Wortschwulst

Die Sprache des Synodalen Weges wirkt exklusiv

In den Papieren des sogenannten Synodalen Weges reihen sich heher wirkende Begriffe. Sie sollen wohl große Bedeutung vermitteln. Zudem scheint dahinter auch der Versuch zu stehen, Deutungshoheit und Macht auszuüben: Codierte Sprache schließt vom Diskurs aus, verunsichert und behindert den sachgerechten Umgang mit den Themen.
Synodaler Weg Versammlung
Foto: Harald Oppitz (KNA) | Ob die Teilnehmer des sogenannten Synodalen Wegs verstehen, was sie zur Abstimmung vorgelegt bekommen und ob die Intention erkennbar ist, darf zumindest angezweifelt werden, wenn man sich das Deutsch der Papiere ansieht.

Augenhöhe, Dialog, Partizipation. Diese Begriffe gehören zum Selbstverständnis des Synodalen Weges. Nach der Lektüre der Texte für die dritte Synodalversammlung bin ich mir nicht mehr sicher, ob für die Gläubigen nicht vielleicht sogar Thomas von Aquins Werke leichter zu verstehen sind, als der Textkorpus des Synodalen Wegs. Selbst für die Darlegung banaler Sachverhalte leistet man sich aufgeblasene Satz-Ungetüme. Wie anschaulich dagegen ist die Sprache der frühen Kirche! Die Kirchenväter wussten wohl besser, wie „Lebensrealität“ aussieht.

Brisant an der Lust an Begriffsnebeln und anlassloser Fachterminologie ist, dass sie von jenen ausgeht, die der Kirche neben mangelnder Anschlussfähigkeit vor allem Machtmissbrauch vorwerfen. Wer würde leugnen, dass die Kirche dringend eine Auseinandersetzung über Machtgefüge und Machtausübung braucht? Dies muss aber in aller Klarheit erfolgen! Letztlich sind auch die Texte des Synodalen Wegs eine Form von Machtausübung, wenn nicht gar Machtmissbrauch: Kontrolle durch Begriffshoheit.

„Ein solcher ambiguitätssensibler Umgang mit Komplexität ist dem geschichtlichen Charakter
der Heilswahrheit geschuldet und erweist sich zugleich gerade heute als Grundsignatur
intellektueller Zeitgenossenschaft“

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Der Gläubige wird durch die schiere Textmenge eingeschüchtert; das durch unnötig komplizierte Formulierungen zur Schau getragene Expertentum schreckt ab. Schon dies widerspricht einem auf breite Beteiligung angelegten Diskurs. Abgesehen davon werden Sätze geschickt so konstruiert, dass eingeflochtene Falschaussagen nur mühsam herausseziert werden können – was normale Gläubige allein mangels Zeit nicht leisten können.

Betrachten wir Sätze wie diese: „Von der einen uns anvertrauten Wahrheit sprechen kann man redlicherweise nur, wenn man (…) den diskursiven Raum hierfür uneingeschränkt öffnet. Ein solcher ambiguitätssensibler Umgang mit Komplexität ist dem geschichtlichen Charakter der Heilswahrheit geschuldet und erweist sich zugleich gerade heute als Grundsignatur intellektueller Zeitgenossenschaft.“ (Vorlage des Synodalforums I „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“). Sicher: Dass sich die unwandelbare Wahrheit zeitbedingt je anders ausdrückt, dass man sorgfältig mit diesem Begriff umgehen muss, um nicht Ausdrucksformen mit der „Sache an sich“ zu verwechseln, ist eine wichtige Einsicht.

Die eigentliche Intention hinter Wortschwulst verstecken

Allerdings ist sie wohl kaum so kompliziert, dass man mit „ambiguitätsschwangeren zeitgenössisch-diskursiven Grundsignaturen“ hier Verständnishürden aufbauen müsste. Den Sachverhalt begreifen bereits Kommunionkinder. Schauen wir genau hin, wird auf die notwendige Präzisierung, dass die Heilswahrheit auch ewigen Charakter hat, verzichtet. Für diesen kurzen Nebensatz war kein Platz mehr.

Indirekt wird also der Eindruck erweckt, Wahrheit sei per se zeitlich, im Ausdruck je unterschiedlich und letztlich beliebig, da ein überzeitlicher Maßstab, an dem sich ihre Ausdrucksformen orientieren, nicht zu bestehen scheint. Letzteres wird wohlweislich nur insinuiert, da die Aussage dem Lehramt widerspricht! Nur zwei Sätze von vielen, verschleiernder Wortschwulst, kalkulierte Ungenauigkeit: Die Texte des Synodalen Wegs scheinen wenig geeignet für einen sachlichen Austausch auf Augenhöhe.

 

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