Weihnachtsforum 2021

Es geht um das Kind

Nicht nur in der Weihnachtsgeschichte steht es im Mittelpunkt, sondern auch in der Welt von heute: Wenn Christen zeigen, warum sie ihre Jüngsten lieben, zeigen sie der Welt, dass der Mensch ein Geschöpf Gottes ist.
Kinder zählen zu den ganz schwachen Gliedern
Foto: Christian Schwier (38855586) | Das wehrlose Kind wird heute leicht zum Objekt all derer, die den Menschen nach ihrem Maß gestalten wollen.

Die Corona-Krise hat es wieder einmal offenbart: Von allen Gruppen in der Gesellschaft ist die der Kinder die wehrloseste und schwächste. Therapeuten beginnen jetzt, die schwersten Schäden aufzuarbeiten, die Isolation, familiärer Stress und das Klima der Angst im Zuge der nun zweijährigen Epidemie in der kleinen Welt der Kinder zurückgelassen haben. Aber viele der jungen Leidenden werden nie die Schwelle einer medizinischen Praxis oder psychotherapeutischen Klinik überschreiten. Sie müssen die Störungen und Schäden, die sie davongetragen haben, im Laufe ihrer kommenden Jahre verarbeiten - hoffentlich in einer Familie, die sie trägt, und in einem sozialen Umfeld, das reinigend wirkt. 

Kinder zählen zu den ganz schwachen Gliedern

Aber ist es nicht generell so, dass die Kinder gerade in den sich als hoch aufgeklärt und fortschrittlich wähnenden Gesellschaften des Westens zu den ganz schwachen Gliedern zählen? Von den ungeborenen ganz zu schweigen, deren nährende Fruchtblase kaum noch als gesetzlich geschützter Raum gelten darf. Doch dieses Forum zum Weihnachtsfest will einen weiteren Bogen schlagen. Es geht um Forscher, die Hand an den Baum des Lebens legen und die Erzeugung und Entwicklung des menschlichen Lebens vom frühesten Stadium an in den Griff bekommen wollen. Es geht um die Nachwachsenden als frühes Zielobjekt der Konsumgesellschaft wie auch als Verlierer in einer immer anonymer werdenden Gesellschaft, die keine wirklichen Bindungen mehr aufzubauen vermag. Und nicht zuletzt um die Kinder, die gar nicht erst geboren werden, weil es zu einem wirtschaftlichen Risiko oder aber zu einer Störung der eigenen Lebensplanung geworden ist, sich verantwortungsvoll auf Nachwuchs einzustellen. Die Familie steht nicht hoch im Kurs. Alternative Lebensformen sind dagegen 
en vogue. 

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Das Christentum ist die einzige Religion, die ein Kind in der Krippe verehrt. Warum? Weil es erst den Hirten in Bethlehem und dann der ganzen Welt verkündet worden ist, dass der Messias nicht als Heerführer oder politischer Befreier erschienen ist, sondern als Neugeborenes. Und dass dieser Messias Gott selber ist. "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit." So heißt es im Prolog des Evangeliums nach Johannes. Das Wort, das am Anfang war (das Wort war bei Gott und das Wort war Gott), ist Mensch geworden. Mit einem Kind kam das Heil in die Welt. Und alle Kinder auf der Welt sind ein Abbild, ein sanfter Hinweis auf dieses den Verstand übergreifende Heilswirken Gottes vor zweitausend Jahren.

Trends, gesellschaftliche Sensibilität und Hybris des modernen Menschen

Das ist die "Stimmgabel", mit der unsere Autoren auf den folgenden Seiten auf die Gefährdungen der Kinder hinweisen. Natürlich auch mit dem Wissen darum, dass es noch nie eine Zeit gab, in der man so viel für kranke und behinderte Kinder tun kann wie heute. Und man tut es auch. Wenn die Spezialklinik der Fatebenefratelli auf der Tiberinsel in Rom wie viele andere Geburtshilfestationen auf der Welt Frühchen in einem Stadium ans Licht holen und retten, das früher den sicheren Tod bedeutet hätte, oder Kinder mit schweren Entwicklungsstörungen oder angeborenen Krankheiten heute behandelt werden können, dann ist das eine großartige Leistung, der sich viele Ärzte, Pfleger und Eltern mit Hingabe widmen. Aber es gibt eben auch die andere Seite: Kinderarbeit, Kindersoldaten und das schreckliche Verbrechen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Aber auf diesen Seiten geht es nicht um die Extreme. Sondern um die Trends, die gesellschaftliche Sensibilität und die Hybris des modernen Menschen, der sich selbst als das Maß aller Dinge begreift. Und somit auch beginnt, in die natürlichen Entwicklungen einzugreifen und das nachwachsende menschliche Leben nach seinem Bild zu formen. Wenn die Weitergabe des Lebens von Reagenzglas und Petrischale über Leihmutterschaft bis zum Brutkasten erst einmal in die Hände der Fortpflanzungstechniker geraten ist, hat der Diabolos den nächsten Schritt der Entseelung des Menschen erreicht.

