Die Natur ist ein unberechenbar Ding, wenig kompromissbereit und stoisch ignorant gegenüber jedem Schimpfen auf unfaire Behandlung. Das weiß nicht nur jeder, der schon mal mit dem Fahrrad in ein anständiges Unwetter geraten ist, oder trotz Missachtung der elterlichen Belehrung über den Zusammenhang von Gravitationskraft und Fallhöhe vom Kirschbaum gefallen ist – sondern insgeheim auch jeder LGBT-Aktivist in Deutschland. Seit Jahren geistert deswegen das in geschlechtlich divers bewegten Kreisen gern benutzte Schimpfwort „Biologist“, um all jene öffentlich abzukanzeln, die im Geschlechterdiskurs auf die Fakten der Biologie und ihre seit mehreren Jahrhunderten gesicherten Erkenntnisse zu verweisen, die meistens in vollem Widerspruch zur regenbogenfarbenen Geschlechterhypothese der Soziologen und Transaktivisten steht.
Weil wir es aber in weiten Teilen dieser Bewegung nicht mehr mit normalem, erwachsenem Verhalten, sondern infantiler Gefühlsduselei einer überempfindlichen Generation zu tun haben, ereignen sich zunehmend beunruhigende Dinge in Gesellschaft und Politik, die gerade einmal wieder in Berlin (wo sonst?) ihren Höhepunkt fanden: Eine Doktorandin der ehrwürdigen Humboldt-Universität sollte in der am Wochenende stattgefundenen „Langen Nacht der Wissenschaft“ auf dem Campus einen Vortrag zum Thema „Geschlecht ist nicht gleich Geschlecht. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“ sprechen.
„Man legt aber noch einen drauf und will mit dem dazugehörigen ‚Offenbarungsverbot‘
bei Androhung empfindlicher Geldbußen verbieten, dass wir beispielsweise noch aussprechen,
dass der grüne Abgeordnete Ganserer sich zwar Tessa nennt, aber eben ein Mann ist“
Darauf steht in LGBT-Kreisen inzwischen Höchststrafe. Der „Arbeitskreis kritischer Jurist*innen“ schlug sofort Alarm und kündigte eine Gegendemonstration an. Die Thesen der angehende Doktorin Marie-Louise Vollbrecht seien „unwissenschaftlich, menschenverachtend und queer- und trans*feindlich“ und überhaupt, wie könne man so einer bekanntermaßen transfeindlichen Referentin eine Bühne bieten. Immerhin gehörte Vollbrecht zu jenen Wissenschaftlern, die erst kürzlich den Aufruf in der Tageszeitung die WELT mitunterzeichnet hatten, wo man die faktisch falsche Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien zu Geschlechterfragen angeprangert hatte.
Die Universität sprach erst von Sicherheitsbedenken wegen der angekündigten Krawalle, dann von krankheitsbedingter Absage, um sich letztendlich auch inhaltlich von der Referentin zu distanzieren. Auf gut Deutsch: Man knickte vor den aggressiven Drohungen einer Handvoll Gender-Aktivisten ein, die nicht mehr aushalten wollen, dass eine andere Meinung, als die eigene, noch auf einem Campus ausgesprochen werden darf – selbst wenn sie faktisch richtig und wissenschaftlich belegbar ist. Alexander und Wilhelm von Humboldt würde sich als Namensgeber der Universität im Grab umdrehen.
Geschlechterwechsel gegen jede Wissenschaft
Nun könnte man das alles als bedauerlichen Einzelfall einer feigen Universitätsleitung abtun, fiele diese Episode nicht in die Woche, in der die Ampel-Regierung die Eckdaten eines von den Grünen konzipierten neuen „Selbstbestimmungsgesetzes“ angekündigt hätte, das sich in ähnlicher Weise von der wissenschaftlichen Realität abgekoppelt hat. Demnächst soll jeder Bürger ab 14 Jahren abseits biologischer Fakten durch einfache Aussage am Standesamt jährlich sein Geschlecht wechseln dürfen. Man legt aber noch einen drauf und will mit dem dazugehörigen „Offenbarungsverbot“ bei Androhung empfindlicher Geldbußen verbieten, dass wir beispielsweise noch aussprechen, dass der grüne Abgeordnete Ganserer sich zwar Tessa nennt, aber eben ein Mann ist. Aus Fakten werden dann Tatbestände.
Opportunistisch kuscht die CDU vor den Grünen
Falls Sie sich gewundert haben, dass es aus den Reihen der Christdemokraten keinen Aufschrei gegen diese Gesetzespläne gab: Man war dort gerade fieberhaft damit beschäftigt, mit eben diesen Grünen in NRW und Schleswig-Holstein zwei Landesregierungen zu bilden. Wer will da schon den neuen Koalitionspartner noch vor Start der neuen Zweck-Ehe verärgern? Und außerdem hatte Hendrik Wüst allerhand zu tun, um am Wochenende als erster Ministerpräsident beispielhaft auf dem Christopher Street Day an der Seite von Claudia Roth Solidarität mit der LGBTQI-was-auch-immer-Szene zu demonstrieren. Die neue CDU-Marschrichtung dürfte damit klar sein: Schweigend Richtung Regenbogen.
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