Endlich hat sie es doch getan: Sabine Schormann ist von ihrem Posten als documenta-Generaldirektorin zurückgetreten und hat damit die Verantwortung für den Antisemitismus-Skandal übernommen, welcher der wichtigsten Ausstellung für Gegenwartskunst seit Wochen eine schlechte Presse beschert hat – völlig zurecht. Denn wer ein internationales Kuratoren-Kollektiv ungehindert antisemitische Propaganda, getarnt als Kunst, verbreiten lässt, zeigt damit, dass es an der für die Stelle so nötigen Kontroll- und Koordinierungs-Kompetenz mangelt. Auf die kommt es bei einer derart bedeutsamen Veranstaltung wie der diesjährigen „documenta fifteen“ aber entscheidend an.
Gründliche Aufarbeitung und Klärung nötig
Wird mit dem Interims-Nachfolger Alexander Farenholtz, welcher vor über 30 Jahren schon einmal als documenta-Geschäftsführer im Einsatz war und bis Ende September 2022 die Geschicke leiten soll, nun also von heute auf morgen wieder Ruhe in Kassel einkehren, damit die Kunstliebhaber sich ungestört von öffentlichen Diskussionen den noch nicht abgeräumten „documenta fifteen“-Exponaten widmen können? Hoffentlich nicht. Denn das, was in Kassel vorgefallen ist, bedarf einer gründlichen Aufarbeitung und Klärung, die über den „documenta“-Rahmen vermutlich noch hinausgeht.
So kann es nachdenklich machen, wenn Josef Schuster (68), der Präsident des Zentralrats der Juden, gegenüber der „Bild“-Zeitung anmerkt: „Die Stürmer-Karikaturen auf der documenta und der damit verbundene Antisemitismus-Skandal auf der documenta ist leider nur die Spitze des Eisbergs.“ Schuster ist der Auffassung, dass im „Kulturbetrieb“ nicht entschieden genug gegen solche Aktivisten vorgegangen wird, welche sich für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (BDS) gegen Israel einsetzen. Obwohl der Bundestag BDS „eindeutig als antisemitisch benannt“ habe.
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