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„Die Einheit kann nur im Glauben gefunden werden“

Kardinal Kurt Koch verantwortet seit 2010 die Beziehungen Roms zu den anderen christlichen Konfessionen. Neue Spaltungen zeichnen sich ab. Auch innerhalb einzelner Gemeinschaften. Ein Gespräch über Minenfelder und den erlahmten Wunsch nach Einheit. 
Spaltungen in christlichen Kirchen nehmen zu: Die Ökumene ist eine riesige Baustelle.
Foto: (777711221) | Spaltungen in christlichen Kirchen nehmen zu: Die Ökumene ist eine riesige Baustelle.

Herr Kardinal, wie schätzen Sie die Folgen des Ukraine-Kriegs für die Ökumene ein? Wirft ein solcher Konflikt mit konfessionellen Implikationen nicht das gesamte Projekt der christlichen Ökumene zurück?

Die erste Konsequenz des Angriffskrieges in der Ukraine besteht in einer Spaltung innerhalb der orthodoxen Welt. Die Spaltung reicht aber bereits in die Zeit vor dem Krieg zurück. Der Anlass war die Erklärung der Autokephalie der orthodoxen Kirche in der Ukraine durch den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. zu Beginn des Jahres 2019. Daraufhin hat der Moskauer Patriarch Kyrill entschieden, die Beziehungen mit Konstantinopel abzubrechen und keine eucharistische Gemeinschaft mehr zu leben. Inzwischen betrifft diese Entscheidung auch andere orthodoxe Kirchen, wenn sie die Autokephalie der orthodoxen Kirche in der Ukraine anerkennen.

Patriarch Kyrill hat ferner entschieden, dass dann, wenn ein Repräsentant von Konstantinopel in einer ökumenischen Kommission den Co-Vorsitz führt, das Moskauer Patriarchat nicht mehr teilnimmt. Dies ist der Fall in der Internationalen Gemischten Kommission für den theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche. Insofern ist die katholische Kirche auch unmittelbar betroffen. Wir hatten im Juni des vergangenen Jahres die Vollversammlung der Kommission in Alexandria in Ägypten, und dabei sind neben Moskau noch weitere drei orthodoxe Kirchen abwesend geblieben.

Kurt Kardinal Koch
Foto: imago stock&people (imago stock&people) | "Ganz sicher ist, dass in der himmlischen Vollendung nach dem Ende der Zeit die Ökumene keine Probleme mehr aufgeben wird". Kardinal Kurt Koch im Gespräch mit der "Tagespost".

Die besondere Tragik besteht seit dem Beginn des Kriegs darin, dass Christen gegen Christen Krieg führen, ja sogar Orthodoxe einander umbringen. Dies ist das traurige Gegenteil zur Ökumene der Märtyrer. Denn die Verfolgung der Christen in der heutigen Welt trennt uns Christen nicht, sondern eint uns. Papst Franziskus spricht immer wieder davon, dass die Ökumene des Blutes uns Christen zusammenführt. Wenn nun aber umgekehrt Christen gegen Christen Krieg führen, ist dies eine äußerst schlechte Botschaft für die ganze Christenheit. Hinzu kommt ein Weiteres. Präsident Putin wie auch Patriarch Kyrill reden von einem Verteidigungskrieg. Sie fühlen sich vom Westen angegriffen und fühlen sich verpflichtet, Russland verteidigen zu müssen. Dies bedeutet, dass nun beide Seiten in diesem Konflikt von einem Verteidigungskrieg sprechen. Dies macht die Situation noch komplizierter. Auf der anderen Seite sollte man eigentlich annehmen dürfen, dass es sich nun erst recht auf beiden Seiten aufdrängt, Verhandlungen aufzunehmen.

Sie würden also wie der Papst für Verhandlungen plädieren, auch vor Vertretern der ukrainischen Kirchen?

Ich plädiere für Verhandlungen, wenn ihr Ziel ein gerechter Friede sein wird. Es genügt nicht, Verhandlungen zu führen, einfach um Frieden im Sinne des Schweigens der Waffen zu finden. Da beide Seiten verschiedene Vorstellungen von Frieden haben, muss klar gesagt werden, dass es bei Verhandlungen um einen gerechten Frieden in der Ukraine gehen muss.

