Angesichts des mörderischen Krieges in ihrer Heimat halten die mit dem Papst unierten ukrainischen Bischöfe des byzantinischen Ritus ihren Synod derzeit und noch bis Sonntag in der polnischen Grenzstadt Przemysl ab. Das Oberhaupt dieser Kirche, Großerzbischof Swjatoslav Schewtschuk, führt im Gespräch mit der „Tagespost“ dafür vor allem logistische und juristische Gründe ins Feld. Insbesondere die im Ausland tätigen ukrainischen Bischöfe könnten Probleme bekommen, die Ukraine neuerlich zu verlassen.
Sicherheitsbedenken
Andere Bischöfen verweisen gegenüber dieser Zeitung auch auf Sicherheitsbedenken: Putin würde eine einzige Rakete genügen, um die gesamte Kirchenleitung zu liquidieren. Schewtschuk, der immer wieder darauf verwiesen hat, dass seine Kirche im Fall einer russischen Okkupation – wie ab 1946 unter Stalin – ausgelöscht werden würde, lächelt: „Die Russen wissen sehr genau, wo ich wohne.“
Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, und der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl eilten zu Wochenbeginn nach Przemysl und Lemberg (Lviv), um den Menschen in der Ukraine und ihren Bischöfen die Solidarität der Gläubigen in Österreich zuzusagen. Lackner sprach in Przemysl von der aus habsburgischer Zeit rührenden geschichtlichen Nähe, und von der religiösen Verbundenheit zwischen Österreich und der Ukraine. Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine habe sich in Österreich der Schock „bei vielen schnell in eine Entschlossenheit, nicht untätig zu bleiben“ gewandelt.
Dunkle Wolken des Krieges
Eine beeindruckende Solidarität habe alle Teile der Bevölkerung erfasst. „Kriege kennen nur Verlierer“, so Erzbischof Lackner vor den ukrainischen Bischöfen. „Viele müssen fliehen, andere können es nicht, müssen ohnmächtig ausharren im Hagel von Bomben.“ Er sei erschüttert angesichts der „grauenhaften Bilder und Informationen“. Der grausame Exzess dieses Krieges beschmutze und verletze das Antlitz Christi. „Umso mehr bedarf es des Gebetes und der Intervention Gottes, um diesen Krieg beenden zu können.“
Großerzbischof Schewtschuk würdigte vor seinen im lateinischen Priesterseminar von Przemysl versammelten Bischöfen die Solidarität der österreichischen Kirche mit der Ukraine: „Sie haben den Aggressor und Täter beim Namen genannt, und ebenso die Opfer.“ Er betonte zugleich, dass die anwesenden unierten Bischöfe aus aller Welt zusammenkamen und so „eine globale Perspektive unserer Kirche“ zeigten. Bei den Beratungen des Synod steht der von Papst Franziskus ausgerufene weltweite synodale Prozess im Mittelpunkt der Beratungen.
Überschattet freilich von den dunklen Wolken des brutalen Krieges in der Ukraine: „Wir glauben an Gott, deshalb haben wir Hoffnung“, so der Großerzbischof. Mehrere ukrainische Bischöfe berichteten in Przemysl von den Leiden ihrer Gemeinden angesichts des Krieges und der russischen Besatzung in östlichen und südlichen Teilen des Landes. „Auch in Rom treffen wir manchmal auf wenig Verständnis“, sagt ein Bischof.
Raketenalarm
Nur wenige Kilometer östlich von Przemysl beginnt die Ukraine. Goldene Kuppeln zieren selbst die kleinen Kapellen am Straßenrand. Sandsäcke vor vielen historischen Gebäuden und der von der Territorialverteidigung gesicherte Checkpoint am Stadtrand von Lemberg erinnern daran, dass sich die gesamte Ukraine im Krieg befindet.
Raketen-Alarm ertönte am Dienstag in der westukrainischen Metropole gerade in dem Moment, in dem die Bischöfe aus Österreich gemeinsam mit dem römisch-katholischen Erzbischof von Lemberg, Mieczyslaw Mokrzycki, die griechisch-katholische Garnisonskirche betraten. Die Ukraine solle auferstehen in Frieden und Gerechtigkeit, sagte Lackner am Ende der Festmesse im byzantinischen Ritus vor tausenden Gläubigen in der überfüllten Garnisonskirche von Lemberg. „Wir wollen mit euch sein, mit euch und für euch beten, und wir wollen euch helfen, wo immer es uns möglich ist.“ Lackner legte Blumen an einer Gedenkstätte für die gefallenen Soldaten innerhalb der Kirche nieder. Die von der Militärseelsorge genutzte ehemalige Jesuitenkirche zeigt in einem Seitenschiff Portraits der im Krieg getöteten Kinder und der seit 2014 gefallenen Soldaten.
Solidarität aus Österreich
Im Gespräch mit Erzbischof Mokrzycki versicherte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz: „Wir wollen uns von der Not und dem Leid der Ukrainer betreffen lassen. Wir wollen uns nicht daran gewöhnen.“ Er überreichte Mokrzycki einen Scheck in Höhe von 40 000 Euro für die Arbeit der Caritas mit Waisenkindern und Flüchtlingen. Im „Zentrum Hl. Johannes Paul II.“ am Stadtrand von Lemberg sprach Lackner mit Flüchtlingen aus dem Osten und Süden des Landes. Den herandrängenden Jugendlichen und Kindern rief er zu: „Auch wenn die Lage heute schwierig ist, seid ihr die Zukunft dieses Landes.“
Lackner und Krautwaschl versicherten in Gesprächen dem Lemberger Bürgermeister Andrij Sadovij, Gouverneur Maksym Kozytskij und ranghohen Militärs, dass die Österreicher ungeachtet der militärischen Neutralität des Landes solidarisch seien mit der notleidenden Ukraine. Insgesamt leben in der westukrainischen Stadt, die bisher nur wenige Male unter russischen Raketenbeschuss geriet, etwa 10 000 Flüchtlinge aus bedrängteren Regionen der Ukraine.
Wohncontainer für den Winter
Die Stadt baut derzeit Wohncontainer für die Wintermonate, um Binnenflüchtlinge angemessen unterzubringen, wie der Stadtarchitekt der „Tagespost“ schildert. In Planung ist auch ein Rehabilitationszentrum für die Schwerversehrten und Traumatisierten. Ein hoher Militärvertreter meinte bei dem Empfang für die Bischöfe aus Österreich: „Ich bin sicher, dass wir siegen werden.“ Auf dem Friedhof von Lemberg beteten die österreichischen Bischöfe gemeinsam mit dem Lemberger Metropoliten der autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine, Dimitrij Rudjuk. In den letzten acht Jahren gab es hier 70 Begräbnisse, seit der Invasion vom 24. Februar dagegen 140.
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