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Ed Sheeran hat zu seinen religiösen Wurzeln zurückgefunden

Der vierfache Grammy-Gewinner Ed Sheeran gehört zu den erfolgreichsten Sängern unserer Zeit. In der jüngsten Vergangenheit hat er offenbar zu seinen religiösen Wurzeln zurückgefunden.
13 Alben für 2023
Foto: Ian West (PA Wire) | In der neuen Disney+ Doku über Ed Sheeran werden nicht nur Sheerans zahlreiche Hits und ihre Entstehung, seine Karriere, seine umjubelten Auftritte und seine Musik beleuchtet, sondern auch Türen zu einem Einblick in ...

Ed Sheeran ist ein Phänomen in der heutigen Musikwelt. Der 32-jährige Brite wurde 1991 in Halifax, West Yorkshire geboren. Sein Vater ist irischer Herkunft und in einer großen katholischen Familie aufgewachsen. Der Glaube seiner Eltern und Großeltern hat ihn von Kind auf geprägt, was man auch an vielen religiöse Worten und Bildern in seiner Musik erkennen kann.

Als kleines Kind besuchte er regelmäßig seine örtliche Kirche und im Alter von vier Jahren sang er im Kirchenchor. Er verweist darauf im Song „Eraser“ in dem er singt: „I learned to sing inside the Lord's house, but stopped at the age of nine.“ Als sein Großvater William starb, widmete er ihm den Song „Afire Love“, indem es heißt: „I hope that heaven is your resting place And all my brothers and my sisters, Rise from their seats to sing Hallelujah“.

Welthit nach Welthit

Vor sechs Jahren beantragte er außerdem die Baugenehmigung für den Bau einer privaten Kapelle, als spirituellen Rückzugsort für Kontemplation und Gebet, auf seinem Anwesen in Suffolk. Der vierfache Grammy-Gewinner gehört zu den erfolgreichsten Sängern unserer Zeit. Mindestens 150 Millionen Tonträger hat er bereits weltweit verkauft und mehrere Gastauftitte in Kinofilmen und Fernsehserien hingelegt. Selbst Chart-Rekorde der „Beatles“, die seit Jahrzehnten in Stein gemeißelt zu sein schienen, sind vor diesem unerschöpflichen Songwriter nicht mehr sicher.

Mit jedem weiteren Album und mit jeder neuen Hit-Single-Veröffentlichung steigt er scheinbar unaufhaltsam, Welthit nach Welthit, in neue Höhen auf und füllt mit seinen Konzerten mittlerweile gigantische Stadien. Sein musikalischer Werdegang gehört zu den größten Erfolgsgeschichten, die das 21. Jahrhundert hervorgebracht hat. Dennoch ist ihm der Erfolg scheinbar nicht zu Kopf gestiegen. In der Öffentlichkeit ist er immer noch der sympathische Kumpel von nebenan mit Wuschelfrisur, ein Mensch aus Fleisch und Blut, ein liebender Ehemann und zweifacher Vater, ein Underdog, der als Jugendlicher Straßenmusik machte, in kleinen Clubs sang und es schließlich mit viel Fleiß und Glück in kurzer Zeit in den musikalischen Olymp geschafft hat, ohne jegliche Starallüren anzunehmen. „Ich bin nur ein Kerl mit einer Gitarre, der es liebt Musik zu schreiben, um Menschen zu erfreuen“, sagte Ed Sheeran kürzlich über sich selbst, nach seinem Freispruch von Plagiatsvorwürfen zu seinem Hit „Thinking out loud“.

Nun hat der Superstar am 5. Mai sein neues Album veröffentlicht, welches den Erfolgskurs fortsetzen soll. Es trägt den typografisch stilisierten Titel „−“ (sprich: „Subtract“), also Minus. Es soll, so Sheeran, den Abschluss seiner sogenannten „fünf mathematische Alben Ära“ markieren. Diese hatte vor gut einem Jahrzehnt ihren Anfang genommen. Die Rede ist von seinen Platten „+“ (2011), „x“ (2014), „÷“ (2017) und „=“ (2021). Doch mit höherer Mathematik oder gar künstlerischer Berechnung hat das neue Werk nichts zu tun, ganz im Gegenteil, denn der sehr passende Minus-Titel spiegelt die Unberechenbarkeit des Lebens wider, das manchmal wie eine Achterbahnfahrt sein kann und einen vom höchsten Gipfel in die tiefsten Abgründe stürzen kann.

