Wie die Zeit vergeht: Am Samstag jährt sich die Ermordung Maximilian Kolbes durch die Nazis zum 80. Mal. Von Katholiken wird der Franziskanerpater, der freiwillig anstelle eines polnischen Familienvaters im KZ Auschwitz in den Tod ging, im Hungerbunker an einer Phenolspritze starb und 1982 heiliggesprochen wurde, seit vielen Jahren als „Motor und Patron der Versöhnung“ (Johannes Paul II.) verehrt.
Der Heilige steht für die Versöhnung zwischen Polen und Deutschland
Der Bamberger Hirte Ludwig Schick fand auch in diesem Jahr – in seiner Funktion als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz und Vorsitzender des Stiftungsrats der Maximilian-Kolbe-Stiftung – die richtigen, anerkennenden Worte für den katholischen Heiligen und Märtyrer. Die Verehrung von Kolbe, zitiert KNA den Erzbischof, mache deutlich, „dass wir eine lange Strecke der Versöhnung zwischen Polen und Deutschen und des Friedens im Geist des Evangeliums zurückgelegt haben“. Gut, dass Schick die Erinnerung an Kolbe auf vernünftige Weise lebendig hält. In Polen, der Heimat Kolbes, wo er vermutlich am 7. Januar 1894 in Zdunska Wola zur Welt kam, werden aufgrund der Corona-Pandemie aber nur eingeschränkt Feierlichkeiten stattfinden können.
Kolbe gründete Zeitschrift, die bis heute produziert wird
Ein wichtiger Veranstaltungsort ist dabei die von Kolbe gegründete Ordensstadt Niepokalanów bei Warschau, wo die legendäre, vor fast 100 Jahren von Kolbe als Evangelisationsmedium gegründete Zeitschrift „Der Ritter der Unbefleckten“ (Rycerz Niepokalanej) immer noch produziert wird. Wenn auch nicht besonders spektakulär, was ja kein schlechtes Zeichen sein muss.
Der zweite Hauptveranstaltungsort ist Auschwitz (pl. Oswiecim), wo seit Mittwoch ein europäischer Workshop der Maximilian-Kolbe-Stiftung stattfindet – unter dem Motto: „Gemeinsam von Auschwitz lernen – Beziehungen konstruktiv gestalten“. 30 Teilnehmer aus elf europäischen Ländern beschäftigen sich mit den „bis heute andauernden Prägungen und Verletzungen“, die „von Auschwitz und dem Zweiten Weltkrieg ausgehen“.
Er schoss in seinem Eifer manchmal über das Ziel hinaus
Ein spannendes Thema, gerade in dieser Zeit, in welcher auch in der Kirche viele Aggressionen hervortreten, das Geschichtsbewusstsein zu schwinden scheint. Doch woran liegt es, dass Maximilian Kolbe bis heute fasziniert? War es seine leidenschaftliche, geradezu fanatisch wirkende Hingabe an die Immakulata, die Unbefleckte Empfängnis, in die er als rastloser Medienapostel sein ganzes Vertrauen setzte, was ihn bis nach Japan führte? War es seine Willensstärke, die ihn trotz schwacher physischer Gesundheit stets zum Weitermachen antrieb? Man darf, bei allem Respekt vor seinem großen Glaubenszeugnis und seiner maximalen Hingabebereitschaft nicht übersehen, dass Kolbe manchmal über das Ziel hinausschoß. Als Ziel der Militia Immaculatae („Ritterschaft der Unbefleckten“), die er als Student in Rom gründete, legte er fest: „Wir wollen Sünder bekehren, Häretiker, Schismatiker, Juden und besonders die Freimaurer.“ Sehr harsche Formulierungen, die nach dem Konzil überarbeitet wurden – jedenfalls in der offiziellen polnischen Ritterschaft.
Man kann aber nicht sagen, dass Maximilian Kolbe ein Antisemit war. Dies zeigt die Tatsache, dass er 2 300 Juden in Niepokalanów Unterschlupf bot. Sein Engagement für die Menschenrechte war ein Grund, wieso die Nazis ihn festnahmen. Insofern eignet er sich wirklich bestens als Motor und Patron der Versöhnung – zwischen allen Menschen und Religionen. Er starb als Menschenfreund.
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