Gery Keszler, Österreichs prominentester Homosexueller und Erfinder des weltberühmten Wiener Life Balls, und der als „Conchita Wurst“ bekannte Thomas Neuwirth feierten drinnen im Wiener Stephansdom; die Rosenkranz-Beter versammelten sich draußen vor dem Riesentor.
Künstler, die man in einer Kirche wohl eher nicht vermuten würde
Verkehrte Welt? Anlässlich des Welt-Aids-Tages stellte der Wiener Kardinal Christoph Schönborn seine Kathedrale für ein Charity-Event zur Verfügung. In der „Langen Nacht der Solidarität“ wurde Geld für Aids-Projekte gesammelt, im Stephansdom für ein Aids-Hospiz der Malteser in Südafrika. „Gott will, dass keine und keiner sich ausgeschlossen fühlt, er will, dass alle sich geborgen fühlen“, sagte Schönborn zu Beginn des musikalischen Benefizabends unter dem Motto „Believe Together“, mit etlichen Künstlern, die man in einer Kirche wohl eher nicht vermuten würde.
Alexander Tschugguel, berühmt durch seine römische Pachamama-Aktion, hatte zum Gebet dagegen aufgerufen. Die Veranstaltung finde in einem Rahmen statt, der ganz offen auch „Drag-Queens“ und „Gay-Clubbings“ bewirbt, begründete Tschugguel gegenüber der „Tagespost“ seinen Aufruf. Viele der Künstler hätten sich „eindeutig gegen die katholische Kirche positioniert“. Thomas Neuwirth („Wurst“) trete als „Fetisch-Mann“ auf. Es gebe tausend andere Möglichkeiten, für Bedürftige zu sammeln. „Der Zweck heiligt nicht die Mittel.“
„In diesem Dom sind wir alle zuhause. Es ist das Dach über der Seele, das in diesen Steinen zum Ausdruck kommt und das wir so sehr brauchen.“
Kardinal Christoph Schönborn, Wien
Den Zweck kritisierte Tschugguel auch in seiner Ansprache auf dem Stephansplatz nicht. Doch „ein Haus Gottes darf niemals missbraucht werden für etwas, was nicht explizit Gottesdienst ist“. Tschugguel wollte das Rosenkranzgebet nicht als Protest verstehen, sondern als „Mittel im Kampf für das Seelenheil“ – als Gebet für andere.
Schönborn versicherte unterdessen in der Kathedrale: „In diesem Dom sind wir alle zuhause. Es ist das Dach über der Seele, das in diesen Steinen zum Ausdruck kommt und das wir so sehr brauchen.“ Gery Keszler dankte dem Kardinal und verwies auf die Sehnsucht nach Engeln, die sich durch die Texte des Abends zog. Engel seien „Türöffner für alle, die fern zur Kirche stehen; Engel haben keine Berührungsängste“.
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