Eine unscheinbare Mitteilung des Bistums Trier könnte sich als tiefe Zäsur für die Kirche in Deutschland entpuppen. Die römische Kleruskongregation hat wenige Tage nach persönlichen Gesprächen in Rom der Trier Bistumsleitung die rote Karte gezeigt. Erläuternd heißt es in der Mitteilung des Bistums, sowohl die Kleruskongregation als auch der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte „hegen Bedenken gegenüber der geplanten Reform der Pfarreien, wie sie im vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode beschrieben ist.“ Damit ist das umstrittene Gesetz obsolet.
Die in Rom beanstandete Mängelliste ist breit
Die in Rom beanstandete Mängelliste ist breit: die Rolle des Pfarrers im Leitungsteam der Pfarrei, der Dienst der übrigen Priester, die Konzeption der pfarrlichen Gremien, die Größe der künftigen Pfarreien sowie die Geschwindigkeit der Umsetzung – fast kein Punkt der Reform bleibt verschont. Indem der Vatikan nahezu alle zentralen Punkte der Reform beanstandet, setzt er ein deutliches Zeichen über das Bistum Trier hinaus: Andere Bistumsleitungen werden sich bei Pfarreireformen künftig überlegen, ob eine mit offensichtlich heißer Nadel gestrickte Reform den Aufschrei in den Pfarreien und einen Showdown mit den eigenen Pfarrern wert ist, den Rom letztlich klären muss.
Die Zahl der Hauptamtlichen wird in den kommenden Jahren zwangsläufig sinken, damit stehen auch weniger kompetente Juristen, Dogmatiker und erfahrene Seelsorger zur Verfügung, deren Wissen für brauchbare Reformen unverzichtbare ist. Keine Bistumsleitung vergibt sich etwas, wenn sie externe Ratgeber und Fachleute zu Rate zieht. Im besten Fall erspart die Entscheidung anderen Bistümern einen Konflikt, wie Seelsorger und Gläubige ihn seit Jahren im Bistum Trier durchleiden.
Entscheidung beruht auf Prinzip der Synodalität
Die römische Entscheidung liegt dabei konsequent auf der im gegenwärtigen Pontifikat immer wieder hervorgehobenen Synodalität. Auch Seelsorger sind ernstzunehmende Entscheider – wo dieses Prinzip außer Acht gelassen wird, leiden die Gemeinde. Die Folgen einer missglückten Strukturreform sind bis heute im Bistum Aachen zu beobachten. Ein problematische Position des Pfarrers im Leitungsteam der Pfarrei wirkt sich erfahrungsgemäß als Hürde für Berufene aus. Durch die Überarbeitung des Trierer Gesetzes für die Pfarreireform wird zumindest verhindert, dass Geistliche und Priesteramtskandidaten ins freiwillige Exil gehen.
Nicht minder wichtig als die juristische Rückendeckung aus Rom ist der psychologische Effekt dieser Entscheidung. Auch wenn sich manche Gläubigen vom gegenwärtigen Pontifikat mehr doktrinelle Würze und klare Ansagen wünschen, empfiehlt sich ein maßvoller Blick auf das kuriale Geschehen: Auch finanzstarke Ortskirchen haben im Vatikan keineswegs Narrenfreiheit. Es ist keineswegs alles straffrei erlaubt, was den Boden der Seelsorge nachhaltig vergiftet. Auch unter dem oft sehr verhalten agierenden Pontifex herrscht keine Laissez-faire-Haltung, die Priester und Gemeinden hilflos Reformvorschlägen auslieferte, die eher die Büroluft der Ordinariate als den Geruch der Schafe verströmen. Diese Erfahrung hat in Zeiten disparater Reformvorstellungen etwas Heilsames.
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