Eine Frage zu den Altorientalen. Die koptischen Christen haben den Dialog mit Rom wegen der Erklärung „Fiducia supplicans“ ausgesetzt. Ist diese Erklärung des Glaubensdikasteriums über einen Segen für gleichgeschlechtliche Paare vielleicht auch für andere Ostkirchen ein Problem?

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Wir hatten im vergangenen Januar in Rom die Vollversammlung der Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Auf der Tagesordnung stand die Lehre und Verehrung der Gottesmutter Maria. Die orientalisch-orthodoxen Mitglieder der Kommission wollten jedoch in erster Linie über „Fiducia supplicans“ sprechen. Anschließend hat der Synod der koptisch-orthodoxen Kirche den ökumenischen Dialog mit der katholischen Kirche sistiert, um die Schwierigkeiten mit „Fiducia supplicans“ zu klären und die Methodik des Dialogs zu überprüfen. Ich denke aber, dass der Papst-Patriarch Tawadros gewillt ist, den Dialog mit der katholischen Kirche später wieder aufzunehmen.

Wäre es denkbar, dass der Vatikan nach der Erklärung, die ja auch bei afrikanischen Bischöfen für Verunsicherungen gesorgt hat, nochmals Präzisierungen vornimmt, die dann auch orientalische Christen gutheißen können?

Ich habe bei der Vollversammlung auf die Fragen und Bedenken der orientalisch-orthodoxen Christen eine Antwort von Kardinal Victor Fernández, dem Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, erbeten und ihn auch zu einer Begegnung mit der Kommission eingeladen. Dies war ihm jedoch nicht möglich, da zu derselben Zeit die Vollversammlung auch seines Dikasteriums stattfand. Er hat dann eine schriftliche Antwort geschickt, die jedoch von den Orientalisch-Orthodoxen als ungenügend qualifiziert worden ist. Deshalb habe ich den Kardinal nochmals gebeten, die offenen Fragen zu beantworten.

Auch die anglikanische Weltgemeinschaft steht vor einer Spaltung beziehungsweise erlebt diese schon. Wie schätzen Sie die in Ruanda verabschiedete Schlusserklärung des konservativen anglikanischen Zusammenschlusses GAFCON ein? Was sagen Sie Erzbischof Justin Welby, dem Primas der anglikanischen Kirche, zur Zukunft der Anglikaner?

Vor kurzem war Erzbischof Welby hier in Rom, und er hat zusammen mit den Primaten der anglikanischen Weltgemeinschaft deren Versammlung abgehalten, und sie haben dabei auch eine Audienz mit Papst Franziskus gehabt. Da jedoch nicht alle Primate nach Rom gekommen sind, ist die von Ihnen genannte Spaltung sichtbar gewesen. Die großen Spannungen in der anglikanischen Weltgemeinschaft beziehen sich einerseits auf die Bischofsweihe von Frauen und andererseits auf Fragen der Sexualmoral, besonders der Frage der Homosexualität. Im Gespräch mit Erzbischof Welby müsste ich ehrlicherweise an erster Stelle davon sprechen, dass wir in der katholischen Kirche ähnliche Spannungen bei denselben Fragen haben und dass wir uns gegenseitig helfen könnten, wie diese Spannungen und Spaltungen in der anglikanischen Weltgemeinschaft wie in der katholischen Kirche überwunden werden können. Zweitens schlage ich vor, dass wir auch die ethischen Fragen noch vermehrt zum Thema in den ökumenischen Dialogen machen sollten. Denn wenn die christlichen Kirchen zu den ethischen Fragen des menschlichen Lebens und des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht mit einer Stimme sprechen können, wird die christliche Stimme in den säkularisierten Gesellschaften vor allem Europas immer schwächer; und dies dient der Ökumene gewiss nicht.

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Glauben Sie wirklich, dass die Frage der Frauenweihe auch in der katholischen Kirche so virulent ist? So dass man von einer Spaltung im Episkopat sprechen kann?

