Schauplatz des Geistes

Seit 15 Jahren lebt der Kabarettist Peter Flache mit seiner Frau und zwei weiteren Familien auf Schloss Maxen in der Sächsischen Schweiz – mittlerweile werden dort 70 Messen im Jahr gefeiert. Von Barbara Wenz
Kabarettist Peter Flache freut sich mit seiner Frau über geistliche Besucher.
Foto: Foto: | Kabarettist Peter Flache (zweiter von rechts) freut sich mit seiner Frau (Mitte) über geistliche Besucher. Archiv

Noch nicht einmal dreihundert Jahre jung ist das Maxener Schloss unweit von Dresden und gehört damit nicht gerade zu den ältesten historischen Gebäuden Deutschlands. Zwar reicht die Geschichte des ehemaligen Rittergutes bis ins 13. Jahrhundert zurück, doch seine heutige Form, einen heiter klassizistisch anmutenden Barockbau, erhielt es zwischen 1726 und 1728 unter Caspar Abraham von Schönberg. Zum besonderen Reiz des Anwesens trägt seine romantische Lage über dem Müglitztal mit Ausblick in die herrlichen Landschaften der Sächsischen Schweiz und des Erzgebirges bei. Nicht einmal 20 Kilometer weiter liegt die Landeshauptstadt Dresden mit ihrem reichhaltigen kulturellen Angebot – wer auf Schloss Maxen zu Gast ist, hat die Möglichkeit, sowohl die Vorzüge des Lebens auf dem Lande wie auch der städtischen Vielfalt zu genießen.

Bekannte Romantiker waren oft zu Gast

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Schloss Maxen dann auch zu einem bedeutsamen Schauplatz der deutschen Romantik: Schriftsteller, Schauspieler, Maler, Komponisten und Musiker gaben sich dort unter der Ägide des kunstinteressierten Ehepaars Serre – Major Friedrich Anton Serre war Mitbegründer der deutschen Schillerstiftung – ein Stelldichein. Der reisefreudige dänische Dichter Hans Christian Andersen besuchte Schloss Maxen dreizehn Mal, hier hat er an seiner „Schneekönigin“ geschrieben und ins Gästebuch der Serres die schöne Sentenz „Des Herzens Sonnenschein in Sachsen, er strahlt am schönsten doch in Maxen“ gesetzt.

Auch Carl Maria von Weber, Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer, Ludwig Tieck, Emmanuel Geibel, das Schauspielerpaar Emil und Doris Devrient und Clara und Robert Schumann fühlten sich bei den Serres wohl – Schumann widmete Friederike Serre auch zwei Kompositionen, die Arabeske und das Blumenstück. Seit nunmehr 15 Jahren lebt der Kabarettist und Kleinkünstler Peter Flache mit seiner Frau und zwei weiteren Familien aus der nächsten Verwandtschaft auf Schloss Maxen, bis 2003 war es ein von der Caritas geführtes Seniorenheim, davor ein Flüchtlingsquartier und während des Zweiten Weltkrieges eine russische Kommandantur. Der Barockbau ist renovierungsbedürftig und Flache ist sich bewusst, dass das Vorhaben zu seinen Lebzeiten nicht abgeschlossen werden wird.

„Wir reihen uns ein unter diejenigen, die hier vor uns waren, wir dienen einer Sache, die unsere Lebenszeit übersteigt“ sagt er; Schloss Maxen umfasst Räumlichkeiten mit rund 3 000 Quadratmeter Fläche auf einem 8 500 Quadratmeter großen Grundstück. Auch wenn der eine oder andere Gebäudeteil vordringlicher zu renovieren gewesen wäre – den Eheleuten Flache sowie Peter Flaches Schwiegereltern, die aus dem Sudetenland stammen und sich in der Schönstatt-Bewegung engagieren, war es ein Anliegen, wieder eine Kapelle auf dem Anwesen zu haben, eben nicht nur, weil es schon immer eine dort gab, sondern als eine Art ruhende Mitte dieses Familienprojektes.

Peter Flache ist evangelisch getauft und hat sich im Zuge seiner Ehevorbereitung Anfang der neunziger Jahre zur katholischen Kirche hingewendet. Die Heirat sei schon ein ausschlaggebender Punkt gewesen, wir wollten nicht in getrennte Gottesdienste gehen, sagt er. Und dass die katholische Marienverehrung eine Saite in ihm zu klingen gebracht habe.

Schon lange hatte er die Heilige Messe als künstlerisch und kulturstiftend empfunden. Heute sagt er, dass die katholische Kirche eine einzige große Schatzkammer sei, bis zum Rand mit Schmuckstücken gefüllt – das habe er damals geahnt, aber richtig klar sei es ihm erst mit der Zeit geworden.

Das Zusammenleben, der gemeinschaftliche Friede, muss stets erarbeitet und kann immer erbetet werden – das gilt in der kleinsten Zelle der Gesellschaft, der Familie, wie auch auf der ganz großen, globalen Ebene. Für ihr geistliches Zentrum wählten die neuen Eigentümer einen sinnfälligen Raum: Das Untergeschoss des alten Wehrturms, der als ältestes Gebäude des Gutes gilt und wahrscheinlich aus dem Mittelalter stammt. Dieser Turm bot nicht nur Schutz und Verteidigungsmöglichkeit gegen Eindringlinge und Plünderer, er ist auch noch dazu auf Fels erbaut, was dem ganzen Vorhaben eine praktisch biblische Dimension verleiht und der Kapelle durch das sichtbare Natursteinelement einen robust-archaischen Charakter. Zur Einsegnung des Altars kam Bischof Heiner Koch und am 27. April 2013 konnte auf Schloss Maxen wieder die erste Heilige Messe gefeiert werden. Mittlerweile hat sich die Schlagzahl erhöht – Schloss Maxen ist beliebt als Ort für Sommerexerzitien, Kinderwallfahrten und Einkehrwochenenden und so werden dort mittlerweile etwa 70 Messen im Jahr gefeiert.

Freilich aber 365 Tage jährlich gebetet. Auf der Internetseite findet sich unter den Informationen zur Kapelle auch ein Gebetsformular, in das man nur seinen Namen und sein Anliegen eintragen muss. Verantwortung im Gebetsdienst für den Nächsten übernehmen, das ist für Flache und seine Familie eine Selbstverständlichkeit – so findet das Formular auch guten Zuspruch.

Auch im großen Saal, in dem die Schumanns ihre Stücke spielten, romantische Dichter aus ihren Werken lasen, gelacht, gesungen, geschmaust und getanzt wurde, herrscht heute wieder neues Leben. Er kann für Hochzeiten, Jubiläen, Geburtstage und andere Veranstaltung gemietet werden und bietet bis zu 100 Personen Platz.

Doch auch ohne festlichen Anlass lohnt es sich, in Schloss Maxen einmal vorbeizuschauen, durch die Galerie zu schlendern, den Hildegard-von-Bingen Kräutergarten zu bewundern, im Café etwas zu sich zu nehmen und den Ausblick zu genießen.

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