Rezension

Brandon Vogt: „Gott wird Ihr Kind nie aufgeben“

Brandon Vogt eröffnet entmutigten Eltern eine klare Strategie, um ihre Kinder zur Kirche und zum Glauben zurückzuführen.
Die heilige Monika mit ihrem zunächst skeptischen Sohn, dem späteren Kirchenvater Augustinus.
Foto: IMAGO/Ary Scheffer (www.imago-images.de) | Die heilige Monika mit ihrem zunächst skeptischen Sohn, dem späteren Kirchenvater Augustinus.

Das vorliegende Buch wendet sich in erster Linie an christliche Eltern (und Großeltern), die leiden. Sie leiden, weil ihr(e) Kind(er) der Kirche, dem Glauben und sogar Gott den Rücken gekehrt haben. Ob diese Kinder nun laut die Kirchentüre hinter sich zuschlugen oder still und leise, langsam und schleichend das Weite suchten, ob sie wütend davonrannten oder gelangweilt wegschlurften, ob sie profunde Gründe und starke Argumente haben oder sich schlicht entfremdeten, ändert nichts am elterlichen Schmerz. Der US-amerikanische, katholische Bestsellerautor und Blogger Brandon Vogt versucht weniger, diese Eltern zu trösten, als vielmehr, ihnen eine Strategie zur Rückholung ihrer Kinder vorzutragen.

Die wichtigste Botschaft für verzweifelte Eltern ist gewiss die Widerlegung ihrer Neigung zur Resignation aus dem Wissen, „dass Gott Ihr Kind niemals aufgeben wird“. Theologisch zwingend: „Niemand will mehr, dass Ihr Kind zum Glauben zurückkehrt und gerettet wird, als Gott.“ Ihm traut der Autor alles zu, und er lädt die Eltern eben dazu ein. Darum rät er von rein irdischer Pädagogik ab: Eltern sollten weder versuchen, ihre Kinder zur Messe zu zwingen, noch permanent nörgeln oder den Lebensstil ihrer Kinder kritisieren, ja nicht einmal deren Einwände gegen Kirche und Glauben schroff zurückweisen. Das Ziel müsse sein, nicht das Kind zu ändern, sondern ihm Christus als den wahren Schatz seines Lebens zu zeigen.

Zeitlos modern: Beten, Fasten und Opfern

Das Rezept dafür klingt klassisch, also zeitlos modern: Beten, Fasten und Opfern. Spätestens jetzt, wenn der Autor ab Seite 104 die heilige Monika, die Mutter des spät zur Heiligkeit gereiften intellektuellen Lebemanns Augustinus als Beispiel herausstellt, spürt der Leser, dass die Rückholaktion ohne die Bekehrung der Eltern nicht funktioniert. Die Aufforderung des Ambrosius an Monika, sie solle weniger mit ihrem Sohn über Gott als mit Gott über ihren Sohn sprechen, reicht Brandon Vogt an die Leser weiter. Dem Gebet im eigenen Leben unbedingte Priorität einzuräumen, wird hier mit praktischen Handlungsanleitungen und Vorschlägen (Rosenkranz, Novenen, eucharistische Anbetung) untermauert. Aber auch Fasten und Opfern wird in einer schnörkellosen Sprache empfohlen, die auf die zarten Gefühle theologischer Modernisten keine Rücksicht nimmt.

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Typisch katholisch holt der Autor aber auch aus, den Eltern das Rüstzeug für den intellektuellen Kampf zu präsentieren: die tägliche Bibellektüre, den ganzen Katechismus in kleinen Einheiten, theologische Literatur und modern gemachte katholische Internetseiten wie www.catholic.com und www.WordOnFire.org mit gezielter Stichwortsuche. Der Übersetzer, der Theologe und Familienvater Benedikt Michal, ergänzt diesen praktischen Charakter des Buches mit vielfältigem „Bonusmaterial“, insbesondere Lektüreempfehlungen, Links und Videos auf seiner Website www.benediktakademie.at/return. Eltern müssten mit der Bibel und dem Katechismus vertraut sein, theologische Lektüre, Apps und Websites kennen, um kompetent auf die Frage zu antworten, warum sie selbst katholisch sind. Sie müssten aber vor allem selbst Zeugnis geben und ihre Glaubensgeschichte ins Wort fassen können.

