Oscarverleihung 1965: Der große Gewinner des Abends heißt „My Fair Lady“, der insgesamt acht Statuetten gewinnt, darunter den Hauptpreis „Bester Film“ sowie „Beste Regie“ und „Bester Hauptdarsteller“ (Rex Harrison). Der Oscar für die Beste Hauptdarstellerin geht jedoch an Julie Andrews für „Mary Poppins“. Angesichts der Vorgeschichte eine regelrechte Genugtuung für die damals 29-jährige Britin.
Denn die am 1. Oktober 1935 als Julia Elizabeth Wells im südostenglischen Walton-on-Thames geborene Julie Andrews war gerade durch ihre Rolle als Eliza Doolittle im Musical „May Fair Lady“ sowohl am Broadway in New York als auch in London weltweit bekannt geworden. Als nun Anfang der 1960er Jahre eine Filmfassung des Musicals geplant wurde, bemühte sie sich um die von ihr jahrelang im Theater dargestellte Hauptrolle. Die Produzenten entschieden sich jedoch für die bekanntere und im Film erfahrenere Audrey Hepburn.
Für die Hauptrolle gab es den „Oscar“
Etwa zur gleichen Zeit wurde Walt Disney auf die britische Darstellerin aufmerksam, und bot ihr die Hauptrolle in „Mary Poppins“. Die beiden Filme kamen 1964 in die Kinos. Für die Rolle der Eliza Doolittle wurde Audrey Hepburn nicht einmal für den Oscar nominiert.
Der Film „Mary Poppins“ wurde kürzlich restauriert und kann beispielsweise auf der Online-Plattform Disney TV+ abgerufen werden, genauso wie „Meine Lieder, meine Träume“ („The Song of Music“, 1965), in dem Julie Andrews Maria von Trapp darstellte. Die wahre Geschichte der Trapp-Familie war zwar bereits 1956 von Wolfgang Liebeneiner verfilmt worden. International bekannter und zugleich einer der kommerziell erfolgreichsten Kinofilme der Filmgeschichte ist allerdings die Hollywood-Fassung mit Christopher Plummer und Julie Andrews.
Mit 12 Jahren stand Sie das erste Mal auf der Bühne
Das britische Kindermädchen mit magischen Kräften sowie die ehemalige Novizin und spätere zweite Frau des Barons von Trapp zählen denn auch bis heute zu den bekanntesten Rollen der britischen Sängerin und Schauspielerin. Dabei war Julie Andrews damals gerade einmal 30 Jahre alt. Ihre Bühnenkarriere hatte ohnehin sehr früh begonnen. Ihre Mutter und ihr Stiefvater Ted Edwards nahmen Julie zu ihren Auftritten in den Londoner Vaudeville-Theatern mit. Selbst auf der Bühne stand sie bereits mit zwölf Jahren in einer Revue.
Bereits mit 17 Jahren spielte Julie Andrews ihre erste Hauptrolle in einem Musical. Drei Jahre später war es so weit: Sechseinhalb Jahre lang verkörperte sie Eliza Doolittle an der Seite von Rex Harrison am New Yorker Broadway. Nach mehr als 2 700 Vorstellungen lief das Musical „My Fair Lady“ ab 1958 im Londoner West End, wo es in fünfeinhalb Jahren auf knapp 2 300 Vorstellungen kam. „My Fair Lady“ adaptiert die 1913 im Wiener Burgtheater auf Deutsch uraufgeführte Komödie „Pygmalion“ von George Bernard Shaw, die ihrerseits auf dem antiken gleichnamigen Mythos basiert.
Mit ihrer Tochter schreibt Andrews Kinderbücher
Mitte der 1960er Jahre stand die britische Sängerin und Schauspielerin zwar auf dem Höhepunkt frühen Ruhms. Die Kehrseite: Schnell fand sie sich in ihren Rollen als „braves Mädchen“ festgelegt. Deshalb versuchte sie insbesondere nach der Eheschließung mit Regisseur Blake Edwards („Frühstück bei Tiffany“, „Der Partyschreck“, die „Der rosarote Panther“-Filme) 1969, in dessen Filme anders gelagerte Rollen zu spielen. Die bekannteste davon ist wohl die Verwechslungskomödie „Victor/Victoria“ (1982).
Mit deren Broadwaybearbeitung kehrte Julie Andrews 1995–1997 Jahren auf die Theaterbühne zurück. Allerdings musste sie nach einer misslungenen Operation im Bereich der Stimmbänder 1997 das Singen aufgeben.
Auch deshalb nahm Andrews eine Tätigkeit wieder auf, die sie bereits in den siebziger Jahren ausgeübt hatte: Zusammen mit ihrer Tochter Emma Walton-Hamilton schreibt sie erfolgreiche Kinderbücher, insbesondere die „Dumpy“-Reihe. Zuletzt arbeitete Julie Andrews ebenfalls als Synchronsprecherin – sie leiht etwa in den „Shrek“-Filmen Fionas Mutter, der Königin Lillian, ihre Stimme.
Am 1. Oktober wird Julie Andrews 85 Jahre alt.
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