Berlin/Würzburg

Mehr Gottesdienste als üblich anbieten

Der Leiter des Katholischen Büros Berlin, Prälat Karl Jüsten, über die Öffnung des kirchlichen Lebens.
Prälat Karl Jüsten
Foto: Tim Brakemeier (dpa) | Er hoffe, "dass bald wieder Gottesdienst unter Berücksichtigung der möglichen Gefahren zulässig sind", so Prälat Karl Jüsten.

Herr Prälat, Sachsen hat als erstes deutsches Bundesland hat wieder Gottesdienste unter Auflagen zugelassen. Wenn der Präsident der Bundesärztekammer für die Fortsetzung der Kontaktbeschränkung bis zum 3. Mai keine konkrete wissenschaftliche oder medizinische Grundlage sieht   woran scheitert eine bundesweite Öffnung der Liturgie?

Man hat Angst, dass in Gottesdiensten das Virus übertragen werden könnte. Das gilt sicher generell für Zusammenkünfte mehrerer Menschen. Ich hoffe aber, dass bald wieder Gottesdienst unter Berücksichtigung der möglichen Gefahren zulässig sind.

Die Bundeskanzlerin klagt über "Öffnungsdiskussionsorgien". Muss sich die Kirche angesprochen fühlen?

Ich glaube nicht, dass die Pfarrerstochter das auf die Kirchen bezogen hat. Karlsruhe hatte vor Ostern mit Bezug auf das Gottesdienstverbot von einem "überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit" gesprochen. Das Verbot müsse bei jeder Verlängerung der zunächst bis 19. April befristeten Verordnung streng darauf geprüft werden, ob eine Lockerung unter Auflagen möglich sei.

"Die Kirchen haben aus Verantwortung und
Nächstenliebe gehandelt. Allein das ist handlungsleitend"

Täuscht der Eindruck, dass die Kirche mit dieser Steilvorlage nichts anzufangen wussten?

Im Gegenteil - wir haben nicht zuletzt diese Entscheidung im Nachgang zu dem unglücklich formulierten Beschluss von Bund und Ländern zum Anlass genommen, um im Gespräch mit Vertretern von Bund und Ländern auf zeitnahe Lockerungen nach Maßgabe des Infektionsschutzes hinzuwirken. Die Dynamik der Debatte mittlerweile zeigt, dass wir hier einen richtigen Punkt gemacht haben.  Da war aber bereits der Eindruck entstanden, die Kirchen gingen in vorauseilendem Gehorsam voran. Die Kirchen haben aus Verantwortung und Nächstenliebe gehandelt. Allein das ist handlungsleitend.

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Warum können dann Christen, denen die Vermeidung der Ansteckung dezidiert ein Anliegen ist, die Gleichung Gotteshaus = Coronahotspot nicht nachvollziehen? Viele Kirchen sind halbleer. Der ZdK-Präsident hat am Sonntag vorgeschlagen, mehr Messen zu feiern. Warum hat man diese Möglichkeit nicht von Anfang an ins Auge gefasst?

Wenn Gottesdienste nun wieder öffentlich gefeiert werden können, wird das nur unter strengen organisatorischen und hygienischen Voraussetzungen gehen. Das müssen wir erst einmal sicherstellen.  Das ist nicht trivial. Aber sicher kann ein Weg darin bestehen, mehr Gottesdienste als üblich anzubieten.

Stichwort Ökumene: Der vormalige EKD Ratsvorsitzende Wolfgang Huber sprach im Deutschlandfunk angesichts der Wünsche in der katholischen Kirche, das Gottesdienstverbot zu lockern, von einem "wehleidigen Ton". Wird die Coronakrise zur ökumenischen Belastung?

Das glaube ich nicht. Nur wird die unterschiedliche Bedeutung der Gottesdienste in den Konfessionen an dieser Stelle offenkundiger.

"Jede Religionsgemeinschaft muss für sich
die Anforderungen des Gesundheits- und Infektionsschutzes erfüllen.
Da gelten für alle dieselben Regeln"

Dass die Lockerung des Gottesdienstverbots just vor Beginn des Ramadan debattiert wurde wirft aber Fragen auf. Ist das Fasten der Muslime ein größeres Politikum ist als das Osterfest der Christen?

Beim Gespräch im Bundesinnenministerium am Freitag zeigte sich der Vertreter des Koordinierungsrates der Muslime außerordentlich besonnen. Es ging nicht darum, eine Religionsgemeinschaft zu bevorzugen. Jede Religionsgemeinschaft muss für sich die Anforderungen des Gesundheits- und Infektionsschutzes erfüllen. Da gelten für alle dieselben Regeln.

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