Die Webseite ist eine kunterbunte Mixtur aus Banalitäten, Kuriositäten, ernsten Nachrichten und viel Werbung. Ziel ist, die Inhalte so unterhaltsam aufzubereiten, dass sie möglichst häufig in sozialen Netzwerken geteilt werden. Diese krude Mischung bescherte der Website „BuzzFeed“ ein exorbitant schnelles Wachstum, was Investoren und die Werbeindustrie hellhörig machte – und auch das: Weltweit zählt die erfolgreiche Internetseite im Monat rund 120 Millionen Nutzer. Für Großbritannien, Australien, Brasilien, Spanien und Frankreich gibt es schon eigene Versionen.
Keine Grenzen zwischen der Werbung und dem Inhalt
Bei soviel Einflussnahme ist das große Geld nicht fern: 46, 3 Millionen Dollar Risikokapital konnte die Firma bisher einsammeln. Ein Marketingtrick ist, dass statt klassischer Anzeigen gesponserte Artikel die Website finanzieren. Werbeinhalte werden somit von den Nutzern genauso verbreitet, wie die von der Redaktion erstellten Beiträge. Dass das Geld nicht mehr auf der Straße, sondern auf den Datenautobahnen liegt, hatte der Gründer von „BuzzFeed“, Jonah Peretti, schon früh erkannt. Innerhalb weniger Jahre hat der alerte Internetfreak zwei der erfolgreichsten Medienunternehmen des 21. Jahrhunderts ins Leben gerufen, denn neben „BuzzFeed“ ist er auch Mitgründer der „The Huffington Post“, jener durch und durch kommerziellen Onlinezeitung, die trotzdem den Pulitzer-Preis gewann. Nach seinem Ausstieg bei „The Huffington Post“ widmete sich Peretti ganz seinem Projekt „BuzzFeed“, das er – mit nicht ganz unbescheidenem Pathos – als „die Reinkarnation meiner frühen Versuche“ bezeichnet, dass „die Verbreitung von Inhalten auf ihrer Viralität basieren sollte“. Immer geht es also darum, dass Neuigkeiten und Werbung in einer Art Schneeballsystem die Lesenden animieren, die Inhalte mit Freunden und Bekannten zu teilen. Weshalb das ganze Projekt bisweilen eher wie ein soziologisches Experiment anmutet, denn als Vision eines seriösen Medienunternehmens. Da passt es, dass im Rahmen von „BuzzFeed“ eine Software entwickelt wurde, die überwacht, was Menschen in Blogs teilen. Wurden dadurch lediglich Trends ausgewertet oder auch private Vorlieben erschnüffelt?
„BuzzFeed“ zeichnete sich anfänglich durch häufige Verwendung sogenannter „Listicles“ aus. Listicle, eine Zusammensetzung aus „list“ und „article“, kommt in der Gewandung eines normalen Artikels daher, besteht aber hauptsächlich aus einer Liste und erwähnt diese numerische Auflistung bereits im Titel. Doch inzwischen versucht sich das Unternehmen auch in ernstem Journalismus. Inzwischen arbeiten 400 Mitarbeiter für „BuzzFeed“, davon 180 in der Redaktion. Büros in Los Angeles und London wurden eingerichtet, Reporter berichten aus dem Ausland, aktuell beispielsweise aus Kiew.
Schon jetzt verzeichnet „BuzzFeed“ monatlich eine Million Nutzer in Deutschland. Grund genug, den deutschen Markt zu erobern. Das deutsche „BuzzFeed“ soll anfänglich noch als Mischung aus englischen Beiträgen, deutschen Übersetzungen und eigenen Inhalten dargestellt werden. Liebhabern der gehobenen Sprachkultur wird „BuzzFeed“ eher nicht entgegenkommen, dabei gehören rudimentäre Sprachcodes wie „LOL” (laut lachend) oder „omg“ (Oh mein Gott) längst zur Alltagssprache des globalen Dorfes. Der deutsche Markt sollte für „BuzzFeed“ also nicht schwer zu erobern sein. Den 40-jährigen Hip-Hop-Fan Jonah Peretti wird es freuen.