DER DICKE HUND: Wissenschafts- fakenews 2017 und KIKA–Gate

Verschwörungstheorien gehören zu den typischen Erscheinungen des Internet. Von Josef Bordat
Wissenschafts- fakenews 2017 und KIKA–Gate - DER DICKE HUND

Verschwörungstheorien gehören zu den typischen Erscheinungen des Internet. Nicht, dass ich meinte, es habe irgendeinen Sinn, Verschwörungstheoretiker von ihrer Verschwörungstheorie abzubringen, aber vielleicht hat es ja Sinn, diejenigen, die allzu leichtfertig einer solchen Kopfgeburt Glauben schenken (schon, weil es manchmal angenehm ist, daran zu glauben), daran zu erinnern, dass sie unter Umständen auch falsch liegen könnten. Leider. Denn freilich wäre es schön, wenn es keinen Klimawandel gäbe und Krebs nichts weiter wäre als eine Erfindung der Pharmaindustrie. Man glaubt eben gern, was sich gut anhört. So, wie die Nachricht von einem „Tarnumhang“, der den Träger unsichtbar mache. Angeblich eine militärische Entwicklung, hieß es dazu in einem Video von „Mr. Chen“, das im chinesischen sozialen Netzwerk „Weibo“ von über 20 Millionen Usern gesehen wurde. Selbst Fokus Online berichtete am 9. Dezember, klärte auf: Alles Unsinn! Der Produzent der Videoproduktionsfirma „Quantum Video Production“, Zhu Zhensong, habe zugegeben, den Effekt mithilfe von Videobearbeitungsprogrammen erzeugt zu haben. Einen Tarnumhang gebe es nicht. Wäre ja auch ein dicker Hund gewesen, so ein Mantel, der unsichtbar macht!

Dass eine KIKA-Doku mal für Aufsehen sorgen würde, gehört trotz des durchschnittlich hohen Erregungsniveaus in unserer Gesellschaft eher zu den unwahrscheinlicheren Ereignissen. Jetzt ist es passiert. Worum geht es? In der Dokumentation des Kinderkanals von ARD und ZDF mit dem Titel „Malvina, Diaa und die Liebe“ geht es um die Beziehung zwischen einem syrischen Flüchtling und einem Mädchen aus Fulda. Ergo: Es hat etwas mit dem Islam zu tun. Es geht eine Etage tiefschichtiger um die Gestaltung dieser Beziehung vor dem Hintergrund der kulturellen und religiösen Differenzen. Die Doku erschien im Rahmen des Themenschwerpunkts „Respekt für meine Rechte! – Gemeinsam leben“. Im Film versucht Muslim Diaa die Christin Malvina zur Konversion zu überreden, was diese jedoch ablehnt – mit Hinweis auf ihren christlichen Glauben. Auf Schweinefleisch hingegen verzichte sie fortan aus Liebe, ein Kopftuch wolle sie hingegen nicht tragen. Ein durchaus differenzierter Umgang mit den Forderungen des neuen Freundes aus der Fremde, für die Gesellschaft kein schlechter Anschauungsunterricht. Dennoch regt sich Kritik: Am Alter der Darsteller, an dem Umstand, dass Diaa die Facebook-Fanseite des deutschen Salafisten Pierre Vogel geliked haben soll, an der Art und Weise, wie KIKA mit Kritik umgeht. Nämlich erst mal gar nicht, sondern mit stillschweigendem Ändern oder Löschen kritisierter Aspekte. Die entscheidende Frage lautet: Kann die Zielgruppe das Geschehen im Film einordnen? Politiker kritisieren, dass komplexe kulturelle Zusammenhänge auf der Ebene einer Teenagerliebe verhandelt werden, ohne pädagogische Begleitung. Die AfD vermutet gar eine versuchte „Indoktrination“ der Öffentlich-Rechtlichen. Einige Medienpädagogen verweisen unterdessen darauf, dass die Stärke der Doku gerade in der selbstbewussten Malvina liege, die gegenüber der peer-group vor dem Bildschirm unsere Werte besser vertritt und verteidigt, als das eine erwachsene Erklärstimme mit verbal erhobenem Zeigefinger je könnte. Bleibt der ungeschickte Umgang des Senders mit Kritik. Dass dieser sich erst bewegte, als der öffentliche Druck zu groß wurde, ist ein dicker Hund.

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