Das Autonomieverständnis befindet sich im Wandel, wie der Moraltheologe Franz-Josef Bormann, der auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist, in der kommenden Ausgabe der Synodalbeilage „Welt&Kirche“ darlegt. So habe Immanuel Kant noch ein Autonomieverständnis entwickelt, das Freiheit und Vernunft mit Gemeinschaftsbezogenheit und Allgemeingültigkeit verband. Auf diese Weise habe der Philosoph das Autonomieverständnis vor verschiedenen Fehldeutungen sichern wollen.
Autonomie durch Individualismus geprägt
Inzwischen werde der Autonomiebegriff jedoch vor allem dazu genutzt, die Pluralisierungs- beziehungsweise Individualisierungsdynamiken moderner westlicher Gesellschaften voranzutreiben. Das zeige sich auch im moraltheologischen Diskurs, wo insbesondere im Bereich der Sexualmoral gefordert werde, die kirchlichen Positionen an die charakteristischen Wertoptionen einer weithin säkularisierten Mehrheitsgesellschaft und ihrer Handlungs- und Beziehungsformen anzupassen.
„Dazu bedienen sich verschiedene Autoren in der Regel eines Autonomieverständnisses, das sich grundlegend von der klassischen kantischen Konzeption unterscheidet: Es gilt eine rein negativ-emanzipatorische Imprägnierung des Freiheitsbegriffs, die vor allem auf die Loslösung von tradierten – insbesondere lehramtlichen – Normenbeständen ausgerichtet ist.“ Im Blick auf den Reformprozess des Synodalen Weges sei daher nicht nur zu fragen, ob wirklich die richtigen thematischen Schwerpunkte gesetzt würden, sondern sei auch zu prüfen, inwieweit sich die aktuell propagierten Reformvorstellungen tatsächlich noch auf dem Boden eines christlichen Menschenbildes bewegten. DT/ vwe
Welcher Streitpunkt den moraltheologischen Umgang der katholischen Kirche mit dem Autonomiebegriff nachhaltig prägte, lesen Sie in der Beilage Welt&Kirche der kommenden Tagespost-Ausgabe.