Am 20. Juli hat die in Spanien seit Juni 2018 regierende Koalition aus der sozialistischen Partei PSOE und der ultralinken „Podemos“-Partei den Entwurf zu einem „Gesetz zur demokratischen Erinnerung“ genehmigt, der nun an das Parlament verwiesen wird.
Der Gesetzentwurf zielt unter anderem darauf ab, den religiösen Charakter des sogenannten „Tals der Gefallenen“ abzuschaffen, und das Ensemble mit der Benediktinerabtei vom Heiligen Kreuz „umzuwidmen“. Es soll zu einer Gedenkstätte mit dem Zweck werden, „die Erinnerung an die Vertreter der Geschichte der spanischen Demokratie zu erhalten.“ Soll die Regierung derzeit nicht erwägen, das 152 Meter hohe und 46 Meter breite Kreuz aus Beton – das höchste freistehende Kreuz der Welt – zu entfernen, so soll doch „die Stiftung des Heiligen Kreuzes vom Tal der Gefallenen“ für erloschen erklärt werden. Damit wird die Anwesenheit der Benediktiner in Frage gestellt.
Wem wird die Betreuung der Kirche anvertraut?
In der Zeitung „El Mundo“ geht Sandra del Estal davon aus, dass das Erlöschen der Stiftung „de facto den Weggang der Benediktinermönche aus der Basilika zur Folge haben“ werde. In „el diario.es“ zitiert Jesús Bastante „regierungsnahe Quellen“, die den „Fortbestand der Benediktiner“ für „unvereinbar mit den demokratischen und verfassungsmäßigen Werten und mit den neuen Zielen des Tals“ halten.
Das neue Gesetz wird zwar das Dekret zur Gründung der Stiftung aufheben. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kirche entweiht werden solle, denn dazu hat nicht die Regierung, sondern der Erzbischof die Befugnis. Was wiederum bedeutet, dass der Erzbischof von Madrid, Kardinal Carlos Osoro, entscheiden kann, wem die Betreuung der Kirche im Tal der Gefallenen anvertraut werden soll, falls die Benediktiner das Tal wirklich verlassen müssen. Einige Quellen sprechen in diesem Zusammenhang von der Gemeinschaft Sant'Egidio.
Kardinal Osoro hat jedoch bislang die Anwesenheit der Benediktinermönche im Tal der Gefallenen verteidigt, die „immer für die Versöhnung und für alle Opfer gebetet haben“. Darüber hinaus mahnt der Prior der Benediktinerabtei Santiago Cantera dazu, „unseren Frieden und unsere Ruhe zu bewahren und auf den zu vertrauen, der unsere Stärke ist, Gott, unseren Herrn.“ Er räumt ein, dass das zukünftige Gesetz „sehr beunruhigend“ sein könnte, aber die Abtei hänge „nicht ausschließlich von der Stiftung“ ab: „Andere Rechtsgrundlagen können nicht einfach aufgehoben werden.“ Dem Vernehmen nach werden sich die Benediktiner auch mit juristischen Mitteln gegen eine Ausweisung zur Wehr setzen.
Neue "Kategorien von Opfern" schaffen
Die Hintergründe für die Abneigung der Regierung gegen die Benediktinerabtei hat José Francisco Serrano kürzlich in der spanischen Tageszeitung „Abc“ dargelegt: „Es ist eine geschichtliche Tatsache, dass das Mönchtum den Hass aller Kräfte auf sich gezogen hat, die im Laufe der Geschichte gegen die Kirche gewütet haben. Die geistliche Kraft eines dem Gebet, dem Gottesdienst und der Arbeit sowie der Schaffung und Bewahrung von Kultur gewidmeten Lebens stellt einen zu mächtigen Feind für diejenigen dar, die das Verschwinden von Kirche und Evangelium suchen.“ Deshalb tue die Regierung alles in ihrer Macht stehende, um die Benediktiner zum Verlassen des Tals der Gefallenen zu bewegen: „Die Feindseligkeit dieser Regierung gegenüber dem Tal der Gefallenen grenzt ans Pathologische.“ Da er rechtlich nicht die Befugnis habe, die Benediktiner zu vertreiben, habe Ministerpräsident Pedro Sánchez nun zwei Möglichkeiten: entweder einen internationalen Rechtskonflikt vom Zaun zu brechen, oder aber „einen mächtigen Komplizen innerhalb der Kirche“ zu finden. Jedenfalls ist sich Serrano sicher: „Die Medienkampagnen gegen die Benediktiner können nur durch das Sektierertum erklärt werden, das Spanien wieder einmal entlang religiöser Linien spalten will.“
Im Gespräch mit der „Tagespost“ erläutert Serrano diesen letzten Satz näher: Mit dem zu verabschiedenden „Gesetz zur demokratischen Erinnerung“ möchte die spanische Regierung die Grundlagen „neu formulieren“, auf denen die „Eintracht“ aller Spanier gemäß der Verfassung von 1978 basiere. Durch eine neue Einstufung der Opfer des Spanischen Bürgerkriegs würden neue „Kategorien von Opfern“ geschaffen. Dies betreffe insbesondere auch eine „Neuformulierung“ der „grausamen Verfolgung“ der katholischen Kirche vor und während des Spanischen Bürgerkriegs. Deren Symbol seien die Benediktinerabtei und das Kreuz im Tal der Gefallenen. Deshalb habe die spanische Regierung ein besonderes Interesse an der Vertreibung der Benediktiner. Kürzlich habe der Sekretär der spanischen Bischofskonferenz, Bischof Luis Argüello, die Benediktiner besucht. Hintergrund des Besuches sei ein Rechtsgutachten gewesen, laut dem die Unverletzlichkeit sowohl der Benediktinerabtei als auch der Kirche durch das Abkommen zwischen Kirche und Staat geschützt seien. Wenn die Regierung die Benediktiner vertreiben wolle, müsse sie dann das Abkommen mit dem Vatikan neu verhandeln.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.