Schlampe, Zicke, Trulla, Tusse, Weibsbild, Kanaille, Schnalle, Xanthippe … Die halbe Kolumne ließe sich füllen mit Synonymen für das Lexem „Frau“. Jetzt aber in Deckung, Frau Doktor! Frauen mit Schmähwörtern überziehen in sprachsensiblen Zeiten? Haben wir diesen patriarchalischen Krampf nicht längst auf dem Müllhaufen der Geschichte gelassen? Es gibt doch auch die Krone der Schöpfung, die Madame, die Lady und die, ähm, Hauszierde!
Ja, genau, und die Bayern schmücken sich nicht mit Gedöns, sondern mit ihrem Gespons. Womit wir bei des Pudels Kern wären: Bezeichnungen für Frauen gibt es fast so viele wie Pastasorten: Orecchiette, Tortellini, Fusilli, Bucatini … manch eine soll sogar eine Ähnlichkeit mit weiblichen Körperteilen aufweisen. Tortellini seien, so besagt es eine Legende, dem Bauchnabel der Venus nachempfunden. Was mag es wohl mit Orechiette, diesen zart mit dem Daumen gekerbten, leicht gewölbten Nudeln auf sich haben? Ob die männliche Physis die Pasta-Schöpfer ebenso inspiriert hat, ist fraglich. Ins Pantheon der Pasta hat noch kein maskulines Elementarteilchen Eingang gefunden, abgesehen von den Bubezipfele. Allerdings ist das auch schnurzpiepegal: Weibliches Selbstbewusstsein ist schließlich nicht von Ehrungen und Würdigungen abhängig. Was zählt ist, dass wir sehenden Auges und offenen Ohres die mannigfaltigen Beschreibungen unseres Geschlechts wahrnehmen.
Wenn uns der bayerische Hund, der depperte, als Gespons vorstellt und damit als die Bitch von Ihro Gnaden, dann sagen wir einfach: Scher dich zum Deibel, depperter Depp! Und damit hat sich‘s.
Die Frage ist allerdings, wie Lexika mit diesem Lexem-Desaster umgehen sollen. Wir wehren uns und schnipsen den verbalen Dreck weg wie einen lästigen Fussel. Was aber machen wir mit all den Einträgen, die Schwarz auf Weiß zum Beispiel das altehrwürdige „Oxford Dictionary“ verunzieren? Begriffe wie „Bitch“ und „Bit“ finden sich da, auch „Petticoat“ und „Baggage“ haben es auf die Liste der Synonyme für „Woman“ gebracht. Wenig empowernd sind auch Beispielsätze wie „I told you to be home when I get home, little woman“. Little woman? Pretty Woman?
Tja, das stieß so manch einer sauer auf. Eine Britin startete vor ein paar Jahren eine Petition, die geschlechterdiskriminierende Einträge in das „Dictionary“ verhindern soll. Streichungen verlangte sie, Änderungen! Schluss solle sein mit all den Herabwürdigungen zum Sexualobjekt, diesem elenden Sexismus. Das offizielle Statement des „Oxford Dictionary“ lautete, dass das Wörterbuch den realen Sprachgebrauch abbilde und nicht als Empfehlung für sprachliches Handeln zu verstehen sei. Kurzum: Das Wörterbuch ist deskriptiv, nicht normativ. Da Sprachsensibilität durchaus ernst zu nehmen und dem Wandel der Zeiten unterworfen sei, gedenke man jedoch, als abwertend eingestufte Begriffe als „beleidigend“ zu kennzeichnen. Gar nicht so unklug, diese Briten, denn wohin kämen wir, wenn Wörterbücher Wirklichkeit ausblenden und präskriptive Funktionen beanspruchen würden? Wollt ihr das totale Wörterbuch? Eine rhetorische Frage hoffentlich! Im Duden ist „Schlampe“ mit dem Vermerk „diskriminierend, oft als Schimpfwort“ aufgeführt. Ist das nun schon im strafrechtlichen Sinne beleidigend?
Gefährlich für das Miteinander wird es, wenn sprachpolitische Wertungen ins Wörterbuch Einzug halten und die Gerichte lahmlegen. So rühmt sich eine Politikerin ihrer meterlangen Aktenordner-Sammlung zu Beleidigungsklagen. Vom Papierverbrauch mal abgesehen: Anstatt Recht und Gesetz wegen jeder kleinsten sprachlichen Respektlosigkeit zu bemühen, wäre es ratsam, rhetorische Schlagkraft zu trainieren. Den Sprachgrobianen bleibt dann ganz von selbst die Spucke weg. Wenn Brillanz über Kleingeist triumphiert, bleibt uns viel Papierkram erspart.
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