Feuilleton

Christoph von Schmid: Geistlicher Bestseller-Autor

Kinderbücher: Christoph von Schmid zum 250. Geburtstag. Von Ulrich Nersinger
Denkmal Christoph von Schmids im mittelfränkischen Dinkelsbühl.
Foto: Nersinger | Denkmal Christoph von Schmids im mittelfränkischen Dinkelsbühl.

Der älteren Generation ist er in dankbarer Erinnerung – der in den Adelsstand erhobene Geistliche, Lehrer und Jugendschriftsteller Christoph von Schmid. Mehr als 100 Jahre lang gehörten seine Erzählungen zum Kanon der Jugendliteratur, sie faszinierten aber auch erwachsene Leser und wurden in 24 Sprachen übersetzt. Zu Schmids begeisterten Lesern gehörten unter anderem Adalbert Stifter, König Ludwig I. von Bayern, Golo Mann und Papst Paul VI. Geboren wurde der geistliche Bestseller-Autor am 15. August 1768 in der freien Reichsstadt Dinkelsbühl, er studierte an der Dillinger Universität Philosophie und Theologie und trat 1787 in das dortige Priesterseminar ein. Es waren unruhige Jahre, die Christoph Schmid dort verlebte. Das europäische Denken wurde von der Aufklärung beherrscht, die in weiten Teilen antikirchlich ausgerichtet war. Selbst ins Seminar bahnten sich die neuen Ideen ihren Weg. Aber Christoph und seine Mitstudenten hatten an Professor Johann Michael Sailer, den späteren Bischof von Regensburg, einen Mann an ihrer Seite, auf dessen gutes Urteilsvermögen sie bauen konnten. Sailer, Professor für Ethik und Pastoraltheologie, wies seinen Schülern den rechten Weg. Jene Elemente der Aufklärung, die mit dem Glauben in Übereinstimmung gebracht werden konnten, übernahm er, zeigte jedoch gleichzeitig seinen Schülern die Grenzen der Aufklärung auf. Besonders Christoph Schmid hatte Sailer viel zu verdanken. Der Professor wurde ihm ein väterlicher Freund, der sein Leben entscheidend beeinflusste und ihn zur Schriftstellerei führte. Sie blieben ein Leben lang enge Freunde.

Seine Hauptaufgabe war der Schulunterricht

1791 wurde Schmid zum Priester geweiht und trat wenig später seine erste Stelle an. Er wurde Kaplan in Nassenbeuren, einer kleinen Pfarrei nahe der Stadt Mindelheim. Dort verdiente er sich als Seelsorger die ersten Sporen und erwies sich als besonderer Freund der Kinder. Für sie dichtete er sein berühmtes Weihnachtslied „Ihr Kinderlein kommet“. Nach einem kurzen, aber glücklichen Zwischenspiel als Kaplan in Seeg wurde Schmid Seelsorger in Thannhausen. Seine Hauptaufgabe dort jedoch war der Schulunterricht. Schmid hatte durch Sailer eine für die damalige Zeit beachtliche pädagogische Vorbildung erhalten. Und: Sein Herz schlug für die Kinder. Bessere Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirken als Lehrer konnte es nicht geben. Und Schmid leistete hervorragende Arbeit.

Er schrieb eine Biblische Geschichte für den Unterricht, die in Bayern bis Anfang des 20. Jahrhunderts im Schulunterricht Verwendung fand. In späteren Jahren verfasste er sogar einen Katechismus, den Papst Gregor XVI. (1831–1846) für alle deutsche Diözesen empfahl. Zu Schmids wirksamstem pädagogischen Instrument wurden jedoch seine Geschichten. Zwar kamen zu seiner Zeit zahlreiche Kinderbücher auf den Markt, geschrieben aus dem Geist der Aufklärung heraus, doch Schmid vermisste in ihnen die religiöse Komponente. Und gerade die Öffnung der Herzen junger Menschen zu Gott lag ihm am Herzen. Seine Geschichten wurden ein großer Erfolg und machten den geistlichen Autor weithin bekannt.

Mit fast 60 Jahren wurde Schmid zum Domherrn im bayerischen Augsburg ernannt. Als Domherr war er zugleich Mitglied des Allgemeinen Bischöflichen Geistlichen Rates und des Bischöflichen Generalvikariats. Dazu übergab man ihm das Referat über die Schule und den Unterricht. Er musste als Regierungs- und Kreisschulrat jedes Jahr die Schulen seines Bezirks visitieren.

Trotz all dieser Verpflichtungen schrieb Schmid weiterhin seine Erzählungen, nutzte hierfür jede freie Minute, stand bereits um vier Uhr morgens auf. Und sein Ruhm wuchs weiter. Körbeweise erreichte ihn die Fanpost der Kinder. Seine Schriften wurden in zahlreiche europäische Sprachen übersetzt und fanden begeisterte Leser. So kamen auch immer wieder Besucher zum Domherrnhaus in der Karmelitergasse. Seine Tür stand allen offen. Schmid starb 1854 mit 86 Jahren an der Cholera – von einer großen Leserschar in aller Welt betrauert.

Seit einigen Jahren sind durch die Digitalisierung der älteren Literatur einige der Erzählungen von Schmid wieder erhältlich, sei es im Projekt Gutenberg 2000 oder als Print-on-Demand bei bei einem Internetanbieter und anderen Verlagen, die sich der „vergessenen“ Werke annehmen. Manche sind neu gesetzt, wie die von Michael Holzinger herausgegebenen, bei anderen wurde lediglich der Text eingelesen, was durch die alte deutsche Schrift leider zu zahlreichen Fehlern führt. Sogar Hörbuch-Ausgaben sind inzwischen erhältlich; in ihnen liegen die schönsten Erzählungen Christoph von Schmids in leicht gekürzter und sprachlich vorsichtig modernisierter Fassung vor.

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