Eine Welt

Bibelstunden und Hühnerstall

Der Elektroniker Johannes Berthold ist bereichert zurück von einem Hilfseinsatz in Uganda.
Johannes Berthold beim Hilfseinsatz.
Foto: Archiv | Selfie mit Kindern: Johannes Berthold beim Hilfseinsatz.

Jeebale ko nnjabo? Jebale ko ssebo?“ – nach sechs Monaten in Uganda geht dem 21-jährigen Johannes Berthold diese Grußformel flüssig über die Lippen. „In der Sprache Luganda bedeutet das „wie geht es Dir?“. Dabei wird unterschieden, ob ich einen Mann („ssebo“) oder eine Frau („nnjabo“) anspreche“, erklärt der junge Mann. Vor kurzem von einem sozialen Einsatz in dem ostafrikanischen Land zurückgekehrt, blickt er im Gespräch mit der „Tagespost“ auf eine spannende Zeit zurück.

In einer Kirchengemeinde hörte Johannes Berthold von der christlichen Hilfsorganisation „We care for them“, die Janina Möck mit dem afrikanischen Pastor Hannington Ambale und dessen Frau Theresia gegründet hat. Am Vorbild Jesu orientiert, der sich der Kinder, der Armen und Kranken angenommen hat, möchte die Hilfsorganisation notleidenden Kindern in Uganda ein besseres Leben ermöglichen. Waisenkinder und ausgesetzte Kinder sollen in einem Heim sicher aufwachsen und die Grundlagen für ein selbständiges Leben erhalten. Ein weiteres Projekt ist der Bau einer Internats-Grundschule für etwa 350 Kinder. Neben der Verbesserung der äußeren Lebensumstände geht es den Verantwortlichen auch darum, den christlichen Glauben zu vermitteln und den Kindern Gottes Liebe nahezubringen. Regelmäßig helfen deutsche Freiwillige vor Ort mit.

Andere Kulturen kennenlernen

Auch Johannes Berthold fühlte sich angesprochen. Gerne wollte er einmal andere Kulturen und Lebensumstände außerhalb von Europa kennenlernen. In seinem Beruf als Elektroniker für Geräte und Systeme sitzt er viel am PC. „Als Abwechslung dazu wollte ich eine körperliche Arbeit leisten und auch einfach etwas freiwillig für andere Menschen machen“, beschreibt er seine Motivation.

So kam es dazu, dass der junge Mann nach Abschluss seiner Ausbildung von März bis September im Waisenhaus in Nakiwate war. Dort leben siebzehn Waisenkinder im Alter von zehn bis achtzehn Jahren als eine Familie zusammen. Zunächst wurde Johannes Berthold in Uganda von Janina Möck und ihrem Ehemann Isaac empfangen. Er verbrachte einige Tage mit ihnen und besuchte die Hauptstadt Kampala, bevor er im Waisenhaus die Hausmutter Mama Nasser unterstützte.

Auch das Essen war ungewohnt

Viel Neues erwartete den jungen Freiwilligen, der die Kosten des Aufenthalts aus seinen Ersparnissen finanzierte. „Die einzigen geteerten Straßen sind die Autobahnen, und die sind eher wie eine Landstraße in Deutschland: da kommen gerade so drei Autos aneinander vorbei“, erzählt er. Fortbewegungsmittel sind Taxibusse oder Bodabodas (Motorräder, die bis zu vier Personen mitnehmen), wobei die Passagiere auf den buckligen Straßen ziemlich durchgeschüttelt werden. Auch das Essen war ungewohnt. Neben Posho (Maisbrei), Matokke (Kochbananen) kamen Kartoffeln mit Soße oder auch Spaghetti auf den Tisch. Dazu gab es Bohnen, Tomatensoße und manchmal Rindfleisch vom Markt oder Huhn.

