Können wir uns nicht in kürzeren Abständen treffen so alle zwei Tage? Das ist sooo interessant..." Schon nach den ersten Terminen des Al Massira-Kurses sind die syrischen Flüchtlinge begeistert. Damit sind sie nicht allein. Auf der ganzen Welt sind die Reaktionen der Teilnehmer auf das bibelbasierte Einführungsprogramm in den christlichen Glauben ähnlich: Freude, Neugier, Staunen und Dankbarkeit. "Al Massira zu sehen ist wie eine Droge", meinte eine Teilnehmerin aus der Schweiz. Eine Droge mit konkreter Wirkung, wie die vielen Taufen als Folge der Kurse zeigen.
Al Massira richtet sich besonders an Menschen aus dem orientalischen Kulturkreis
In Köln fand kürzlich das 60. deutsche Training zur Ausbildung weiterer Kursleiter statt, zum ersten Mal in einem katholischen Setting. Es hätte vielleicht keinen besseren Ort dafür geben können als die Stadt der Sterndeuter aus dem Osten, die sich vor über zweitausend Jahren auf die Suche nach dem Messias machten. Denn Al Massira richtet sich besonders an Menschen aus dem orientalischen Kulturkreis und ist damit das, was für die Weisen der Stern war: ein Wegweiser zu Christus. Die ersten Ideen für ein solches kulturspezifisches Kursprojekt entstanden 1998 in Kairo aus der Erfahrung heraus, dass Materialien, die von westlichen Christen zur Erklärung und Vertiefung des Glaubens entwickelt worden sind, den Fragen orientalischer Menschen häufig nicht gerecht werden. Um ihren Zweck zu erfüllen, muss eine Orientierungshilfe nicht nur das Ziel berücksichtigen, sondern auch Richtung und Entfernung, aus der die Reisenden kommen.
Von weit her, gilt für viele, und deshalb beginnt Al Massira auch ganz am Anfang: bei den großen Fragen des Lebens und der Geschichte von Adam und Eva. Von dort aus nimmt das Programm die Teilnehmer mit auf "eine Reise durch die Geschichte, die prophetischen Schriften und Zeichen, die auf den Messias hindeuten und durch einige der Länder, in denen diese Ereignisse stattfanden", wie es im Leiterhandbuch heißt. Jesus selbst erklärt sich und seinen Auftrag im Gespräch mit den Emmausjüngern im Rückgriff auf die Propheten. So macht er deutlich, dass seine Person nur im Gesamt der Geschichte Gottes mit den Menschen verstanden werden kann.
Schritt für Schritt "das Haus des christlichen Glaubens" aufbauen
Diesem Ansatz folgt auch Al Massira. Mithilfe von dreizehn im Dokumentarstil gehaltenen Filmen von jeweils etwa 40 Minuten zeichnet das Programm chronologisch die biblische Geschichte bis hin zum Messias nach. Neben biblischen Figuren wie etwa Noah, Abraham und David wird auch die Beziehung Jesu zum Vater und Heiligen Geist, das "Leben mit dem Messias", "Erste Schritte mit dem Messias" und schließlich die "Gemeinschaft des Messias", die Kirche, thematisiert. Ein arabischer Moderator nimmt den Zuschauer dabei auf fesselnde Weise mit hinein in sein eigenes fragendes Suchen und begleitet ihn auf der Reise durch die einzelnen Sequenzen des Alten und Neuen Testaments.
So soll Schritt für Schritt "das Haus des christlichen Glaubens" aufgebaut werden. Eine Metapher, die auch das Verhältnis zu anderen Religionen und Weltanschauungen beschreibt: Al Massira möchte erklären, nicht vergleichen oder verteidigen. Fremde Häuser sollen nicht zerstört oder durch Umdeutung "tapeziert" werden. Sie bleiben einfach als das, was sie sind, stehen. Deshalb werden im Kurs auch keine Texte aus anderen Religionen verwendet. Auch politische Themen sollten ausgeklammert werden. Das Programm will stattdessen die christliche Botschaft der Erlösung durch Jesus Christus, den Messias, auch für Menschen aus einem anderen Kulturkreis nachvollziehbar machen. "Endlich habe ich verstanden, wie die Christen denken. Und warum", meinte ein syrischer Flüchtling nach einem Al Massira-Kurs.
Wertschätzung der Freiheit des Einzelnen
Al Massira legt viel Wert auf die Freiheit des Einzelnen und will jede Art von Druck oder unterschwelliger Beeinflussung vermeiden. Freundschaft und Beziehung sollen die Grundlage für die Durchführung eines Kurses bilden. "Nur in Freundschaften öffnen Menschen ihr Herz", erklärt eine Trainerin. Al Massira möchte dabei dem Anderen nicht etwas "überstülpen", im Gegenteil: Ausgangspunkt für das Zustandekommen eines Kurses sollten die Fragen unserer Freunde sein. Hier gelten die Worte von Paul Claudel: "Rede nur, wenn du gefragt wirst; aber lebe so, dass man dich fragt."
