Faszination Kosmos

Neues Weltraumzeitalter der Menschheit

Ein faszinierender und seltsamer Ort zugleich: Die Menschen wird es in den kommenden Jahren verstärkt buchstäblich zu den Sternen ziehen. Doch nicht alle von ihnen kommen in Frieden.
Erforschung des Weltraums
Foto: (99633869) | Die sich immer weiter fortentwickelnde Technologie ermöglicht es Wissenschaftlern nicht nur immer besser, sowohl die Beschaffenheit als auch die grundsätzliche Evolution dieser Planeten zu erforschen, sondern auch zu ...

Der 11. Juli 2022 war für die gesamte Menschheit buchstäblich ein Tag des Durch- und Weitblicks: Denn an diesem Tag veröffentlichte die US-Raumfahrtbehörde NASA in Gegenwart von US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris das erste vom "James Webb"-Weltraumteleskop aufgenommene Infrarotbild. 

Es war die bis dato tiefste und schärfste Aufnahme des fernen Universums und zeigte den Galaxienhaufen "SMACS 0723" mit tausenden Sternen und Galaxien. "Dies ist nur das erste Bild. Die Bilder werden 13,5 Milliarden Jahre zurückgehen. Und da wir wissen, dass das Universum 13,8 Milliarden Jahre alt ist, gehen wir fast zurück bis zum Anfang", erklärte der sichtlich stolze NASA-Chef Bill Nelson angesichts dieses historischen Augenblicks.

Den Urknall fotografisch festhalten

Vor mittlerweile einem knappen Dreivierteljahr startete das "James-Webb"-Weltraumteleskop in den Weltraum - es ist das größte und leistungsstärkste der Welt. "James Webb", initiiert durch NASA, European Space Agency (ESA) und Canadian Space Agency (CSA) und benannt nach dem gleichnamigen 1992 verstorbenen zweiten Administrator der NASA von 1961 bis 1968, war am 25. Dezember des vergangenen Jahres an Bord einer Ariane-Trägerrakete vom europäischen Weltraum-Bahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All gestartet: Während des rund vier Wochen langen Flugs wurden unter anderem der Sonnenschutz des Teleskops aufgespannt und die Spiegelsysteme ausgefahren. Im Januar erreichte das Teleskop seinen Zielorbit, danach richtete es seine Spiegelsegmente aus und testete sie. 

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Wissenschaftler erhoffen sich von den Aufnahmen des Teleskops unter anderem Erkenntnisse über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. "James Webb" wurde 30 Jahre lang entwickelt und kostete insgesamt zehn Milliarden Dollar. Es folgt auf das Teleskop "Hubble", das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Dank Infrarot-Technik kann "James Webb" kosmische Staubwolken durchdringen und so Licht auffangen von den allerersten Sternen vor 13 Milliarden Jahren. Doch eins ist klar: Die Versuchung, noch in diesem Jahrhundert mithilfe hochentwickelter Weltraumteleskope es letztendlich zurück bis zum Urknall des Universums zu schaffen - und damit gewissermaßen Gottes Schöpfungsakt per Foto festhalten zu können - wird dank der Bilder, die "James Webb" von mittlerweile längst verschwundenen Galaxien, den Jupitermonden oder dem Zwergplaneten Pluto auf die Erde transportiert, nur noch umso größer werden.

Ferne Planeten entdecken

Doch das "James Webb"-Weltraumteleskop dient der NASA nicht nur zur Lieferung schöner Bilder oder metaphysischen Nervenkitzels: Das Teleskop soll auch dabei helfen, ferne und bislang unbekannte Planeten zu entdecken, die nicht nur erdähnlich, sondern möglicherweise auch bewohnbar sein und über Ressourcen verfügen könnten. Von diesen sogenannten "Exoplaneten" wurden in den vergangenen 30 Jahren bereits mehr als 5.000 Stück entdeckt - und die sich immer weiter fortentwickelnde Technologie ermöglicht es Wissenschaftlern nicht nur immer besser, sowohl die Beschaffenheit als auch die grundsätzliche Evolution dieser Planeten zu erforschen, sondern auch zu erkennen, was es grundsätzlich braucht, um auch eigentlich unwirtliche Lebenswelten für Menschen lebbar zu machen.

Und Anfang September lieferte "James Webb" schließlich das erste direkte Bild eines solchen Exoplaneten - der Planet namens HIP 65426 b, rund 350 Lichtjahre von der Erde entfernt, entpuppte sich als sogenannter Gasriese: Er hat keine feste, steinige Oberfläche, ähnlich wie Jupiter im Sonnensystem - er ist allerdings ungefähr sechs- bis achtmal so groß wie dieser. Nach NASA-Angaben ist HIP 65426 b erst 15 bis 20 Millionen Jahre alt, viel jünger also als die 4,5 Milliarden Jahre alte Erde. Doch leben könnte man bei einer planetarischen Temperatur von 1.000 Grad Celsius dort beim besten Willen nicht - die Suche nach erreichbaren und menschenfreundlichen Exoplaneten muss also weitergehen.

Auch der Mond ist im Visier

Doch warum in die Ferne schweifen: Auch der Mond wird erstmals seit den 1970er-Jahren wieder ins Visier der bemannten Raumfahrt genommen. Und die NASA hat diesbezüglich Großes vor. Denn mit der Testmission "Artemis" will sich die NASA in Kürze gewissermaßen wieder dafür fit machen, das erste Mal seit 1972, als mit Eugene Cernan zum bislang letzten Mal ein Mensch auf dem Erdtrabanten wandelte, wieder Erdenbewohner auf den Mond zu entsenden. Die Testmission sieht vor, die Raumkapsel "Orion" ins All zu bringen - fast eine Woche benötigt sie zum Mond, soll ihn dann umkreisen und nach sechs Wochen im Pazifik landen. An Bord werden zwei Puppen sein, an denen Schutzwesten gegen gefährliche Weltraumstrahlung speziell für den weiblichen Körper getestet werden - denn wenn die NASA erneut Astronauten zur Mondoberfläche entsenden will, sollen dieses Mal auf jeden Fall auch Astronautinnen dabei sein.