Lassen Sie sie nach Hause kommen

So spirituell und intellektuell hochgerüstet, kann die Rückholaktion starten. Brandon Vogt beginnt mit einem klaren Appell an die Eltern: „Du musst das Band der Liebe wiederherstellen. Du musst dich in deinem eigenen Herzen dafür einsetzen, ihnen zu vergeben und sie bedingungslos zu lieben, egal was in der Vergangenheit geschehen ist.“ Er weiß diesbezüglich von berührend schönen und erschreckend tragischen Beispielen zu erzählen – beides zu Tränen rührend. Eine Serie aus dem Leben gegriffener Tragödien beendet der Autor mit der Forderung „…und vor allem lassen Sie sie unbedingt nach Hause kommen“.

Wichtiger als selbst zu reden sei das Zuhören: „Sie müssen geduldig auf die Gedanken Ihres Kindes hören und geduldig seinen Schmerz und seine Kritik aufnehmen.“ Das verlangt mitunter große Demut, aber auch die steht einem christlichen Elternteil gut: „Denken Sie daran, dass Sie ohne die Gnade Gottes leicht auch von der Kirche abgekommen sein könnten.“ Der Autor empfiehlt Eltern im Gespräch mit ihren Kindern nicht nur, Mitgefühl zu äußern, sondern auch eine bewusst offene Körpersprache, etwa Gesten, die Wärme und Offenheit vermitteln. Dann könne man auch die eigenen Gefühle zum Ausdruck bringen. Kritik an der Kirche sollte sauber recherchiert und nicht einfach abgeschmettert werden, meint der Autor, stellt aber auch fest: „Immer wenn ich mit Menschen spreche, die die Kirche verlassen haben und Fragen stelle, was sie glauben und warum sie gegangen sind, wird mir schnell klar, dass sie nicht die katholische Kirche, sondern eine seltsame, verzerrte Vision der Kirche verlassen haben.“

Pragmatischer Ratgeber mit Substanz 

Das vorliegende Werk ist in seiner Substanz durch und durch katholisch: Mit „Kirche“ meint es die katholische Kirche samt ihrer Sakramente, ihrer hierarchischen Struktur und Glaubenslehre. Dennoch hat sein Autor offenbar sowohl von säkularen Marketingmethoden wie von den Evangelisierungs-Strategien der protestantischen und pentekostalen Welt gelernt und manches adaptiert. Statt sich in theologischen Spitzfindigkeiten zu verlieren, bleibt das Buch bei seinem pragmatischen Ratgeber-Charakter. Dass das zum Glauben und in die Kirche heimkehrende Kind mit einem Priester in Kontakt gebracht werden muss, dass die Eltern dabei helfen sollten, für ihr Kind „eine ordentliche Beichte“ zu organisieren und eine geeignete Pfarrgemeinde zu suchen, wird hier nicht theologisch, sondern psychologisch und praktisch entfaltet.

Der Autor kennt und benennt die zahlreichen lebensgeschichtlichen Hürden, die junge Menschen heute abhalten können, in die Kirche ihrer Eltern heimzukehren: von schlechten Erfahrungen über außereheliches Zusammenleben, Scheidung samt Wiederverheiratung bis zu einer Abtreibung. Selbst für die christlichen Eltern homosexueller Kinder hat das Buch praktische Vorschläge, die so zusammengefasst werden: „Was Ihr Kind braucht, sind Begleiter, die es unabhängig von seinen Neigungen in einem herzlichen Umfeld aus liebevoller Familie und Freunden willkommen heißen. Erst wenn es Ihre Liebe erlebt, und meist erst nach einer persönlichen Begegnung mit Christus, wird es offen sein für eine Neuordnung seines Lebensstils.“
Beeindruckend ist, dass Vogt keine dieser Hürden banalisiert, aber dennoch darauf beharrt, dass die Kirche einen Weg für jede Seele anbietet, weil Gott jede retten will. Das eigene, von der Kirche weit entfernte Kind als einen „Augustinus in Ausbildung“ zu sehen, kann nur gelingen, weil – wie der Autor bilanziert – „Gott sich danach sehnt, dass Ihr Kind ein großer Heiliger wird“.

Brandon Vogt: „Komm nach Hause. Wie Sie Ihr Kind zurück in die Kirche führen“. Be+Be Verlag, Heiligenkreuz 2023, 386 Seiten, ISBN 978-3-903602-05-2, EUR 19,90.

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Stephan Baier Jesus Christus Katechismus Kirchengemeinden

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