Der Präsident der Päpstlichen Missionswerke brachte es auf den Punkt: „Christus will über uns zu allen Menschen kommen.“ In seiner ebenso kurzen wie präzisen Predigt in der gotischen Abteikirche von Heiligenkreuz erklärte Erzbischof Giovanni Pietro Dal Toso in der Vorwoche, wozu es Päpstliche Missionswerke gibt: Mission brauche es, „damit alle Menschen ihr Glück in Christus finden“. Indem sie die Erkenntnis Christi vertiefen, könnten sie „ein gelungenes Leben hier erfahren, und das ewige Leben im Himmel“.
Dal Toso war kurzfristig für den philippinischen Kardinal Luis Antonio Tagle, den Propräfekten des vatikanischen Dikasteriums für Evangelisation, eingesprungen, der den Papst nach Bahrein begleiten durfte. Dort leben, wie der Abt des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz, Maximilian Heim, betonte, gut 80 000 Katholiken, die „anders als in Saudi-Arabien“ Glaubensfreiheit genießen. Am 22. Mai hatte Kardinal Tagle in Lyon die Seligsprechung von Pauline Marie Jaricot (1799-1862) gefeiert. In Heiligenkreuz befasste sich nun eine Festakademie mit der neuen Seligen, die vor zwei Jahrhunderten den Anstoß zur Gründung des „Werks der Glaubensverbreitung“ gab, woraus ein Jahrhundert später die „Päpstlichen Missionswerke“ erwuchsen.
Eine Frau, die wirklich Power besitzt
Eine „mutige Frau“ sei die Tochter eines reichen französischen Seidenfabrikanten gewesen, die „vor Liebe brannte und ein Genie der Organisation“ gewesen sei, so Abt Maximilian Heim. Pauline sei heute unbekannt, habe aber „das Potenzial, missionarische Begeisterung zu schenken“, meinte Österreichs Missio-Nationaldirektor Karl Wallner, der selbst mit 18 Jahren Zisterzienser in Heiligenkreuz wurde und bis vor wenigen Jahren die „Philosophisch-Theologische Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz“ leitete. Er stellte die neue Selige als „eine Frau, die wirklich Power besitzt und uns viel zu sagen hat“ vor. Als junge Laiin habe sie etwas begründet, was die Weltkirche bis heute präge, und einen „neuen Typ von Mission“ entwickelt, fernab des Kolonialismus.
„Unermüdlich“ sei Pauline gewesen, die 1822 im Alter von 23 Jahren das Werk der Glaubensverbreitung und 1826 den „Lebendigen Rosenkranz“ initiierte. Binnen weniger Jahre gelang es der jungen Frau aus Lyon, Millionen Franzosen dafür zu begeistern, für die Ausbreitung des Glaubens täglich zu beten und wöchentlich zu spenden. „Pauline war beides: Fundraiserin und Faithraiserin“, so Karl Wallner. „Fundraising ist das Instrument des Faithraising. Wir sind nicht Hilfswerke, sondern Missionswerke“, so der österreichische Missio-Chef zum Selbstverständnis seiner Organisation. In der Kirche seien Spenden nicht Almosen, sondern ein Dienst an der Einheit.
Auch heute notwendig und möglich: die Mission
Erzbischof Dal Toso erzählte bei der Festakademie in Heiligenkreuz, dass Pauline als Jugendliche eine mystische Erfahrung gehabt habe. Christus habe sie gefragt, ob sie bereit sei, so zu leiden und zu sterben wie er. „Das ist vielleicht die Wurzel für die Beständigkeit ihres Werks“, meinte der Präsident der Päpstlichen Missionswerke, der zugleich Sekretär des Dikasteriums für Evangelisation ist. Missionar zu sein bedeute, den Weg Christi zu gehen. „Christus ist der Missionar des Vaters. Der Missionar trägt in sich die Züge des leidenden Christus“, denn Unverständnis und Widerstände gehörten zu seinem Wirken, so Erzbischof Dal Toso. So bezeuge der Missionar, dass das Leid einen Platz im Plan Gottes habe und Frucht trage für die Erlösung der Welt. Dal Toso betonte, dass heute viele Familien berufen seien, als Missionare in der Welt zu wirken. „Mission ist auch heute möglich und notwendig. Sie belebt die Kirche, weil die Kirche ihren Wesen nach missionarisch ist.“
Der Rektor der Heiligenkreuzer Hochschule, Wolfgang Buchmüller, erinnerte daran, dass die Mönchsorden historisch betrachtet die erfolgreichsten Missionare Europas waren. Heute würden engagierte Laien die Kirche daran erinnern, worin ihre Verpflichtung in der Glaubensweitergabe besteht. „Mission bedeutet, blinde Augen zu öffnen und ein Licht zu sein für die Nationen“, sagte der Journalist und Buchautor Hubert Gaisbauer in einer Laudatio auf die neue Selige. Bei Pauline Marie Jaricot sei die spirituelle Berufung untrennbar verbunden gewesen mit sozialem Engagement: „Eine visionäre, sozial tatkräftige, tief spirituelle Frau!“ Der katholischen Soziallehre sei sie vorausgeeilt. In der spirituellen und materiellen Unterstützung für die Missionare sei es ihr um die „Heilung der Seelen“ gegangen.
