So schnell, wie sich das elektronische Fitnessband an immer mehr Handgelenken verbreitet, revolutioniert KI die Medizin. Diese Geräte zählen nicht nur Schritte, sondern überwachen Herzfrequenz, Schlafqualität und Sauerstoffsättigung. Dabei erlernen sie die individuellen Muster jedes Nutzers. Smartwatches messen sogar EKG-Werte und erkennen Vorhofflimmern, bevor Betroffene selbst Symptome bemerken.
In der ärztlichen Praxis nutzen Radiologen digitale Bildauswertungssysteme, die auf Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen Auffälligkeiten erkennen. Hautärzte fotografieren verdächtige Leberflecken mit KI-Apps, die innerhalb von Sekunden das Hautkrebsrisiko einschätzen. Eine solche medizinische Big-Data-Analyse durchforstet dabei Millionen von Patientendaten, erkennt Muster und sagt Behandlungserfolge vorher. Diese Systeme ersetzen nicht die ärztliche Erfahrung, sondern erweitern sie – schnell und präzise.
Prothesen durch Gedanken steuern
Die Neurologie erlebt ebenfalls einen bemerkenswerten Durchbruch: Gehirnimplantate helfen gelähmten Menschen, Prothesen durch Gedanken zu steuern. Querschnittsgelähmte können wieder einen Computer bedienen, kommunizieren und robotische Arme bewegen. In der psychischen Gesundheitsversorgung schließen therapeutische Chatbots Versorgungslücken. Sie bieten niedrigschwellige Unterstützung bei Angststörungen oder depressiven Verstimmungen. Bots nutzen kognitive Verhaltenstherapie, üben Achtsamkeit und helfen, negative Gedankenmuster zu erkennen. Sie ersetzen keine menschliche Therapie, können aber lange Wartezeiten überbrücken.
Auch in der Rehabilitation verändert KI den Alltag. Intelligente Exoskelette helfen Schlaganfallpatienten, das Gehen neu zu lernen. Die Systeme passen sich dem individuellen Fortschritt an, motivieren durch spielerische Elemente und dokumentieren präzise jeden Therapiefortschritt. Virtual-Reality-Anwendungen mit KI-Steuerung trainieren Bewegungsabläufe in sicherer Umgebung und machen Physiotherapie effektiver und motivierender.
Atemberaubend schnelle Entwicklung
In Forschungslaboren werden KI-Systeme entwickelt, die aus Stimmanalysen Parkinson oder Depression diagnostizieren, noch bevor deutliche Symptome auftreten. Eine Veränderung von Sprachmelodie, Pausen und Betonung verrät Krankheiten oft Jahre im Voraus. Virtuelle Operationsassistenten, die Chirurgen in Echtzeit durch komplexeste Eingriffe führen, sind in der Entwicklung. Organe aus dem 3D-Drucker, deren Designprozess von KI optimiert wurde, könnten zukünftig den Organmangel beenden. KI-gestützte Medikamentenentwicklung verkürzt die Zeit von der Entdeckung eines Wirkstoffs bis zur Zulassung. Pandemien könnten künftig schneller eingedämmt werden, weil KI-Modelle Ausbreitungsmuster vorhersagen und optimale Gegenmaßnahmen simulieren.
Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung ist atemberaubend. Sie weckt berechtigte Hoffnungen auf ein längeres, gesünderes Leben und wirft zugleich medizinethische Fragen auf: Wer hat Zugang zu diesen teuren Technologien? Wie schützen wir sensible Gesundheitsdaten? Und wo bleibt die Menschlichkeit, wenn Algorithmen über Therapien entscheiden?
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