Wie sieht das in der Praxis aus? Ein typisches Al Massira-Treffen besteht aus einem gemeinsamen Essen, einer kurzen Einleitung, in der das letzte Thema wiederholt und ein Ausblick auf den neuen Inhalt gegeben wird, dem Video und einer anschließenden Diskussion, für die "Fragen zur Reise" zur Verfügung stehen. Am Ende jedes Treffens sollte nach den zunächst überwiegend intellektuellen Inhalten des Kurstreffens die Möglichkeit gegeben werden, Gott auch im Herzen zu erfahren, etwa durch Gebet, Bibellesen, Anbetung und persönliche Ermutigung.
Das Geheimnis von Al Massira liegt im Vertrauen darauf, dass Gott es ist, der wirkt. Gebet, gläubiges Hören, Ausdauer, Fasten und auch die Bereitschaft, das eigene Kreuz zu tragen und zu dienen, sind wesentliche Aspekte. Das Programm lebt vom persönlichen Einsatz gläubiger Menschen. Es ist jedoch nicht Aktionismus, der in diesem komplett ehrenamtlichen Engagement zum Ausdruck kommt, sondern eine Haltung, die sich als Werkzeug in Gottes Hand versteht. Eine Haltung, die vor allem von Liebe, Demut und dem Wissen um die verändernde und erneuernde Kraft, die Gottes Wort im Herzen jedes Einzelnen entfalten kann, geprägt ist.
Wirkung beschränkt sich nicht nur auf die Kursteilnehmer
Diese Wirkung beschränkt sich nicht nur auf die Kursteilnehmer, auch in den Herzen der Leiter bleibt Al Massira, das zeigen die bisherigen Erfahrungen, nicht ohne Folge. Die Vorbereitung der Treffen erfordert nicht nur eine Vertiefung des theologischen Wissens. Das gemeinsame Sich-Öffnen für Gott führt nicht selten auch zu neuer Glaubensfreude bei den Kursleitern selbst. Das Feuer, das Jesus auf die Erde gebracht hat, es brennt und steckt an. Al Massira eignet sich damit nicht nur zur Einführung in den christlichen Glauben, sondern auch als Vertiefungskurs für bereits Getaufte und Menschen, die Jesus noch besser nachfolgen möchten. "Menschen zu Jüngern machen, die Menschen zu Jüngern machen, die Menschen "
Spezifisch katholische Aspekte wie die Eucharistie, die Sakramentenlehre und die Bedeutung Mariens für die Heilsgeschichte thematisiert das Programm nicht, stellt die wesentlichen Elemente des christlichen Glaubens jedoch in großer Klarheit und sehr ansprechend dar auch die vor allem für orientalische Menschen oft herausfordernde Dreifaltigkeit Gottes. Al Massira bietet so für Christen ganz unterschiedlicher Prägung eine gemeinsame Basis und ermöglicht den Durchführenden damit auch eigene inhaltliche Ergänzungen und Schwerpunktsetzungen. "Wir glauben, dass jeder Christ in Verantwortung vor Gott, geleitet vom Heiligen Geist und im Kontext seiner eigenen Tradition mit diesem Werkzeug arbeiten kann und damit Menschen in persönliche Jüngerschaft und in die Nachfolge Jesu rufen kann", so einer der deutschen Al Massira-Leiter.
Dass Al Massira unter katholischen Gläubigen bisher noch weitgehend unbekannt ist, bedauern die Veranstalter. "Der Schwerpunkt der Trainings-Teilnehmer stammte bisher aus evangelikalen Freikirchen und evangelischen Kirchengemeinden. Deutsche Katholiken und orientalische Christen waren bisher leider erst selten vertreten. Wir würden uns aber wünschen, dass Al Massira auch für diese Gemeinden eine Inspiration und ein Segen in ihrer Verkündigung des Evangeliums wird." Es würde sich lohnen, wie auch ein Teilnehmer aus Nordafrika schreibt: "Wenn jeder in meinem Land Al Massira machen würde, würden sie alle gläubig werden."
Weitere Informationen, Trainingstermine und Kontakt unter www.almassira.de und www.almassira.org. Trainings finden mit einer Vorlaufzeit von etwa drei Monaten nur auf Einladung statt. Anfragen an al-massira.germany@web.de.
Hintergrund:
2010 fand in Großbritannien der erste Al Massira-Kurs und 2011 das erste Training zur Ausbildung weiterer Kursleiter statt. Mittlerweile wurden weltweit über 500 weitere Trainings durchgeführt und mehr als 11 000 Kursleiter ausgebildet. Ursprünglich in Arabisch entwickelt, gibt es das Kursmaterial mittlerweile in zahlreichen europäischen, asiatischen und afrikanischen Sprachen. Weitere Übersetzungen sind in Arbeit, die Kosten dafür jedoch sehr hoch. In Deutschland hat die Geschichte des Programmes 2014 begonnen. Heute gibt es im gesamten deutschsprachigen Raum 40 Trainer und knapp 2100 Christen haben an den Kursleiter-Trainings teilgenommen.