Gewiss nicht in dem gleichen Sinne wie in der anglikanischen Gemeinschaft, in der es zu Spaltungen gekommen ist. Doch auch in der katholischen Kirche sind diesbezüglich heterogene Vorstellungen und Forderungen vorhanden. Es gibt in Deutschland, in der Schweiz und anderen Ländern nicht wenige Bischöfe, die die Frauenordination entschieden fordern und von ihr geradezu die Zukunftsfähigkeit der katholischen Kirche abhängig machen.

Sie vermissen in dem jüngsten Ökumene-Papier von Deutscher Bischofskonferenz und EKD klare gemeinsame Vorstellungen zum gemeinsamen ökumenischen Ziel – kurz gesagt: zu viel „Prozess“ und versöhnte Verschiedenheit, zu wenig „Einheit“ und Einigung in Glaubensfragen. Kann man etwas zugespitzt formulieren, dass die Nachfahren Luthers gar keine Kircheneinheit mit der katholischen Kirche wollen?

Das kann man so gewiss nicht behaupten. Auch Protestanten wollen durchaus Kirchengemeinschaft; sie haben jedoch eine andere Vorstellung davon, wie sie zu erreichen ist und wie sie aussehen wird. Um mehr Gemeinsamkeit zu finden, ist es dringend notwendig, miteinander darüber ins Gespräch zu kommen. Die Perspektive des Weges ist gewiss sehr wichtig. Auch Papst Franziskus betont in der Ökumene immer wieder diesen Dreischritt: „Camminare insieme, pregare insieme, collaborare insieme“: Wir sollen miteinander gehen, beten und arbeiten. Aber der Papst vergisst dabei die Perspektive des Zieles nicht. Auch ich habe mich nicht gegen die Wegperspektive in der Ökumene ausgesprochen, wohl aber dagegen, dass man Weg und Ziel trennen will. Denn die Hoffnung richtet sich immer auch auf die Zukunft. Wenn man deshalb die Zukunft nicht mehr ins Auge fassen möchte, muss ich mich fragen, ob man dann noch wirklich Hoffnung hat.

Wenn das das Panorama ist, dann stellt sich natürlich schon die Frage, wie es im Augenblick überhaupt um die Ökumene bestellt ist. Sind Ihnen schon einmal Zweifel gekommen, ob die sichtbare Kirchengemeinschaft das Ziel der christlichen Ökumene ist? In der „Kurzen Erzählung vom Antichristen“ von Wladimir Solowjew sind es immer noch Papst Petrus II., Starez Johannes und Professor Pauli, die dem Antichristen gegenüberstehen. Das ist fiktionale Literatur. Aber könnte es nicht sein, dass die Einheit der Christen erst am Ende der Geschichte kommt?

Ganz sicher ist, dass in der himmlischen Vollendung nach dem Ende der Zeit die Ökumene keine Probleme mehr aufgeben wird. Im Eschaton wird uns die volle Einheit gewiss geschenkt sein. Solowjew bringt dies ja auch in seiner „Kurzen Erklärung“ dadurch zum Ausdruck, dass sich im Eschaton die Repräsentanten von Petrus, Paulus und Johannes finden werden. Solowjew will damit freilich die Einheit unter den Christen nicht ins Jenseits vertagen. Dies wäre eine eigenartige Vorstellung von Eschatologie. Im christlichen Glauben meint Eschatologie nicht allein das, was nach dem Ende der Zeiten kommen wird. Sie will vielmehr auch das tiefste Wesen der Wirklichkeit erschließen und uns herausfordern, es bereits jetzt, wenn auch oft genug bruchstückhaft zu leben. So sind wir auch gefordert, bereits jetzt die Einheit zu suchen. Da sie der Wille des Herrn ist, gibt es dazu schlechterdings keine Alternative. Ich glaube, dass wir auch in der Ökumene Mose immer wieder zum Vorbild nehmen sollten. Er hat den Auftrag gehabt, das Volk Israel ins Gelobte Land zu führen. Er selbst hat dieses Land nicht mehr erreicht; er ist vorher gestorben. Aber deswegen hat er nie resigniert, sondern hat in der gewissen Hoffnung gelebt. In dieser Grundhaltung sollten auch wir in der Ökumene heute tun, was in unseren Kräften liegt, und das Weitere dem Morgen und in allem dem Heiligen Geist übergeben.