So oder so: Wenn dieser Testflug klappt, soll es bereits 2023 einen ersten bemannten Mondumrundungsflug mit amerikanischer Besatzung geben. Ab 2025 sollen erstmals wieder zwei NASA-Astronauten den Mond betreten - und ab 2025 bis 2030 sollen erstmals dann auch europäische Astronauten mit dabei sein. Denn langfristig wollen NASA und ESA gemeinsam die "Lunar Gateway Station" errichten   eine Raumstation, die der Forschung dienen und gleichzeitig ein Umsteige-Bahnhof zum Mond sein soll: Denn der Mond soll langfristig kolonisiert werden   in Form eines permanenten Mond-Dorfs, in welchem vor allem Wissenschaftler auf der Mondoberfläche leben, arbeiten, forschen, Rohstoffe abbauen sowie den Erdtrabanten als Basis dafür nutzen sollen, das Universum zu erkunden.  

Die USA und China ringen um die Vorherrschaft auf dem Mond 

Doch all dieses ist leichter gesagt als getan: Denn seit dem 29. August dieses Jahres misslangen bereits einige Versuche, "Orion" ins Weltall zu befördern. Nicht nur Tesla-Gründer Elon Musk, der mit seinem Weltraumunternehmen "Space X" ähnlich wie Amazons Jeff Bezos mit "Blue Origin" zu den Begründern der kommerziellen bemannten Raumfahrt gehört und bereits mit eigenen Raketen Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS befördert, beobachtet das wiederholte Nichtabheben der "Orion"-Trägerrakete mit einer gewissen Schadenfreude. 

Denn nicht nur Musk, dessen Weltraumfirma im April 2022 auf Netflix den Dokumentarfilm "Zurück ins Weltall" gewidmet bekam, sondern auch der große Systemrivale China hat seine ganz eigenen Mondpläne: So will das Reich der Mitte neben touristischen Weltraumflügen, die ab 2025 möglich werden sollen, grundsätzlich seine Raumfahrtaktivitäten massiv ausweiten. Das langfristige Ziel ist es, innerhalb von zehn Jahren mit den USA in Sachen Weltraumtechnik auf Augenhöhe zu sein, zitiert das britische Technologie-Newsportal "The Register" einen Funktionär des chinesischen kommerziellen Raumfahrtunternehmens "Cas Space". Bereits seit 1991 unterhält China zudem ein eigenes Mondprogramm, welches im Jahr 2020 mit der Landung einer Mondsonde einen ersten Erfolg feiern konnte. Ab 2024 sollen mit autonom agierenden, miteinander vernetzten Robotern auf dem Boden, knapp über dem Boden fliegenden Kleinsonden sowie vom Orbit aus weltraumwissenschaftliche Forschungen durchgeführt und Technologien für den Bau einer weiteren, ebenfalls von Menschen bewohnbaren Station erprobt werden. Partner hierfür soll - Stand jetzt - Russland sein.

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Doch um reines Spazierengehen auf dem Mond oder friedliche wissenschaftliche Forschung wird es weder China noch den USA ausschließlich bei ihren jeweiligen Mondprogrammen gehen - sondern vor allem um den Abbau von dessen Bodenschätzen: Denn die Mondgesteine enthalten Sauerstoff, Eisen, seltene Erden und rund zwei Millionen Tonnen Helium-3, welches zumindest auf längere Sicht als Brennstoff für vollkommen neuartige Kernreaktoren genutzt werden und eine neue Energiequelle darstellen könnte. Zudem haben die Erzvorkommen auf dem Mond, allen voran die dort lagernde unglaubliche Menge von 150 Billiarden Tonnen Titan, ebenfalls bereits das Interesse der Großmächte geweckt. 

Streit um Ressourcen

So erscheinen Interessenskonflikte zwischen den großen raumfahrtbetreibenden Nationen, die sich eines Tages auf begrenzten Mond-Standorten um die dort vorhandenen Ressourcen streiten, als überaus wahrscheinlich. Zwar gibt es zum Schutz des Mondes den Weltraumvertrag "Outer Space Treaty" der Vereinten Nationen, der dessen Ausbeutung verhindern soll. Doch obwohl grundsätzlich kein Staat Besitzansprüche auf den Mond und dessen Rohstoffe erheben darf, wird in den kommenden Jahren aufgrund der gestiegenen technologischen Möglichkeiten und des Energie- und Ressourcenbedarfs einer bis auf weiteres wachsenden Menschheit kaum ein Weg daran vorbeiführen, diesen Vertrag auf UN-Ebene neu auszuhandeln. Zudem sorgt das Weltall auch bereits jetzt unter den potenziellen Mond-Streithähnen von morgen für Zündstoff: Neben der Verantwortung für Weltraumschrott bis hin zur möglichen Militarisierung der Erdatmosphäre gibt es bereits zu Beginn der 2020er-Jahre einige Konfliktfelder, die einer Lösung bedürfen.

So oder so ist deswegen mit Blick auf das neue Weltraumzeitalter ebenfalls klar: Bedauerlicherweise kann das Weltall noch so groß sein   sobald der Mensch in dieses vordringt, nimmt er, anstatt sich von Gottes Schöpfung nachhaltig verzaubern zu lassen, vor allem seine Probleme und Konflikte gleich mit auf die Reise.

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