Zensur in China
Famille Chrétienne greift eine beunruhigende Meldung der Nachrichtenagentur „Eglises d'Asie“ der Missions Étrangeres de Paris auf, der zufolge die derzeit in China vorangetriebene „Sinisierung“ im Bildungsbereich befremdliche Zensurmaßnahmen zeitigt. So seien in einem Schulbuch, das Anfang des Jahres für Fünftklässler zur Heranführung an ausländische Kulturen herausgegeben wurde, Wörter wie „Gott“, „Bibel“ oder „Christus“ aus Texten von Hans Christian Andersen, Daniel Defoe und Anton Tschechow getilgt worden.
Der auf einer einsamen Insel gestrandete Robinson Crusoe finde in dem zensierten Text nun nicht mehr die Bibel vor, sondern nur noch „ein paar Bücher“. Aus einer Passage des „Kleinen Mädchens mit den Schwefelhölzern“ von Andersen verschwand der Begriff „Gott“, und in einer Novelle von Tschechow sucht man vergeblich das Wort „Christus“. Eglises d'Asie erläutert: „Diese Art von Zensur hat sich im chinesischen Bildungssystem auf mehreren Ebenen weit verbreitet, unter anderem an der Universität, wo manche Dozenten klassische Texte, die religiöse Wörter enthalten, verurteilen und konfiszieren.“ Anlass könnte die Befürchtung sein, dass China im Jahr 2030 – nach einer Hypothese des Soziologen Fenggang Yang – zum weltweit größten christlichen Land werden könnte.
Die Kathedrale als Vergnügungspark
Um die Menschen wieder in die Kathedralen zur „Sinnfindung“ zu bringen, kommt man in England auf merkwürdige Gedanken: Megan Specia berichtet in der New York Times davon, wie Gotteshäuser der Church of England zu Vergnügungsparks umgewandelt werden: In diesem Sommer „entdecken die Besucher einiger der beeindruckendsten und ältesten Kathedralen Englands Fahrgeschäfte, eine Minigolfanlage und eine Mondlandschaft“ in den Kirchen. So schlängele sich im Innern der Norwich Cathedral eine 17 m hohe Rutschbahn („helter skelter“, „Holterdiepolter“) durch die altehrwürdigen Gemäuer aus dem zwölften Jahrhundert. Der anglikanische Domherr Andy Bryant verteidigt diesen Missionsversuch damit, dass die Rutsche „den Besuchern eine neue Perspektive auf die prunkvollen Decken der Kathedrale bietet und damit ganz allgemein auf den Glauben“. Die Leute würden die Kathedrale „in all ihrer Herrlichkeit betrachten“. Megan Specia kommentiert: „Nach Jahren des rückläufigen Kirchenbesuchs der Church of England zeigt die in einigen Kathedralen herrschende Vergnügungsparkatmosphäre“, wie weit die Kirche bei dem Versuch gehe, mehr Menschen anzuziehen, indem sie eine Vorstellung von der Kirche vermittele, die „integrativer und weniger bedrohlich“ sei.