Es gibt auch Früchte des ökumenischen Dialogs. 2015 hat der lutherisch-katholische Dialog in den USA die „Declaration on the Way: Church, Ministry, and Eucharist“ vorgelegt. Der nationale lutherisch-katholische Dialog in Finnland hat 2017 zu dieser Thematik die umfangreiche Stellungnahme „Communion in Growth. Declaration on the Church, Eucharist, and Ministry“ publiziert. Kirche, Amt, Eucharistie: Das sind ganz zentrale Fragen. Kann man, wenn man mit Lutheranern eines ganz bestimmten Landes darin zu einer Einigung kommt, mit dieser nationalen lutherischen Gemeinschaft Kommunion- und Kirchengemeinschaft vollziehen?

Die katholische Kirche führt ihre Dialoge vor allem auf der universalen und nicht auf der nationalen Ebene, konkret: mit dem Lutherischen Weltbund. Der Dialog mit den Lutheranern ist der erste gewesen, den die katholische Kirche gleich nach Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils begonnen hat. Ich bin gewiss dafür dankbar, dass regionale Dialoge meine Initiative, sich den wichtigen Fragen von Kirche, Eucharistie und Amt intensiv zuzuwenden, aufgegriffen haben. Denn in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre im Jahre 1999 ist festgehalten, dass die Konsequenzen für das Kirchenverständnis noch nicht gelöst sind und angegangen werden sollen. Ich stelle dankbar fest, dass man sich dieser wichtigen Aufgabe in Amerika und in Finnland bereits gestellt hat. Vor allem das finnländische Dokument hat einen weitgehenden Konsens erarbeitet; es wird jedoch von den evangelischen Kirchen in Deutschland nicht so gewürdigt, wie es das verdienen würde. Vielleicht hängt dies auch mit den sehr komplexen Strukturen des evangelischen Kirchentums in Deutschland heute zusammen, das nicht rein lutherisch ist: Es gibt die EKD und daneben die VELKD und dann noch das Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes. Während die Deutsche Bischofskonferenz in der Vergangenheit mit der VELKD intensive Gespräche geführt hat, scheint sie sich heute, sofern ich richtig sehe, vor allem auf den Dialog mit der EKD zu konzentrieren. Dies aber bedeutet, dass die katholische Kirche den Dialog mit dem Luthertum erst recht auf der universalen Ebene vertiefen muss, und zwar auch in der Hoffnung, auf diesem Weg zu mehr Einheit im weltweiten Luthertum beitragen zu können.

Sie haben 2013 vor Lutheranern in Genf den evangelischen Ökumeniker Harding Meyer zitiert, der von einer „Gefahr des ökumenischen Vergessens“ gesprochen hat, in dem Sinne, dass „alles im Dialog schon Gelungene ungewiss wird und uns wieder entgleitet, dass das schon Erreichte versickert und sich wieder verflüchtigt, so, als wäre es nie gewesen“. Wenn man sich in der „Welt der Ökumene“ umschaut, scheint diese Amnesie weit fortgeschritten zu sein.  Wer redet zum Beispiel noch von der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999?

Von einer Amnesie würde ich mit Blick auf die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre nicht reden, zumal wir in diesem Jahr auf 25 Jahre zurückblicken dürfen. In der Zwischenzeit haben sich auch andere Kirchengemeinschaften wie die Methodisten, die Reformierten und Anglikaner der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre angeschlossen. In diesem Sinn kann man kaum sagen, die Rechtfertigungslehre habe ihre Relevanz verloren. Die große Herausforderung besteht allerdings darin, dass heute kaum noch verstanden wird, was diese Lehre besagt, und dass die wunderbare Botschaft von der Gnade Gottes neu erschlossen werden muss.