Missio-Mitarbeiterin Gabriela Wozniak erklärte den Anspruch der seligen Pauline, der Gesamtkirche helfen zu wollen. „Das Heroischste an ihr war ihr absoluter Gehorsam gegenüber der Kirche.“ Pauline habe stets ihre geistlichen Begleiter und Bischöfe befragt, sei aber innerkirchlich Neid und Intrigen ausgesetzt gewesen. Aus ihrer Treue sei eine geistliche Fruchtbarkeit erwachsen. Mit Selbstbewusstsein und Opferbereitschaft habe Pauline Marie Jaricot Berge und Täler durchschritten, meinte Missio-Mitarbeiterin Anne Fleck. „Die Kreuzesnachfolge hört nie auf!“
Preisverleihung an Missionare von heute
Dem Wunsch von Papst Franziskus, stille, oft unbekannte missionarische Persönlichkeiten bekannt zu machen, folgte Missio Österreich am Donnerstagabend in Wien mit der Verleihung eines „Austria on Mission-Awards“ in vier Kategorien. Anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Päpstlichen Missionswerke würdigte Bundespräsident Alexander van der Bellen die österreichischen Missionare in aller Welt: „Sie setzen sich weltweit für Gerechtigkeit und Würde ein und stellen ihr Leben in den Dienst der Nächstenliebe.“ Diesem Dank schloss sich seitens der Bischofskonferenz Bischof Werner Freistetter an, der bezeugte, dass die Botschaft des Evangeliums „überraschende Wege in die Herzen der Menschen“ finde. Es sei „ermutigend, die Vielfalt der Kirche in verschiedenen Ländern zu erleben“.
Den „Emil“ genannten Award in der Kategorie „Star of Mission“ erhielt der Grazer Anton Stadler, der in Südafrika seit dem Ende der Apartheit Hilfsprojekte, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen fördert und Missionare in vielen Ländern unterstützt. Mit dem Emil in der Kategorie „Missionary in Austria“ ehrten die Missionswerke Bruder Georg Schwarz von der Gemeinschaft Cenacolo, der Alkohol- und Drogensüchtigen mit Arbeit, Gebet und Gemeinschaft aus der Sucht zu einem Leben in Würde verhilft. „Das Notwendige erbeten wir uns von Gott“, sagte Schwarz zu seinem Verständnis von Vorsehung. „Gott ist immer treu geblieben!“
Der Preis in der Kategorie „Missionary from Austria“ war bereits im Mai an den Salesianer Johann Kiesling verliehen worden, der noch mit 88 Jahren für die Menschen im Kongo wirkt. Der Emil „Hero of Charity“ ging an die Ordensobere der Schwestern vom Guten Hirten in Kolwezi im Süden des Kongo, Jane Wainoi. Sie kämpft unter schwierigsten Bedingungen gegen die Ausbeutung von Kindern in den Kobalt-Minen, gegen moderne Sklaverei, Prostitution und häusliche Gewalt. Kolwezi sei „ein Vorort der Hölle“ berichtete der Chefredakteur des Missio-Magazins „alle welt“, Christoph Lehermayr, der vor Ort recherchiert hatte. Unter Lebensgefahr würden hier Menschen, darunter viele Kinder, Kobalt schürfen für die Smartphones, Laptops und E-Autos weltweit. Nach Angaben von Missio konnte Schwester Jane Wainoi bereits 3.500 Kindern den Ausstieg aus der Arbeit in den Minen ermöglichen und ihnen Bildungswege öffnen.
Mit der Jubiläumsgala in Wien ging für die Päpstlichen Missionswerke ein Festreigen zum hundertjährigen Bestehen zu Ende. Missio-Nationaldirektor Pater Karl Wallner erklärte am Ende der Gala jedoch 2023 zu einem Pauline-Jaricot-Jahr. „Wir hoffen, dass es uns gelingt, Österreich für die Weltmission zu begeistern“, so Karl Wallner.
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