Philosophie

Alice von Hildebrand ist gestorben

Ihre Art des Umgangs mit der Suche der Menschen nach der objektiven Wahheit fürhte zu vielen Konversionen - und das im liberalen New York.
Alice von Hildebrand, Katholikin mit Anziehungskraft
Foto: IN | Eine Katholikin mit Anziehungskraft und missionarischer Wirkung ist gestorben: Alice Hildebrand.

Ein damenhafter Feminismus zeichnete sie aus: Alice von Hildebrand, Philosophin und Ehefrau von Dietrich von Hildebrand, den sie fast 55 Jahre überlebte, bis sie jetzt, kurz vor ihrem 99. Geburtstag, mit ihm in der Ewigkeit wiedervereint sein wird. Alice Jourdain, 1923 in Brüssel geboren, kam als elfjähriges Mädchen mit Blaise Pascal in Berührung.

Nicht nur die Kühnheit des Denkens, sondern auch die Schönheit des Stils faszinierten sie und erweckten in ihr den Wunsch zu forschen, wohin die geistige Reise des Menschen führt. Im Alter von 17 Jahren floh sie in die USA, nachdem ihre Heimat okkupiert worden war. Es lag wohl im Zug der Zeit, dass Alice nach einem festen Stand im Geistigen suchte, wobei sie davon ausging, dass die Wahrheit nicht trügen kann.

„Alice hatte es nicht nötig zu betonen,
dass Frauen ebenso in den Geisteswissenschaften brillieren konnten wie Männer,
sie tat es einfach“

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Das Schicksal fügte es, dass sie den ebenfalls vor Hitler geflüchteten Philosophen Dietrich von Hildebrand (1889–1977) in New York kennenlernte, der ihr Doktor-Vater und 1959 auch ihr Mann wurde. Mitnichten wollte sie das Leben einer Professoren-Gattin führen, sondern strebte selber eine akademische Laufbahn an. Sie wurde die erste Frau, die an der City University Philosophie unterrichtete, 37 Jahre lang. Spezialisiert auf Philosophie-Geschichte erstaunte sie die Studenten – mitten im ultraliberalen New York – mit der klaren Überzeugung, dass es eine objektive Wahrheit gäbe und dass diese das Ziel jeder Form von Denken sein müsse.

Als ihr der Direktor eines katholischen College sagte, sie wäre doch besser bei ihm aufgehoben, widersprach sie – es sei besser, als Katholikin an einer staatlichen Institution zu wirken. Dutzende von Konversionen gingen auf ihr Konto. In einem Gespräch vor zwei Jahren legte sie Wert darauf, dass sie niemals aktiv für die Kirche eintrat – „das hätte man mir dort auch nicht erlaubt‘ – sondern jedes Mal, wenn ein Mensch aufrichtigen Herzens nach dem Ziel seiner Existenz frage, lande er bei Gott.

„Ein unaufdringlicher Katholizismus“

Diese unaufdringliche Form von katholischem Fundamentalismus nahm man ihr, auch ihrem Mann, ab, weil er von stetiger Gesprächsbereitschaft, Wissen und guten Manieren begleitet war. Alice hatte es nicht nötig zu betonen, dass Frauen ebenso in den Geisteswissenschaften brillieren konnten wie Männer, sie tat es einfach.

In New Rochelle, einer noblen Vorstadt von New York, kümmerte sie sich nach dem Tod ihres Mannes um dessen Nachlass, entdeckte ihre Begabung für „philosophical talks“ im Fernsehen und hielt ein gastfreundliches Haus. Wer sie besuchte, durfte sich ein, zwei Bücher aus der Bibliothek des Philosophen-Ehepaares mitnehmen.

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