Dass die jüngsten Generationen der Biowissenschaftler, die in das Erbgut eines soeben (im Labor) gezeugten Menschen eingreifen, die dafür den natürlichen Geschlechtsakt durch Samen- und Eispenden ersetzen und den kleinen Lebensraum des Embryos von dem der Mutter, die das Kind empfangen hat, trennen wollen, etwas mit dem großen Versucher, dem Teufel eben, zu tun haben sollen, klingt nach pauschaler Dämonisierung der modernen Fortpflanzungsmedizin, die ja auch sehr wertvolle Früchte trägt und tragen soll. Ist das nicht doch pauschale Verteufelung des wissenschaftlichen Fortschrittes, der heute möglich macht, was früher undenkbar war? Man muss da schon genauer hinschauen. 

Alles wird dem Machbarkeitswahn unterworfen

Das große Buch der Wahrheiten, die Heilige Schrift, hat in der Schöpfungsgeschichte das Wesentliche über die Natur des geschaffenen Menschen in Bildern ausgedrückt, die zu allen Zeiten von allen Kulturen verstanden werden können. Der Versucher, die Schlange, verführt das Menschenpaar nicht dazu, vom verbotenen Baum zu pflücken, um den Schöpfer zu ärgern oder irgendeine Gartennutzungsordnung zu übertreten. Der Teufel weckt in Adam und Eva das Verlangen, die Weisheit Gottes zu erlangen, das heißt wie Gott selbst zu sein. Wie Gott sein zu wollen, die Natur und die Ordnung nach dem eigenen Maß zu bestimmen, ist heute vor allem die Versuchung derjenigen, denen der wissenschaftliche Fortschritt zu verholfen hat, ganz nah auch an die kleinsten Bausteine der Natur, und vor allem der menschlichen Natur heranzukommen. Wenn alles machbar zu werden scheint, dann wird diesem Machbarkeitswahn alles unterworfen, was sich nicht wehren kann. Und unter den Menschen am wehrlosesten ist das Kind, vor allem dann, wenn es noch nicht geboren ist.

So wird das wehrlose Kind heute leicht zum Objekt all derer, die den Menschen nach ihrem Maß gestalten wollen. Derjenigen, die die genetische Ausstattung der Kinder, wenn man sie überhaupt noch zur Welt kommen lässt, genetisch optimieren wollen. Oder derjenigen, die glauben, dass die Frühsexualisierung der Nachwachsenden im schulischen Unterricht aus diesen erwachsene Personen macht, die in Sache Lust und Geschlechtlichkeit genauso libertinär sind wie die Pädagogen und Verfechter der sexuellen Revolution. Ganz zu schweigen von der Konsumbranche, die mehr oder weniger subtil schon im Kind den zahlenden Kunden sieht   egal ob sie selber oder ihre Eltern noch für die Befriedigung der geschickt erweckten Bedürfnisse zahlen. Das alles ist nicht mehr der Blick voller Liebe auf das Kind, wie ihn uns der Herr selbst, Jesus Christus, in den Evangelien vorgelebt und als Vermächtnis hinterlassen hat.

Zeigt mir, wie ihr mit euren Kindern umgeht, damit ich an euren Erlöser glaube. Dieses leicht abgewandelte Diktum kann vor allem für Christen ein Aufruf zur Neuevangelisierung sein, da sie doch an einen Gott glauben, der als "göttliches Kind" die Welt betreten hat. Bei aller Ideologisierung der Gesellschaftspolitik   das dürfen Katholiken noch: Anhand der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgehen, der Welt zu zeigen, was eine christliche Sicht auf den 
Menschen ist.

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