Pop-Ikone

Das Phänomen Madonna begeistert die Musikwelt

Rebellion mit Katholizismus: Ein Popstar zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Sängerin Madonna
Foto: dpa | So züchtig wie bei diesem PR-Auftritt sah man die amerikanische Pop-Diva Madonna in den vergangenen Jahrzehnten selten – aber es steht ihr.

Sie ist die Pop-Königin schlechthin. Jahrzehntelang „thronte“ sie an der Spitze der weltweiten Charts und prägte somit das Lebensgefühl von mehr als einer Generation: Madonna. Den popkulturellen Einfluss der blonden Italo-Amerikanerin aus Detroit kann man mit dem eines Elvis oder Michael Jackson vergleichen. Was macht Madonna so besonders und was trieb sie an, die zu werden, die sie heute ist?

Es wäre zu kurz gegriffen, den einmaligen Erfolg und Einfluss Madonnas auf ihre rhythmischen Songs zu reduzieren. Die „Like a Virgin“- Interpretin verstand es, sich als ein Gesamtkunstwerk zu inszenieren: eine Power-Frau, ein Sex-idol, eine Mode-Ikone. Sie begeisterte stets mit extravaganten Bühnenauftritten und coolen Looks, in denen sie nicht nur als Sängerin, sondern auch als perfekt ausgebildete Tänzerin zum Ausdruck kam. Sie setzte sich damit in den 1980ern in einem von Männern beherrschten Geschäft durch.

„Gern brachte sie auch Religion und Erotik zusammen,
teilweise so hemmungslos, dass sich ein kirchlicher Protest gegen sie erhoben hat.
Einige Kardinäle sprachen sich für ihre Exkommunikation aus“

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Ihr Hit „Everybody“ landete in den Dance-Charts auf dem ersten Platz und die darauffolgenden Hits „Like a Virgin“ und „Material Girl“ gelten bis heute als Pop-Klassiker. Madonna gab sich mädchenhaft-feminin und selbstbestimmt-emanzipiert gleichzeitig. Eine Projektionsfläche für das männliche und ein Rollen-Vorbild für das weibliche Publikum. Sie gilt als die erste Frau im Showbusiness, die ihr Image und ihre Musik selbst kontrollierte. Immer wieder hat es die Pop-Queen geschafft, mit ihrem häufigen Stil-Wechsel den Diskurs über ihr Äußeres aufrechtzuerhalten und mitzubestimmen.

Das setzt sie auch weiterhin durch. Seit es Instagram gibt, können sich Stars noch stärker so in der Öffentlichkeit inszenieren, wie sie gesehen werden wollen. Heute sind von Madonna vorwiegend perfekt gestylte Bilder von ihrem eigenen Instagram-Account zu sehen. Die mittlerweile 63-jährige Künstlerin will sich stets jugendlich-frisch zeigen, was bisweilen komisch wirkt. Wenn es nach einigen ihrer Fans geht, übertreibt es Madonna nicht nur mit Schönheitseingriffen, sondern auch mit der Bilderbearbeitung. Für alle, die sie für ihr neues Image kritisieren, hat sie eine einfache Antwort parat: „Deal with it!“. Im Grunde ist die Sängerin nur konsequent, hat sie sich doch über die Jahre hinweg fast chamäleonhaft dem Zeitgeist angepasst. Ja, sie hat ihn mit-erschaffen. Es liegt ihr fern, in die Vergangenheit zu schauen. Sie will die Zukunft prägen.

 

 

Die Hassliebe zum Christentum

So auch bei ihrem Auftritt 2019 beim Eurovision Song Contest, wo sie neben ihrem Hit „Like a Prayer“ auch den Song „Future“ sang. Für diese skurrile Show erntete sie selbst von ihren treuesten Fans viel Kritik und Häme. Madonna wirkte kurzatmig und traf die Töne eines ihrer berühmtesten Hits nicht. Mit einem pseudo-gregorianischen Chor und Gewand, konnte sie nicht an ihre spektakulären Shows in der Vergangenheit anknüpfen. Dort will sie offenbar auch nicht hin. „Nicht jeder kommt in die Zukunft, nicht jeder lernt aus der Vergangenheit“, sang sie im Song „Future“. Darin reflektiert sie darüber, was uns bevorsteht und dass nichts dauerhaft so bleibt, wie es ist. Wenn man sich dieses Video angesichts der kommenden Pandemie und des Ukraine-Krieges anschaut, resonieren diese Töne und Texte doch ganz anders.