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Texte sind emotionales Ventil für vergangenen Schicksalsschläge

Genau das hat Sheeran im vergangenen Jahr persönlich mehr als deutlich erfahren, als er sich zu den Aufnahmen zu seinem nächsten Werk aufmachte und gleiche mehrere Hiobsbotschaften und Ereignisse sein Leben überschattet und ihm die Zerbrechlichkeit seiner Welt gezeigt haben. Von seinen Erfahrungen mit Tod, Trauer, Krankheiten, Verlustängsten, Depressionen und Hoffnungsschimmern singt er nun in nahezu jedem seiner neuen Songs und gewährt dem Zuhörer damit einen tiefen Einblick in sein Seelenleben. Als Songwriter dienen ihm seine Texte offensichtlich als emotionales Ventil, um die vergangenen Schicksalsschläge zu verarbeiten und sie nicht nur mit sich selbst auszumachen, sondern seine Gefühle mit der Welt zu teilen. 
Sheeran hat in seinen Songs schon immer sein Herz auf der Zunge getragen und seine persönlichen Erfahrungen in Worte und Geschichten verpackt, mit denen sich Menschen weltweit identifizieren können. Doch auf dem neuen Album wird er so persönlich, nahbar und wahrhaftig wie noch nie zuvor und zeigt sich vor allem von seiner intimen und verletzlichen Seite.

„Subtract“ ist durchweg melancholisch und musikalisch ungewöhnlich reduziert, fast nahezu akustisch ausgefallen. Die Songs sind alle nahtlos miteinander verbunden und bis auf einige wenige Ausnahmen, die mit satten Arrangements in voller Band-/Orchesterbegleitung daherkommen, von zurückgenommenen, Folk-gefärbten Klangbildern bestimmt. Sheeran singt nicht nur vom Schmerz sondern mit Schmerz, den man beim Hören seiner Stimme und seiner Gitarre fühlen kann. Aber nicht nur hören, sondern auch sehen. Denn seit dem 3. Mai gibt es passend zum Albumrelease die Geschichten hinter dem Album in der vierteiligen Dokumentation „Ed Sheeran: The Sum of It All“ auf Disney+, zu sehen. In vier halbstündigen Episoden begleitet die Kamera den Ausnahme-Musiker während des vergangenen Jahres. Zudem gibt es exklusives Videomaterial, Interviews mit Familie und Freunden und bisher nie gezeigtes Archivmaterial, das einen tiefen Einblick hinter die Kulissen seines Schaffens gewährt.

Es werden allerdings nicht nur Sheerans zahlreiche Hits und ihre Entstehung, seine Karriere, seine umjubelten Auftritte und seine Musik beleuchtet, sondern auch Türen zu einem Einblick in sein Privatleben geöffnet. Die Doku folgt ihm zunächst auf seiner musikalischen Reise, beginnend mit seiner Entschlossenheit, in der Musikindustrie Fuß zu fassen. Mit seiner Ehefrau Cherry Seaborn und seinen Eltern erinnert er sich an seine Vergangenheit und seine enge Festung aus Familie und vertrauten Freunden, die ihm seit jeher Halt geben.

Bei seiner Frau, die mit dem zweiten Kind im sechsten Monat schwanger war, wurde Anfang 2022 ein Tumor im Arm diagnostiziert, der erst nach der Schwangerschaft behandelt werden durfte. Nur wenige Wochen später starb im Februar sein bester Freund Jamal Edwards mit nur 31 Jahren an einem Herzinfarkt, ausgelöst durch einen giftigen Mix aus Alkohol und Kokain. Obendrein stand Sheeran wegen Plagiatsvorwürfen vor Gericht, um seine Integrität und Karriere als Songwriter zu verteidigen und litt unter schweren Depressionen, die ihn auch in einen kalten Entzug führten, da er versucht hatte, seinen Schmerz mit Alkohol zu betäuben.