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Von einer Amnesie im Sinne von Harding Meyer würde ich eher im Blick auf einige wesentliche Dokumente im Lutherisch-Katholischen Dialog in den 1970er und 1980er Jahren reden: „Das Herrenmahl“ (1978), „Das Geistliche Amt in der Kirche“ (1981) „Einheit vor uns“ (1985).  Ich denke auch an das sehr verdienstvolle Dokument „Communio Sanctorum. Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen“, das im Jahre 2000 von der Bilateralen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz und der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELK) veröffentlicht worden ist. In diesen Dokumenten ist mehr an Gemeinsamem bezeugt worden, als heute teilweise wahrgenommen wird. Diese Dokumente gilt es wieder zu entdecken und im Sinne eines ökumenischen „Harvesting the Fruits“ (Kardinal Kasper) fruchtbar zu machen.
Von einer Amnesie würde ich aber vor allem in dem Sinn sprechen, dass die ursprüngliche Leidenschaft für die Einheit an vielen Orten etwas erlahmt ist. Oft will mir scheinen, dass man weithin mit dem ökumenischen Status quo zufrieden und bestrebt ist, sich gegenseitig als Kirchen so anzunehmen, wie sie heute sind. Dies ist nach meiner Überzeugung aber nicht die Einheit, um die Jesus in seinem Hohepriesterlichen Gebet den himmlischen Vater gebeten hat.

Welche ökumenischen Akzente wollen Sie im Heiligen Jahr 2025 setzen, das zugleich das 1700-Jahr-Gedächtnis des Credos von Nicäa ist?

In der Bulle zur Ankündigung des Heiligen Jahres findet sich auch ein Abschnitt über die Ökumene der Märtyrer. Diesbezüglich äußert Papst Franziskus den Wunsch, dass während des Heiligen Jahres wiederum ein ökumenisches Gebet zum Gedächtnis der vielen Märtyrer der heutigen Zeit stattfinden wird. In der Bulle erwähnt Papst Franziskus auch, dass während des Heiligen Jahres das 1700. Gedächtnis des Ersten Ökumenischen Konzils begangen werden wird, das im Jahre 325 in Nicaea und damit in einer Zeit stattgefunden hat, in der die Kirche noch nicht von den vielen Spaltungen verwundet gewesen ist. Dieses Jubiläum bietet deshalb eine wichtige ökumenische Gelegenheit, dass alle christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften dieses Konzils gedenken und den damals bezeugten Glauben an Jesus Christus, wahren Menschen und wahren Gott, weil „wesengleich mit dem Vater“, auch heute in ökumenischer Gemeinschaft bekennen. Die Einheit kann nur im Glauben gefunden werden, und deshalb müssen wir die Einheit nicht nur unter den heutigen Kirchen wiederfinden, sondern auch mit der Kirche der Vergangenheit und vor allem mit ihrem apostolischen Ursprung.

Dies legt sich auch deshalb nahe, weil die arianische Irrlehre, die damals weit verbreitet gewesen ist und besagt, dass Jesus nicht der Sohn Gottes, sondern bloß ein Mittelwesen zwischen Gott und Mensch sein könne, nicht einfach der Vergangenheit angehört, sondern auch heute eine weite Verbreitung findet. Wenn ich mich im Rückblick in die Geschichte nicht irre, scheinen Alemannen dafür besonders anfällig zu sein.

Zum Beispiel...

Ich denke vor allem an deutschsprachige Länder, in denen diese Herausforderung auch heute gegeben ist. Es dürfte kein Zufall sein, dass Papst Benedikt XVI. immer wieder betont hat, in der heutigen Situation stehe hinter der viel verwendeten Aussage „Jesus ja – Kirche nein“ die noch tiefere Aussage: „Jesus ja – Sohn Gottes nein.“ Viele Christen lassen sich auch heute durchaus berühren von allen menschlichen Dimensionen an Jesus von Nazareth, während ihnen der christliche Glaube an Jesus Christus, den wahren Gott und wahren Menschen, und damit der kirchliche Christusglaube eher Mühe bereitet. Das Heilige Jahr ist ein wichtiger Anlass, sich des christologischen Glaubens in ökumenischer Gemeinschaft erneut zu vergewissern.

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