Der ÖKT hat Beklemmungen in der Weltkirche geweckt statt christliche Hoffnung. Dass sich die fremdsprachigen Gemeinden zurückhielten, sagt viel über die nationale Aura aus, die über der Veranstaltung lag. In nicht wenigen Stimmen, die vier Tage lang in Frankfurt zu hören waren, paarte sich Selbstgefälligkeit mit einer gehörigen Portion Arroganz gegenüber dem vermeintlich rückständigen Rest der Katholiken. Angesichts halbleerer Sonntagsmessen und Seminare erstaunte die Selbsteinschätzung einer Ortskirche, die meint, selbst weiter zu sein als andere. Wie ein basso continuo zog sich die Banalisierung des Religiösen durch die Podien.
Mit Vernunft und Glaube unvereinbare Haltung
Diese mit Vernunft und Glaube unvereinbare Haltung kommt um Ausdruck in dem Bild vom „katholischen Herz, das vor Ort weiter ist als die strengen Regeln der Kirchenrechts“ (Thomas Söding, Neutestamentler). Insofern stellte der ÖKT einen Tiefpunkt der Ökumene dar: Das, was katholischen und orthodoxen Gläubigen das Heiligste ist – die Eucharistie – wurde zum Gegenstand kirchenpolitischer Machtkämpfe entwürdigt. Selbst in progressiven Kreisen blieb der erwartete Jubel über die gemeinsame Mahlfeier aus. Man braucht dort keine Vordenker für das, was in vielen katholischen Gemeinden seit Jahren oft weitgehend unreflektiert praktiziert wird. Das Leitwort „schaut hin“ kennzeichnete einen Selbstwiderspruch: Wozu hinschauen, wenn man das Vorgeführte zu Genüge aus eigener Beobachtung kennt?
Unter den nichtkatholischen Teilnehmern fielen zwei Einzelstimmen auf: Der griechisch-orthodoxe Erzpriester Martinos Petzolt sprach die Vorbereitung auf den Empfang der Eucharistie an. Dieses wichtige Thema ist aus der katholischen Predigt und Katechese landauf, landab verschwunden und wird von der Maxime „Gott lädt alle ein“ verdrängt. Was objektivierbar ist, soll aber nicht hinter subjektiven Gefühlen zurücktreten müssen: Fasten beziehungsweise Nüchternheit, Versöhnung, Gebet, Beichte standen in diesem orthodoxen Glaubenszeugnis im Raum – kein Katholik brachte auf einem Podium diesen Mut.
Bedenkenswert wirkte vor der Folie des Synodalen Wegs und des so genannten Predigerinnentags, der am Montag in einigen Kirchen stattfand, auch die Erfahrung der evangelisch-lutherischen Erzbischöfin von Uppsala, Antje Jackelen. Sie warnte vor naiven Erwartungen der Frauen an kirchliche Ämter. Ein hoher Anteil von Frauen im Pfarramt garantiere noch keine Gleichberechtigung.
Wer das Geschehen in Kirchenkreisen mitbestimmen will, braucht weder Weiheamt noch Mitra
Obwohl die schwedische Kirche mittlerweile mehr Klerikerinnen als Kleriker zählt, seien die Männer weiterhin in den Positionen in der Mehrheit, in denen es um Finanzentscheidungen und Macht gehe. Zieht man die Linien von Schweden nach Deutschland aus, kann man die Machtfrage in Deutschland getrost von der Frage der Weiheämter abkoppeln. Wer das Geschehen in Kirchenkreisen mitbestimmen will, braucht weder Weiheamt noch Mitra, sondern eine leitende Stelle in einer Bischöflichen Finanzkammer oder in der Geschäftsführung eines Spendenhilfswerks. Kein Jota des Kirchenrechts und des Katechismus müsste geändert werden, um Frauen auf einem Chefposten bei Missio, Misereor, den Finanzkammern reicher Erzbistümer sowie anderen Global Playern zu platzieren, die dem nach wie vor finanzstarken deutschen Katholizismus Einfluss in der Weltkirche verschaffen. Der leidige Kampf um das Weiheamt lohnt sich nachweislich nicht.
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