Würzburg

Internationale Zeitungsschau vom 15.07.20

Paris: Die verquere Verkehrsplanung geht weiter - Keine Abstinenzpflicht mehr für homosexuelle Blutspender - Zwangssterilisationen in China - Die Kleine Meerjungfrau - ein "rassistischer Fisch"?
Internationale Zeitungsschau: National Review vom 27.07.20
Foto: National Review

Paris: Die verquere Verkehrsplanung geht weiter

Die alte Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt ist auch die neue: die Sozialistin Anne Hidalgo. Sie wurde kürzlich bei einer äußerst niedrigen Wahlbeteiligung wiedergewählt. Der Causeur sorgt sich nun um die verkehrsplanerische Zukunft der Metropole, denn unter der Herrschaft Hidalgos sei Paris an die vierte Stelle der Städte mit den meisten Autostaus weltweit, nach Bogotá, Rio de Janeiro und Rom, und damit im Vergleich zum Vorjahr drei Plätze nach oben aufgerückt. Natürlich sei eine Reduzierung der Luftverschmutzung in den großen Städten unbedingt erforderlich. Aber: „Das unveränderte Niveau von Feinstaubpartikeln in der Luft im Großraum von Paris bestätigt und beweist, dass die Probleme sehr viel komplexer sind, als manche es gerne glauben machen möchten“. Denn wenn „der Kreuzzug gegen die Autos“ ohne eine „stimmige Strategie und ohne das Angebot glaubwürdiger Alternativen geführt wird, und wenn er allein darauf abzielt, einen unkomplizierten Verantwortlichen für diese komplexen Probleme ausfindig zu machen, dann trägt das nicht zur Lösung der Probleme bei und kann sie sogar noch verschärfen“. Denn wenn man „bewusst Staus in der Hoffnung verursacht, damit die Pkw-Nutzer abzuschrecken, so ist das absurd“. Dem Unternehmen INRIX nach stehen die Pariser jährlich 165 Stunden im Stau.

Keine Abstinenzpflicht mehr für homosexuelle Blutspender

Homosexuelle Blutspender oder „Männer, die mit anderen Männern sexuelle Beziehungen unterhalten“ (auf Französisch: „hommes ayant des relations sexuelles avec d'autres hommes“ – kurz HSH), die ihr Blut spenden möchten, waren in Frankreich bisher aus medizinischen Vorsichtsmaßnahmen einer viermonatigen Abstinenzpflicht unterworfen. Die französische Nationalversammlung hat diese Sperrfrist nun abgeschafft. Im Figaro erläutert Nicolas Giraud, der Vorsitzende der „Association Francaise des Hémophiles“, einem Verband der Hämophilen, die Hintergründe und Gefahren dieses Entschlusses. Als Grund für die Abschaffung der viermonatigen Abstinenzpflicht wurde eine „angebliche Diskriminierung“ gegenüber Homosexuellen angegeben. Doch: „Das ist natürlich falsch. Es gibt keine Diskriminierung bei der Blutspende. Es gibt eine epidemiologische Realität: Die Studien haben einen Unterschied bei den Risiken eindeutig bewiesen, je nach Art der Partnerschaft. Im Jahr 2017 waren die ,HSH‘ in Frankreich noch bis zu 200 mal öfter von einer HIV-Infektion als die Heterosexuellen betroffen und machten noch immer 41 % der Neudiagnosen aus, während sie weniger als 4 % der französischen Bevölkerung darstellen.“ Bei der Blutspende komme es jedoch darauf an, dass die Blutempfänger Blutprodukte bestmöglicher Qualität erhielten: „Davon ausgehend muss man eben die Spender gut, und nicht willkürlich auswählen“, das heißt, es müssten objektive Kriterien angewandt werden. Die Abgeordneten, die für die Abschaffung der Abstinenzpflicht stimmten, „verstehen das aber nicht, da sie über keinerlei naturwissenschaftliche Grundbildung verfügen“ und sich auch nicht mehr an das Drama mit dem kontaminierten Blut erinnerten, bei dem Anfang der achtziger Jahre weltweit Infektionen durch HIV-kontaminierte Blutprodukte auftraten, was hunderten Menschen das Leben kostete. Der Ausschluss von der Blutspende, so Giraud, stütze sich also nicht auf ein Motiv der Diskriminierung, sondern beruhe auf „soliden wissenschaftlichen Daten und ist angemessen im Hinblick auf das verfolgte Ziel, eine sichere Bluttransfusion zu gewährleisten. So sind auch Heterosexuelle mit mehreren Partnern den gleichen Ausschlusskriterien unterworfen. Menschen mit transplantierten Organen oder Personen, die aus einem Land mit einer starken Virusepidemie kommen, sind als Blutspender ebenfalls ausgeschlossen.“