Das perfekte Akustikalbum

Die Doku zeigt eindringlich, wie Sheeran mit alldem umgegangen ist, während er sich auf seine Arbeit und die Fertigstellung von „Subtract“, konzentriert hat. Zudem macht sie deutlich, wie schwer es ihm fiel, seine neuen Songs einzuspielen und sie vor einem Live-Publikum zu präsentieren, ohne dabei ständig weinen zu müssen. Die Episoden, die jeweils mit „Liebe, Verlust, Fokus und Befreiung“ betitelt sind, zeigen Sheeran und Cherry, wie sie versuchen, alles zu verarbeiten und auch das Familienleben und die Arbeit zu vereinbaren, wenn sie meilenweit voneinander entfernt sind. Am Ende sieht man sie, wie sie nach all ihren Erfahrungen mit einer wertschätzenden Lebenseinstellung in das neue Jahr und in die Zukunft blicken und einander Halt geben in guten wie in schlechten Zeiten, so wie sie es sich bei ihrer Hochzeit 2019 geschworen haben.

In einer Pressemitteilung seiner Plattenfirma Warner Music schrieb Sheeran: „Ich hatte Subtract seit über einem Jahrzehnt in Arbeit. Es sollte das perfekte Akustikalbum werden. Dann, Anfang 2022, veränderten eine Reihe von Ereignissen mein Leben, meine seelische Gesundheit und letztlich auch meinen Blick auf Musik und die Kunst. Songs zu schreiben ist für mich wie Therapie. Es hilft mir, meine Gefühle besser zu verstehen. Als ich diese Songs schrieb, verfolgte ich damit kein bestimmtes Ziel, ich habe einfach nur zu Papier gebracht, was in dem Moment rauspurzelte. Und in etwas mehr als einer Woche ersetzte ich die Arbeit von mehr als zehn Jahren mit meinen tiefsten, düstersten Gedanken. Es war eine Spirale aus Angst, Depression und Beklemmung. Es fühlte sich an, als würde ich ertrinken, als wäre mein Kopf gerade so weit unter Wasser, dass ich zwar beim Blick nach oben die Oberfläche sehen, aber nicht nach Luft schnappen konnte.“

Den Tod seines besten Freundes verarbeitet Sheeran gleich in mehreren Songs wie „Eyes Closed“, „Salt Water“, „Life goes on“, „Borderline“ und „Boat“. Wie soll das Leben ohne ihn an seiner Seite weitergehen? Trotz vieler offener Fragen, die für ihn unbeantwortet bleiben, spricht er sich selbst aber auch immer wieder Mut zu, in dem er davon singt, für sich wieder einen Weg zurück ins Leben finden zu wollen: „But the waves won't break my boat“ und „Nothing good will ever come from worrying“. Letztlich legt er alles in Gottes Hände und singt in „Curtains“, in einer flehentlichen Bitte „Can you pull the curtains? Let me see the sunshine!“ und in „Salt Water“, „I'm moving forward, to where God only knows!“

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Hoffnung auf Verwandlung

In der Doku unterstreicht er zudem diesen seinen Glauben, indem er zum Schluss sagt: „I belief in the afterlife and that we see each other again!“ Was den Glauben angeht, hat er ein großes Vorbild: „Ich denke, an etwas zu glauben ist wichtig. Meine Mutter findet viel Trost in ihrer Religion. Es ist schön, an etwas zu glauben. Und wenn Leute sterben, ist es schön zu glauben, dass sie an einen besseren Ort gehen.“ Den Moment, als er von der Krebsdiagnose bei seiner Frau erfahren hat, hält er im Song „Vega“ fest und singt davon wie Glaube und Hoffnung ihn in dieser schrecklichen Zeit getragen haben: „God I love the sound of heaven. What can I do but pray and count Your blessings. If we believe then she'll get better. I count my blessings. We are meant to shine like stars.“

Ed Sheerans bisher persönlichstes Werk, ruft uns erneut in Erinnerung, wieso er einer der besten Songwriter seiner Generation ist, ein Künstler, der seine eigenen Erfahrungen in Songs übersetzen kann, die anderen stets Trost, Hoffnung und ein Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln. 
Im Song „Toughest“, den Sheeran für seine Frau geschrieben hat, drückt er eine Form von Hoffnung auf Verwandlung aus, die durchaus christlich kompatibel ist: „When love is on our side, there's just no way to loose!“ In der Disney+ Doku ergänzt er diese Worte nochmal, indem er sagt, dass er davon überzeugt ist, dass, wenn man Tod und Krankheit zusammen überstanden hat, man erst dann richtig verheiratet sei, weil einen dann ein besonderes Band verbindet, das untrennbar ist. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen oder zu subtrahieren.

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Norbert Fink

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