei Allensbach um Paare, die schon im Leben stehen und ihre Wünsche womöglich an die Zwänge durch Politik und Wirtschaft angleichen mussten. Insofern findet das Versagen der Politik hier einen demoskopischen Niederschlag. Denn die Wünsche der jungen Leute sind gesund und sollten dem familienpolitischen Gebot der Wahlfreiheit unterliegen, nicht den Zwängen der Wirtschaft oder der Ideologen.
Vorfahrt für die Erwerbstätigkeit der Frau außer Haus
Übrigens wollen zwei von drei der jungen Leute mehr als ein Kind, andere sind sich unsicher, ob sie überhaupt Eltern werden wollen oder haben darüber noch nicht nachgedacht, etwa die ganz jungen Befragten. Gleichwohl entsprechen die Daten von Allensbach einem Trend, der sich langsam bemerkbar macht. Junge Väter wollen durchaus mehr Hand anlegen im Haushalt und auch bei der Erziehung mitreden. Der Haupttrend bei der Beschäftigung außer Haus dagegen gibt den Wünschen der jungen Leute recht und lässt sich in der Formel zusammenfassen: Er Vollzeit, sie Teilzeit und zwar in Funktion des Alters der Kinder.
Für die Bundesregierung ergibt sich aus den Daten von Allensbach freilich der altbekannte Schluss, der de facto eine Priorität der Merkel-Jahre und davor auch schon der rot-grünen Regierung war und weiter ist: Vorfahrt für die Erwerbstätigkeit der Frau außer Haus. Man verdeckt das in positiven Wortwolken wie Vereinbarkeit und gleichberechtigte Partnerschaft. Die konkrete Folge aber ist: Vater Staat soll noch mehr in die Familie hineinregieren durch Ganztagsbetreuung so früh wie möglich. Das Kindeswohl spielt dabei keine Rolle. Liebe sowieso nicht.
Die Jugend findet immer seltener im Glauben einen Lebensanker
Interessant bei der Shell-Studie 2019 sind die Zahlen in Sachen Glaube. Wer glaubt, hat eine innere Haltung und bietet mehr Widerstand bei sozialen Trends. Hier ist nun zu konstatieren, dass der Glaube an Gott für immer weniger junge Deutsche eine wichtige Leitlinie für ihr Leben darstellt. Zwar ist die Jugend idealistisch und in ihrem Wertebild postmaterialistisch, findet aber immer seltener im Glauben einen Lebensanker. Unter den protestantischen Jugendlichen empfinden nur noch 24 Prozent ihren Glauben an Gott als wichtig – was einen Rückgang von acht Prozent gegenüber der letzten Studie von 2015 bedeutet. Im katholischen Milieu sind es immerhin noch 39 Prozent. Gerade in der Bedeutung des Glaubenslebens zeigt sich ein großer Unterschied zur muslimischen Bevölkerungsgruppe, in der für 73 Prozent der Jugendlichen der Glaube noch eine wichtige Lebenssäule darstellt.