Brände am Amazonas und die Fakten
„Das gefährlichste an den Amazonasbränden ist die apokalyptische Rhetorik“, titelt der Spectator. Matt Ridley bemerkt ironisch: „Cristiano Ronaldo ist ein portugiesischer Waldexperte, der darüber hinaus auch noch Fußball spielt“, so dass sich ein von ihm online geteiltes Bild eines Waldbrandes im Amazonas rasch verbreitete. Das Foto stammt jedoch aus dem Jahr 2013, und es war in Südbrasilien entstanden, das nicht annähernd im Amazonasgebiet liegt. Aber zumindest war dieses Bild nur sechs Jahre alt: „Emmanuel Macron, ein weiterer Waldökologe, der nebenberuflich als Frankreichs Staatspräsident tätig ist“, so Ridley weiter, „behauptete, dass ,der Regenwald im Amazonasgebiet – die Lunge, die 20 Prozent des Sauerstoffs unseres Planeten produziert – in Flammen steht‘.“ Das von Macron geteilte Foto war 20 Jahre alt. „Ein dritter Biowissenschaftler, der unter dem Namen Madonna firmiert und auch singt, übertraf die Leistungen der beiden anderen, indem sie ein 30 Jahre altes Foto teilte.“ Man stelle sich vor, so Ridley, dass Donald Trump das Foto eines unberührten tropischen Waldes mit der Bildunterschrift „Dem amazonischen Regenwald geht es gut“ verbreitet hätte und es sich herausstellte, dass es Jahrzehnte alt wäre oder aus einer anderen Region stammte: „Die ,Faktenchecker‘ der BBC hätten sich damit gründlich befasst und die Gelegenheit zu Spott, Kritik und Ausgrenzung ergriffen.“ Tatsächlich sei die Aussage „dem amazonischen Regenwald geht es gut“ näher an der Wahrheit als die Behauptung, „dass ,der Regenwald im Amazonasgebiet in Flammen steht‘. Die Anzahl der Brände in Brasilien sei „in diesem Jahr zwar höher als letztes Jahr, aber etwa ebenso hoch wie 2016 und geringer als 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2010 und 2012. Während der meisten dieser Jahre war der Präsident von Brasilien Sozialist und kein rechter Populist, so dass in der Welt der BBC diese Brände nicht zählen. Noch wichtiger ist, dass die Rate der Abholzung im Amazonasbecken seit 2004 um 70 Prozent gesunken ist.“ Der NASA zufolge „sind Flächenbrände generell rückläufig“. „Das Problem mit der apokalyptischen Rhetorik“, kommentiert Ridley, „besteht darin, dass sie drastische, aber gefährliche Lösungskonzepte zu rechtfertigen scheine.“ Die Versuchung, in den sozialen Medien Moral zu predigen, sei unter Fußballern, Schauspielern und Politikern derart groß, „dass dies tatsächlich Schaden anrichtet“.
Dunkle Vergangenheit der Kirche?
In einem Interview mit dem Figaro Magazine antwortet der Historiker und Journalist Jean Sévillia auf die Vorwürfe, die der Kirche im Laufe ihrer Geschichte gemacht wurden. In dem von ihm herausgegebenen Buch „L'Église en proces – la réponse des historiens“ widmen sich 15 Experten Kreuzzügen, Religionskriegen, Inquisition, Kolonialisierung und weiteren Themen wie Sex, Gewalt, Faschismus und Pädophilieskandalen. Dabei stützen sie sich auf neueste Forschungen. Die Vergangenheit der Kirche solle nicht nach heute gängigen politischen, moralischen oder geistigen Kriterien beurteilt werden. Denn „die größte Sünde der Geschichte ist der Anachronismus“, betont Sévillia: „Um beispielsweise das sakrale Universum des Mittelalters zu verstehen, muss man sich von unseren Maßstäben als Bürger einer säkularen Demokratie lösen, in der Kirche und Staat getrennt sind, und in der darüber hinaus Unglauben oder religiöse Gleichgültigkeit herrschen. Die mit Methode und intellektueller Redlichkeit geführte historische Analyse trägt zudem dazu bei, manichäische Sichtweisen zu beseitigen, denn die Vergangenheit der Kirche war niemals schwarz-weiß.“ Auch wenn die Kirche heilig und eine göttliche Institution ist, „besteht sie doch aus Sündern, aus Menschen, die naturgemäß unvollkommen sind, und die oftmals – ob gewollt oder ungewollt – die Vorurteile ihrer Epoche widerspiegeln. Die Aufgabe des Historikers besteht darin, nichts zu verzerren, nichts zu übertreiben und nichts zu verschweigen.“ Weder die düstere Seite der Vergangenheit der Kirche noch ihre helle.
DT/KS