Zwangssterilisationen in China

Die französische Tageszeitung Présent referiert die Ende Juni veröffentlichten Ergebnisse einer vom US-amerikanischen Forschungsinstitut Jamestown Foundation in Auftrag gegebenen Studie. Der Untersuchungsbericht enthüllt die chinesische Politik in Bezug auf die muslimische ethnische Minderheit der Uiguren. Der von dem deutschen Forscher Adrian Zenz geführten Studie zufolge führe der chinesische Staat ein umfassendes Programm zur „demographischen Ausrottung“ dieser Minderheit durch: „Unsere letzten Forschungsarbeiten offenbaren eine drakonische Politik zur Geburtenbeschränkung, was sich in einem drastischen Rückgang der Geburtenrate sowie des natürlichen demographischen Wachstums in dieser Region niederschlägt“, wie der Verfasser des Berichts konstatiert. Diese Politik werde mithilfe von Massenzwangssterilisationen betrieben. In dem Bericht heißt es, dass zwischen 14 und 44 Prozent der Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter sterilisiert oder zum Tragen einer Spirale gezwungen worden seien: „Wenn sie das ablehnen, werden sie zur Zahlung einer hohen Geldstrafe verurteilt.“ In den Städten Hotan und Kachgar, in denen eine uigurische Mehrheit lebt, soll die Geburtenrate zwischen 2015 und 2018 um 60 Prozent gesunken sein. Die Strategie der chinesischen Regierung sei klar, wie die Zeitung meint: „die allmähliche Auslöschung der uigurischen Bevölkerung. Alles in allem also eine Art demographischer Genozid. China dementiert natürlich. Doch diese zumindest freiheitsbedrohende Politik des chinesischen kommunistischen Regimes überrascht überhaupt nicht im Hinblick auf das, was die gleiche Regierung mit der berühmten Ein-Kind-Politik ihre Bevölkerung hat ertragen lassen.“

Die Kleine Meerjungfrau – ein „rassistischer Fisch“?

Der National Review berichtet über das Schicksal der Kleinen Meerjungfrau, Wahrzeichen von Kopenhagen. Im Märchen von Hans Christian Andersen lebt sie noch immer glücklich weiter. Anders sieht es für die 1913 aufgestellte Bronzeskulptur im Hafen der dänischen Hauptstadt aus: 1964 wurde sie von Vandalen geköpft, 20 Jahre später verlor sie ihren rechten Arm, der ebenfalls von Aktivisten abgesägt wurde. Jedes Mal wurde sie restauriert. Nach einem erfolglosen weiteren Köpfungsversuch gelang der nächste jedoch. Dieses Mal wurde der Kopf wieder aufgefunden und aufgesetzt.

2003 stürzten Randalierer mithilfe von Sprengstoff die ganze Skulptur vom Felsen ins Meer. Mit einem Kran wurde sie wieder herausgeholt. Im vergangenen Jahrhundert wurde sie mindestens sechsmal mit Farbe übergossen. Im Zuge der „Black Lives Matter“-Demonstrationen sprühte nun jemand das englische Graffiti „Racist fish“ an ihren Sockel.

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