Ugandas Klima ist gemäßigt, die Temperaturen entsprechen etwa dem deutschen Hochsommer. Anders als in Deutschland geht die Sonne jeden Tag um 6 Uhr auf und um 19 Uhr unter. Der Wechsel von strahlend hell zu stockdunkel findet innerhalb von dreißig Minuten statt. Es gibt keine unterschiedlichen Jahreszeiten, daher kann dreimal im Jahr geerntet werden. Im Waisenhaus kümmerte sich Johannes Berthold hauptsächlich um die Kinder. Die Zeit seines Aufenthalts fiel mitten in die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie, so dass die Kinder ein ganzes Jahr nicht zur Schule gehen konnten. Vor Ort wurde versucht, dennoch Schulübungen zu machen. Für zwei Monate galten zudem sehr strenge Beschränkungen, unter anderem fuhren keine öffentlichen Verkehrsmittel.

Mehr Frieden durch Gottesdienste

Auch die Gottesdienste fielen in dieser Zeit aus. Die regelmäßigen Morgen- und Abendandachten wurden aber weiterhin gehalten. Johannes Berthold machte auch Bibelstunden mit den Kindern. „Als es wieder Gottesdienste gab, hat man richtig gemerkt, dass wieder mehr Frieden und Miteinander im Haus war“, erinnert er sich.

Die Kinder schätzten das gemeinsame Fußballspielen, Brettspiele und Joggen. Von dem jungen Deutschen wollten sie gerne deutsche Wörter lernen. Bald konnten die Kinder abends „gute Nacht“ sagen. Kommuniziert wurde aber auf Englisch, das alle Beteiligten recht gut sprachen.

Fest zum Tagesablauf gehörte die landwirtschaftliche Arbeit. Da sich die Einrichtung selbst versorgt, gab es viel zu tun. Mit den Kindern hat Johannes Berthold gepflanzt, gewässert, gedüngt und geerntet. Angebaut werden unter anderem Tomaten, Kartoffeln, Kohl, Bohnen, spinatähnliche „greenies“, sowie Bananen und Passionfruit als Obst. Das Wasser wird von den drei Brunnen des Waisenhaus-Geländes geholt.

Auf dem Acker bauten sich die Kinder auch ein eigenes Mini-Schwimmbad. Sie hoben eine Kuhle im Boden aus, legten eine Plane darauf und füllten diese mit Wasser. Schmunzelnd erzählt Johannes Berthold: „Das war eine willkommene Abkühlung und hat allen viel Spaß gemacht!“

Wir bauen einen Hühnerstall

Gegen Mitte des Aufenthalts regte Johannes Berthold ein Bauprojekt an. Er entwarf den Plan für einen großen, stabilen Hühnerstall und führte den Bau mit den Kindern durch. „Zum Nageln kam ich gar nicht, denn die Kinder waren begeistert dabei“, berichtet er.

Im August kamen einige deutsche Freunde des jungen Mannes zu Besuch. Alle wollten fest anpacken, und so konnten sie als Bautrupp in dieser Zeit viel voranbringen. Um mehr Kinder aufnehmen zu können, ist ein weiteres Gebäude für das Waisenhaus geplant. Arbeiter hoben das Fundament aus, die jungen Leute mauerten den ersten Stock. Des Weiteren modernisierten sie die Außenküche, indem sie die vorhandene Feuerstelle vergrößerten und einen Pizzaofen mit Kamin bauten. Zusätzlich wurden Verbindungswege auf dem Gelände gepflastert, der Gemeinschaftsbereich im Freien überdacht und der Boden betoniert und ein Spielplatz mit einem drei Meter hohen Kletterturm aus Holz sowie weiteren Spielgeräten angelegt.

Safari war ein Höhepunkt

Ein Höhepunkt für die Gruppe junger Deutscher war die dreitägige Safari im Murchison Falls Nationalpark mit dem namensgebenden imposanten Wasserfall. Antilopen und Büffel, Seeadler, Giraffen und Elefanten waren dort in freier Wildbahn zu sehen. Der Abschied von Uganda fiel dem jungen Mann unerwartet schwer. „Die Kinder winkten mir vom Kletterturm aus zu. Als ich sie dann so sah, kamen mir voll die Tränen“.

Insgesamt ist Johannes Berthold zufrieden mit seinem Aufenthalt. Besonders die Bauprojekte haben ihm viel Freude bereitet. Bei einem nächsten Mal würde er aber nicht mehr alleine aufbrechen, sondern lieber in einer Gruppe. Mitnehmen möchte er für sich vor allem eines: „Obwohl die Leute dort arm sind, sind sie glücklich.“

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