Unsere Welt scheint sich in einem anhaltenden Ausnahmezustand zu befinden. Corona, Katastrophen, Krieg: an Nachrichten, die wir vor einiger Zeit nicht für möglich gehalten hätten, haben wir uns längst gewöhnt. Nach einigen friedlichen Jahrzehnten ist sogar von der Gefahr eines Atomkonflikts wieder die Rede. Die Inflation, Energiekrise und gesellschaftliche Spannungen machen sich in unserem Alltag bemerkbar. Die Stimmung der achtziger und neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erscheint uns zunehmend wie eine Märchenidylle.
„Wir brauchen dringend den Dialog. Nur weil es uns der linke Mainstream vormacht,
müssen wir dieses Spiel der gegenseitigen Gehässigkeit nicht mitmachen.
Kulturkampf ja, aber nicht mit Mistgabeln“
Eine natürliche Reaktion auf diese Umstände ist die Verhärtung des Diskurses und der Herzen, die bisweilen zur Isolation und einem „Sektendenken“ führen kann. Doch eigentlich sollten wir gerade in diesen Zeiten dem Dialog und Verständnis füreinander mehr Aufmerksamkeit schenken. So banal es auch klingt. In Zeiten moralischer Krisen keine Partei ergreifen zu wollen, ist ein Weg in die Hölle – heißt es nach Dante.
Deshalb ist es wichtig eine Haltung zu haben und diese zu verteidigen. Dies sollte jedoch nicht dazu führen, dass wir befeindete Lager in unseren Familien, Gemeinschaften und Ländern aufbauen. Die ohnehin polarisierte Gesellschaft braucht nicht noch mehr „Mauern“. Der Papst des Dialogs, Johannes Paul II., formulierte diesen Aufruf als einen nach der „Zivilisation der Liebe und der Wahrheit“. Insbesondere junge Menschen sollen zu „Baumeistern“ dieser Zivilisation werden.
Mit zerstörerischen Aktionen alle Grenzen überschreiten
Wenn ich mich umsehe, gibt es hier noch viel Luft nach oben. Die Klimafanatiker, die berühmte Kunstwerke attackieren und an den Straßen festkleben, können als ein negatives Extrembeispiel dienen. Den „heiligen Eifer“ dahinter könnte man noch verstehen, die zerstörerischen Aktionen aber überschreiten alle Grenzen. Ihrem Anliegen erweisen die Klimaeiferer damit keinen guten Dienst.
Ob die „Generation Z“ oder „Millennials“: da die gesellschaftlichen Strukturen wackeln und vieles unsicher erscheint, will man irgendwo dazugehören, wo es einen festen Grund gibt. Die „Identitäts-Stempel“ links und rechts des politischen und religiösen Spektrums geben ein Gefühl der Zugehörigkeit und Sicherheit. Das ist auch gut so, wenn man dann nicht aufhört zu differenzieren und für andere offen zu sein. Denn oft fürchtet man das „Grau“ und den Dialog mit anderen, weil es unbequem ist, die eigene Komfortzone zu verlassen.
Sich nicht der unanständigen Methoden der Gegner bedienen
Für manche Linke ist ein Konservativer beinahe ein „Rechtsextremist“, wenn nicht mittlerweile sogar ein „Nazi“; manche Abtreibungsgegner jedoch scheuen inzwischen nicht davor zurück, säkulare „Pro-Choice“-Befürworter sehr forsch als „Mörder“ zu brandmarken. Es ist so viel einfacher – bringt uns bloß nicht voran. Wir brauchen dringend den Dialog. Nur weil es uns der linke Mainstream vormacht, müssen wir dieses Spiel der gegenseitigen Gehässigkeit nicht mitmachen. Kulturkampf ja, aber nicht mit Mistgabeln. Das Wahre, Schöne und Gute in einer nihilistischen und desorientierten Welt zu verteidigen braucht Mut, aber vor allem Feingefühl und Liebe. Weihnachten wäre eine passende Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
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