Johannes Paul II.

Ein Papst, der störte?  Ein Papst der stört!

Das Attentat auf Johannes Paul II. fand vor 40 Jahren statt. Die mental geführten Attacken auf ihn haben nie aufgehört.
Johannes Paul II., ein Papst auf den nicht nur mit der Schusswaffe geschossen wurde, sondern auch mit Hohn, Spott, Häme
| Johannes Paul II., ein Papst auf den nicht nur mit der Schusswaffe geschossen wurde, sondern auch mit Hohn, Spott, Häme, Wut und Boshaftigkeit.

Es ging um Mord, es ging um Vernichtung. Die Kugeln auf dem Petersplatz sollten vor 40 Jahren Johannes Paul II. töten. Denn dieser Mann auf der Cathedra Petri war vielen zu unbequem. Zu gefährlich. Zu sehr an der Wahrheit orientiert. Zu stark. Zu klar. Zu unerschrocken. Zu mutig. Er störte. Die Kugeln sollten das „Problem“ lösen. Final. Doch das Attentat misslang. Ausgerechnet am 13. Mai, dem Marientag von Fatima.

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Johannes Paul II. stört manche noch immer. Auch als längst Heimgegangener. Und zwar aus denselben Gründen: zu stark, zu klar, zu mutig, zu unbequem, zu wahrheitsorientiert, zu visionär, zu unerschrocken. Mancher fühlt sich angegriffen. Und das vom Heiligen verkündete Menschenbild scheint durch die durch und durch unheiligen Sexualverbrechen einiger „Geistlicher“ ohnehin gänzlich unglaubwürdig geworden zu sein. Gestalten wie dieser aus Polen stammende Fels scheinen einer pauschalen Vernichtung der offenbar aus der Zeit gefallenen und die Sexuallehre verratenen Kirche posthum im Wege zu stehen und müssten wohl sturmreif geschossen werden. Und weil Kugeln aus Metall nichts mehr bewirken können, formt man sie mental. Aus gedanklichem Gift und ätzender Vernichtungssäure, um das Andenken final zu zerstören.

Sexualmoral hat mit Verantwortung und Respekt zu tun

De mortuis nihil nisi bene – das scheint zum Beispiel für einen linken polnischen Europaabgeordneten und eine linke Abgeordnete des Parlaments in Warschau eher eine Aufforderung zur üblen Verleumdung zu sein denn eine Einladung zur Fairness. Ausgerechnet Johannes Paul II., dessen unüberhörbar aufgeklärte Theologie des Leibes die Sexualmoral mit Verantwortung, Ordnung und Respekt auffällig bewusst in den 90er Jahren von vielen überhört und übersehen wurde, weil sie eben nicht passte in das vermeintliche Freiheitsideal der 68er mit grenzenloser sogenannter Liebe – ausgerechnet diesem Johannes Paul II. wollen manche eine Nähe zur Pädophilie ankleben. Ablenkung? Verdrängung? Perfidie? Oder nur Boshaftigkeit in Form von übler Verleumdung?

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Keine Frage: Es muss geklärt werden, inwieweit enge Mitarbeiter den damaligen Papst, der eben auch nicht alles alleine machen konnte und auf Vertrauen angewiesen war, belogen und hintergangen haben. Allem Anschein nach wurde er im Blick auf manche Bischofsfigur – siehe den Fall McCarrick – ausgetrickst und für vermeintlich gute Personalentscheidungen missbraucht. Auch Johannes Paul II. war nicht unfehlbar und fehlerfrei. Aber ausgerechnet ihn posthum zum Täter oder Nutznießer eines bösen Fehlverhaltens anderer stempeln zu wollen, grenzt an satanischer Boshaftigkeit.

Doch wir wissen ja: Attentate brauchen nicht immer Kugeln aus Metall oder haptische Giftspritzen. Und sie können auch misslingen. Nicht nur, weil das Sprichwort darauf verweist, dass Lügen kurze Beine haben. Sondern vor allem, weil die Wahrheit frei macht - und sich früher oder später immer durchsetzt. Trotz aller Lüge und noch so perfider Verleumdung. Offenbar sind die Klarheit und Stärke der so umfangreich und unerschrocken präsentierten des 2005 mit dem Tod des damaligen Kirchenpiloten beendeten Pontifikats nach wie vor zu störend für jene, die früher wie heute mein(t)en, die Kirche müsse sich modernen Irrtümern anpassen. Dieser Aberglaube, der noch so freundlich daherkommen kann und doch nur zur Selbstaufgabe, zur Selbstzerstörung der Kirche Jesu Christi einlädt, hat wohl immer Konjunktur. Er weiß sich – man möchte sagen – „bis aufs Blut“ provoziert von Aposteln der Wahrheit, die wissen und zu verkünden sich erlauben, dass die Kirche nur in der Re-Form, der Re-Formierung an der „Ur-Form“ des Gottessohnes Heilszeichen für alle sein kann und bleibt.

