Die Quote wird für immer mehr tatsächlich oder vermeintlich benachteiligte, weil sich diskriminiert fühlende Bevölkerungsgruppen durchgesetzt, etwa auch in Hollywood, das bislang als „zu weiß“ wahrgenommen wird: Auf Twitter prangert seit 2015 der Hashtag #OscarsSoWhite an, dass die Filmindustrie im Allgemeinen und die Oscars im Besonderen einfach zu weiß und zu männlich seien. Es sollen mehr „People of Color“ in der Filmindustrie arbeiten ... und für den Oscar nominiert werden. Nun soll alles gefördert werden, was nicht weiß, männlich und heterosexuell ist. Das heißt „positive Diskriminierung“. Die US-amerikanische Filmakademie AMPAS, die alljährlich den Oscar verleiht, begann vor fünf Jahren, sich zu „öffnen“: War bis 2015 lediglich jedes vierte Akademiemitglied weiblich, so ist es nun jedes dritte. Und die Zahl der Filmprofis, die einer „unterrepräsentierten“ Gruppe oder einer anderen als der weißen Ethnie angehören, hat sich im selben Zeitraum verdoppelt. Dass dieses Jahr mit dem südkoreanischen „Parasite“ erstmals ein nichtenglischsprachiger Film den Oscar-Hauptpreis gewann, in dem zudem „Nicht-Weiße“ alle Rollen spielen, kann denn auch als ein bewusst von der Filmakademie gesetztes Zeichen angesehen werden.
Jetzt lernen die Akademiemitglieder, dass sie unbewusst voreingenommen seien
Eine „Öffnung“ ist beispielsweise in den Einladungen zum Beitritt festzustellen, die dieses Jahr von der AMPAS ausgesprochen wurden: Von den 819 Personen, die heuer für eine Mitgliedschaft in der Akademie vorgeschlagen wurden, sind 45 Prozent weiblich, 36 Prozent nicht-weiß und 49 Prozent nicht-US-amerikanisch. Dies hängt mit einem ebenfalls „Öffnung“ genannten Programm zusammen, das die AMPAS Mitte Juni ins Leben rief: „Aperture 2025“. Zu dem Programm gehören etwa Seminare über „unbewusste Voreingenommenheit“ für Regisseure, Drehbuchautoren und Schauspieler. Dazu gehören aber auch die neuen Richtlinien, die ab übernächstem Jahr mit einer Übergangsphase bis 2024 für die Sparte „Bester Film“ gelten sollen.
Demnach müssen die Filme, die zum Hauptpreis einer Oscarverleihung ab 2024 vorausgewählt werden wollen, wenigstens zwei „Diversitätskriterien“ erfüllen, etwa dass mindestens eine Haupt- oder Nebenfigur einer anderen als der weißen Ethnie angehören muss. Diese „positive“ Diskriminierung trifft aber nicht nur für die Menschen vor der Kamera zu. Sie muss auch hinter der Kamera zutreffen, etwa beim Produktions- und Kreativteam. Eine weitere Möglichkeit zur Erfüllung der neuen Kriterien besteht allerdings darin, dass der Film insgesamt von einer „unterrepräsentierten Gruppe“ handelt – etwa von Frauen, Minderheiten, Menschen mit Behinderung oder auch LGTBQ-Menschen (Lesben, Schwule, Transsexuelle, Bisexuelle, Queere).
Die Regelungen der Akademie sollen gegen das Gesetz verstoßen
Die AMPAS-Mitglieder interessiert offenbar nicht, dass diese Regelungen gegen geltende Gesetze verstoßen, worauf die „Neue Zürcher Zeitung“ hinweist: „Auf der Grundlage des Civil Rights Act und der Entscheidung des Supreme Court im Verfahren zwischen der University of California gegen Bakke von 1978 darf die ethnische Zugehörigkeit bei der Einstellung am Arbeitsplatz zwar eine Rolle spielen, Quoten aber sind nicht erlaubt.“
Die neuen „Diversitäts“-Regeln erinnern zudem an die McCarthy-Ära. In der Nachkriegszeit (ca. 1947–1956) wurden in Hollywood echte oder vermeintliche Kommunisten diskriminiert, ja verfolgt. Heute tritt die Gesinnungspolizei anders auf: Es wird „positiv“ diskriminiert. Das eine wie das andere greift jedoch in die künstlerische Freiheit ein. Deshalb ist die neue Oscar-Regelung ein dicker Hund.
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