Dabei ist die ganze Persönlichkeit Madonnas nicht von ihrer religiösen Prägung in der Kindheit und Jugend zu trennen. Madonna Louise Ciccone wurde in der Familie eines Italieners und einer Franko-Kanadierin geboren und katholisch erzogen. Benannt wurde sie nach ihrer Mutter, die an Brustkrebs starb, als Madonna nur fünf Jahre alt war. 1965 feierte sie ihre Erstkommunion und wurde zwei Jahre später gefirmt. Sie nahm bei ihrer Firmung den zusätzlichen Namen Veronica – nach der heiligen Veronika – als dritten Vornamen an. Sie besuchte katholische Schulen und wurde zeitweise in einer Klosterschule erzogen. Als junge Frau brach sie jedoch mit der Religion ihrer Eltern. Mit der Welt des Katholischen pflegt sie seitdem eine Art Hassliebe. Diesen Weg teilt sie mit vielen Frauen und Männern, die katholisch erzogen worden sind: ein lebenslanges Ausbrechen und Hadern mit der Religion, aber vor allem mit der Enge mancher Milieus in der Kirche.

Die religiöse Heimat noch nicht gefunden

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Religiöse und speziell katholische Symbole tauchen jedoch in ihrer musikalischen Karriere immer wieder auf. Ob in Songtexten, in Musikvideos oder Bühnenshows, überall sind religiöse Symbole zu finden. Den Song „Like a Prayer“ widmete die Sängerin ihrer verstorbenen Mutter, die ihr als eine fromme Frau im Gedächtnis blieb. Dieser Song gibt ein genuin spirituelles Erlebnis wieder. Wer nie eine solche Erfahrung machte, würde sie auch nicht beschreiben können. Dass Madonna ihre religiöse Suche nicht gänzlich aufgegeben hat, sieht man auch daran, dass sie sich bereits in den 1990ern dem Studium der Kabbala widmete und seitdem unter ihrem selbst gewählten Namen „Esther“ in Verbindung mit dem Kabbala-Zentrum steht und es auch finanziell unterstützt.

Seit Anfang ihrer kreativen Karriere provoziert Madonna mit sexuellen Anspielungen und erotischen Posen. Sie testet immer wieder die Grenzen aus. Gern brachte sie auch Religion und Erotik zusammen, teilweise so hemmungslos, dass sich ein kirchlicher Protest gegen sie erhoben hat. Einige Kardinäle sprachen sich für ihre Exkommunikation aus. Doch Madonna verunsicherte nichts davon, schließlich scheint sie diese Provokationen, die ihr nicht wenig Aufmerksamkeit brachten, zu genießen. Ganz im Sinne des US-amerikanischen Film-Regisseurs John Waters: „I thank God I was raised Catholic, so sex will always be dirty.“

Sechsfache Mutter auf der Suche nach genug Liebe

Neben ihrer Rolle als Immernoch-Sexbombe, ist die Pop-Diva im privaten eine fürsorgliche Mutter, die im Alltag praktisch denkt. Als sie sich bei ihrem Umzug nach Europa zwischen zwischen drei Städten entscheiden musste, wählte sie Lissabon, weil dort ihr Sohn David eine renommierte Fußball-Akademie besuchen konnte. Nicht zu vergessen: Madonna ist stolze sechsfache Mutter. Neben ihren zwei leiblichen Kindern Rocco und Lourdes, adoptierte sie noch vier Kinder aus Malawi.

Madonna bleibt nicht stehen. Sie entzieht sich von Anfang an den Erwartungen anderer und geht ihren Weg. Wer soll ihr dieses Erbe streitbar machen? Ihr dieses Jahr herausgegebenes Remix-Album trägt bezeichnenderweise den Namen „Finally Enough Love“. Auf Instagram postet sie dazu Videos ihrer tanzenden Kinder. Die Moden und Trends kommen und gehen, der Ruf nach der Liebe aber bleibt. Man kann Madonna nur wünschen, „endlich genug Liebe“ finden und teilen zu können.

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