Enttäuschung, weil der Papst nicht spurt

Solche Felsen im breiten Strom der Beliebigkeit stören jede menschenverachtende Ideologie und müssen offenbar kräftig sturmreif beschossen werden. Die Intoleranz der Wahrheitsphobie duldet keine Toleranz der Geradlinigkeit. Das war schon zu Lebzeiten des großen Papstes so. Die anfängliche Begeisterung für den 58 Jahre alten Pontifex wich rasch jener „Enttäuschung“, die sich aus der Erkenntnis speiste, dass der aus Polen stammende Petrus, der trotz aller bald schon einsetzenden sprachlichen Eingrenzungsversuche gegen ihn niemals ein nur „polnischer Papst“ war, sich nicht an den Moden der Zeit orientierte, sondern am Gottessohn selbst.

Der Zusammenklang von metaphysischer Erfahrung, phänomenologischer Erkenntnis, mystischer Tiefe und ästhetischer Beobachtungsgabe öffnete dem Petrusnachfolger „den Blick für die vielen Ebenen der Wirklichkeit und wird schließlich eine einzige umfassende Wahrnehmung, die sich allem Erscheinenden stellt und es durch verstehen lernt, dass sie es überschreitet“, formulierte Joseph Kardinal Ratzinger im Mai 1990.

Johannes Paul II. störte so gesehen sehr. Zum Beispiel sein Festhalten an der Lehre von Humanae vitae, jener Enzyklika Pauls VI. über die verantwortete Elternschaft, die manche vermeintlich vereinfachend und tatsächlich verfälschend verkürzend „Pillenenzyklika“ nannten. Auch damals pflegten Theologen in der sogenannten Kölner Erklärung Kritik am Papst, die sich selbstverständlich in ihrer Bedeutung angegriffen fühlten durch den Papst, der 1987 betont hatte, „was von der Kirche über die Empfängnisverhütung gelehrt wird, gehört nicht zu der unter Theologen frei diskutierbaren Materie. Das Gegenteil lehren heißt, das moralische Gewissen der Eheleute in die Irre zu führen.“

„Die Lehre über die Ethik der Ehe ist vom Lehramt der Kirche
in Humanae vitae genau verkündet und definiert worden.“

Johannes Paul II. nutzte die Debatten als Dynamik für eine zukunftsweisende Ermutigung zur Wahrheit – allen falschen und die Freiheit zerstörenden Versuchungen der sogenannten Moderne zum Trotz. Bereits als Krakauer Erzbischof hatte Karol Wojtyla im Vorwort zur polnischen Übersetzung von Humanae vitae geschrieben: „Die Lehre über die Ethik der Ehe ist vom Lehramt der Kirche in Humanae vitae genau verkündet und definiert worden. Deshalb ist es schwierig, nach der Veröffentlichung dieses Dokumentes hinsichtlich der Katholiken von nicht schuldhafter Unwissenheit oder vom Irrtum in gutem Glauben zu sprechen.“ Es kann also nicht verwundern, dass er seine berühmten Mittwochskatechesen, in denen er die Theologie des Leibes entfaltete und sich einer ebenso verständlichen, Menschen-nahen wie zärtlichen Sprache bediente, mit einer Reihe von Katechesen über und zur Enzyklika Humanae vitae abschloss. Eine Konsequenz im Denken, die von Missbrauchstätern überhört wurde und wird. Eine Logik, die schlichtweg störte - und immer noch massiv zu stören scheint.

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Aber nicht nur die Verbindung mit einer gegebenen Verantwortung der gelebten Sexualität vor keinem Geringeren als Gott selbst ist jeder Ideologie so quer. Auch mit seinem eindeutigen Nein zum Aufheben des Zölibats für Amtsträger zog der Heilige den Zorn derer auf sich, die eine solche gestaltete Lebensform entweder überfordert oder erst gar nicht richtig verstanden wird. Dass Laien, die eigentlich von der priesterlichen Zölibatsverpflichtung, die in einem freiwilligen Versprechen bei der Weihe dem Bischof gegeben wird, persönlich gar nicht betroffen sind, damals gegen Johannes Paul II. protestierten mit Aktionen zu „Unser Zölibat“ (!), hat etwas Tragikkomisches.

Die Freiheit hat einen Namen: Jesus Christus

Die Attacken gegen diesen Boten der Freiheit, der bei seiner Amtseinführung 1978 in die Welt rief: „Öffnet die Grenzen der Staaten. Habt keine Angst! Öffnet die Pforten Christus dem Erlöser!“, und der Wort hielt und wesentlich zum Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs beitrug, werden bleiben. Sein Treue zu Christus und sein Nein zum Frauenpriestertum fordern ebenso heraus wie seine Bekenntnisse zur Ehe von einem Mann und einer Frau und zur Familie. Jemand, der wie Johannes Paul II. behauptet und weiß, dass die Freiheit einen Namen habe: Jesus Christus (Rede am Brandenburger Tor 1996), zieht einfach alles Falsche irgendwie an, weil nicht sein kann, was wahr ist. Man kann den Widerspruch Attacken oder Attentate nennen. Sie werden am Ende misslingen. Verleumdungen und Hass richten sich selbst. Denn nur die Wahrheit schafft Freiheit, nur sie macht wirklich frei. Und nur sie schafft Leben.

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