Welch schweren Stand anspruchsvoller konservativer Journalismus in Zeiten einer linksliberalen Meinungsdominanz hat, hat jüngst wieder einmal die Personalie Bari Weiss belegt. Die 41-jährige US-Journalistin, die für die größten Pressepublikationen Amerikas schrieb, soll in Zukunft den Fernsehsender CBS News als Chefredakteurin leiten. Die Reaktionen der linken Presse in Deutschland waren vorhersehbar: So titelte der „Spiegel“, mit Bari Weiss werde eine „umstrittene“ Journalistin neue Chefin des Senders. Weiss sei eine „provokante Meinungsmacherin, die mit „teilweise konservativen Ansichten“ immer wieder für Aufsehen gesorgt habe.
Zweifellos machte sich Weiss vor allem mit zugespitztem Meinungsjournalismus einen Namen. Eine seriöse Vertreterin ihres Handwerks ist sie dennoch: Ihren Lebenslauf zieren Redakteursstellen beim „Wall Street Journal“ und der „New York Times“, wo sie lange eine der wenigen konservativen Stimmen darstellte – bis zu ihrem Abgang im Jahr 2020, mit dem sie heftig für Furore sorgte. Weiss verband ihre Kündigung mit einer Reihe von Vorwürfen, die sie in einem Offenen Brief darlegte: Zu einseitig sei die Berichterstattung, konservative Stimmen würden unterdrückt, es gelte nur die linke Mehrheitsmeinung. Weiss gründete daraufhin mit ihrer Ehefrau und ehemaligen Redakteurskollegin bei der „New York Times“, Nellie Bowles, ihr eigenes Medienunternehmen, „The Free Press“. Das Geflecht aus Podcasts, Videos, Newslettern und journalistischen Prosa-Beiträgen wird nun für 150 Millionen US-Dollar an den Mutterkonzern von CBS, Paramount Skydance, verkauft.
Ein Medienimperium im Sinne der Regierung?
Die Fusion von Paramount und Skydance liegt noch nicht lange zurück und sorgt beständig für Schlagzeilen: Die Firma Skydance gehört David Ellison, dem Sohn des schwerreichen Milliardärs Larry Ellison, der seinen Reichtum unter anderem mit der Gründung des Software-Unternehmens „Oracle“ anhäufte. Die Ellisons wiederum pflegen engsten Kontakt zum US-Präsidenten Donald Trump. Kritiker befürchten daher, dass Trump und seine Vertrauten gezielt ein Medienimperium aufbauen wollen, das dann Berichterstattung im Sinne der Regierung liefert. Auch aus diesem Grund hatten Beobachter mit Spannung erwartet, wer den Posten des Chefredakteurs bei CBS News erhalten würde.
Dass die Wahl auf Weiss fiel, dürfte einige überrascht haben, lässt sie sich doch kaum in eine Schublade stecken. Zwar setzt Weiss mit ihrer Kritik an woken gesellschaftlichen Tendenzen, ihrem Einsatz für die Meinungsfreiheit und der entschiedenen Parteinahme für Israel durchaus ein Gegengewicht zum linken Mainstream. Dennoch gilt sie nicht als eine Trump-Jüngerin, im Gegenteil: Der US-Präsident kommt bei ihr selten gut weg, steht aber auch nicht immer im Mittelpunkt der Berichterstattung. Stattdessen dominieren andere Themen, wie eben der Kampf gegen ein als extrem linkslastig wahrgenommenes Diskursklima. Das Wiederaufflammen des Antisemitismus, unter anderem an Universitäten und Hochschulen, im Zuge des Nahostkriegs, prangert Weiss, die sich selbst als „Zionistin“ bezeichnet, schonungslos an. Gleichzeitig erklärte sie in der Vergangenheit, in der Abtreibungsfrage eine „moderate“ Pro-Choice-Position zu vertreten. Seit 2021 schreibt sie auch eine Kolumne in der „Welt“.
Sie steht für den Umbruch in der Medienlandschaft
Da Weiss sich in den letzten Jahren eine treue Anhängerschaft von 1,5 Millionen Abonnenten aufbauen konnte, ohne auf die Unterstützung eines traditionellen Publikationsmediums zu bauen, steht sie auch für einen generellen Umbruch in der Medienlandschaft: weg von klassischen Zeitungen und Fernsehkanälen, hin zu Podcasts, Newslettern, Substacks. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie sich die 41-Jährige nun im Dienst des doch eher für herkömmlichen Journalismus stehenden Senders CBS machen wird. Es dürfte wohl auch ihre Erfahrung abseits der immer schmaler werdenden Erfolgspfade der klassischen Medien sein, auf die man bei CBS bauen will, um in der sich rasant wandelnden Branche mithalten zu können.
Dass Bari Weiss in ihrer neuen Rolle weniger pointiert auftritt als zuvor oder gar von ihren Positionen abweicht, ist nicht zu erwarten. Denn in ihrer kurzen und doch turbulenten Karriere dürfte sie eines gelernt haben: Wer in diesen polarisierten Zeiten ein Millionenpublikum erreicht, ohne Donald Trump bedingungslos zu huldigen, muss wohl etwas richtig machen.
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