Der kolumbianische Aphoristiker Nicolás Gómez Dávila betrachtete Michel de Montaigne als einen seiner Schutzpatrone – und das mit gutem Grund. Für ihn war das Heidentum Montaignes das Heidentum eines getauften Fauns: „Sein Katholizismus ist authentisch, aber nicht von theologischer oder mystischer, sondern gesellschaftlicher und volkstümlicher Herkunft.“ Montaigne sei die Blüte einer katholischen Zivilisation, in der sich der tiefe Glaube mit einer Art skeptischem Naturalismus verbinde. Das Reisetagebuch Montaignes, das in der Übersetzung von Hans Stilett nun erneut in der Anderen Bibliothek erschienen ist, zeigt auf schöne Weise, wie sehr dieses Urteil Gómez Dávilas berechtigt ist.
Feuilleton
Sein Ziel war die heilige Stadt
Montaigne als Rom-Fahrer: Die Andere Bibliothek präsentiert das Reisetagebuch des katholischen Skeptikers in einer gediegenen Ausgabe. Von Till Kinzel