Knapp zehn Jahre nach dem Kinostart des ersten Harry Potter-Filmes „Harry Potter und der Stein der Weisen“ im November 2001 wurde mit „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes. Teil 2“ (DT vom 14. Juli) ein Langzeitprojekt abgeschlossen, das in der schnelllebigen Kinowelt seinesgleichen sucht.
Am Anfang stand ein (allzu) spielerischer Umgang mit der Zauberei in der Hogwarts-Schule, die in den ersten zwei Filmen unter der Regie von Chris Columbus in, von John Williams' verspielter Musik unterstützt, bunte Bilder visuell umgesetzt wurde. Gerade diese Betonung der in Hogwarts zu erlernenden „Magie“ gab in gewissen katholischen Kreisen Anlass zu der Sorge, Harry Potter verführe spielerisch zur Magie und fülle die kindliche Phantasie mit Bildern einer Welt an, in der das Böse als erstrebenswert dargestellt werde.
Für die Verfilmung des dritten Bandes „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ (2004) dämpfte jedoch Regisseur Alfonso Cuarón bereits die Farbigkeit der Bilder. Deren eindeutig düsterer Charakter, der sich ebenfalls in der Musik von John Williams niederschlug, wurde von Regisseur Mike Newell für den vierten Film „Harry Potter und der Feuerkelch“ (2005) übernommen. Zauberei oder Magie spielten in diesen zwei Filmen eine untergeordnete Rolle – hier standen reale Probleme der Pubertät im Vordergrund.
Der größte Umbruch fand indes mit Regisseur David Yates statt, der seit „Harry Potter und der Orden des Phönix“ (2007) bei den vier letzten Potter-Filmen Regie führte. Kameraführung und Produktionsdesign erinnerten immer mehr an die Verfilmungen von Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Der epische Ton lehnte sich an den apokalyptischen Endkampf gegen den „Herrn der Ringe“ Sauron an.
Die Ähnlichkeiten betreffen auch den Inhalt: Zerstörte Frodo mit der tatkräftigen Hilfe seines Freundes Sam den Einen Ring, so widersetzt sich Harry Potter der Versuchung, den mächtigsten Zauberstab für sich zu behalten. Obwohl die Erlösungsbedürftigkeit der Menschen nicht so deutlich zu Tage tritt wie in Tolkiens Welt, zeichnet sich der Kampf Gut gegen Böse im Harry-Potter-Universum ebenfalls durch christlich inspirierte Elemente aus.
Über Harrys Bereitschaft hinaus, den eigenen Tod in Kauf zu nehmen, wird dies in der besonderen Beziehung zwischen Harry und Voldemort unmissverständlich: Sie kann als Sinnbild dafür gelten, dass sich die Überwindung des Bösen nicht auf den Kampf gegen äußere Feinden beschränkt, sondern auch die Auseinandersetzung mit den eigenen bösen Neigungen einschließt. Durch alle Harry-Potter-Bücher und -Filme zieht sich ein immer wiederkehrender Hauptgedanke: In seinem aussichtslosen Kampf gegen den übermächtigen Feind kann Harry auf den Beistand und die Liebe seiner Eltern zählen. Die Liebe trägt ihn, weil der böse Widersacher nichts davon versteht. Was als bedenkliche Magie-Spielerei begann, erweist sich in der Rückschau als tiefgründige Metapher für den Kampf gegen das Böse... mit unmissverständlich christlich geprägtem Gedankengut.
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