Synodale Kompetenz in deutschen Kirchenkreisen findet sich mitunter bei denen, die ohne lautstarke Forderungen und Reformagenda auftreten. Zu den diskreten, aber weltkirchlich überaus kompetenten Köpfen hierzulande gehört der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovíc. Nach dem ökumenisch anspruchsvollen Posten des Nuntius in der Ukraine übernahm er 2004 als Nachfolger des belgischen Kardinals Jan Schotte die Aufgabe des Generalsekretärs der Welt-Bischofssynode.
Im Pontifikat Benedikts XVI. sammelte Eterović praktische Synodalerfahrung, die ihm beim 2015 beendeten Dialogprozess der Kirche in Deutschland zugute gekommen sind und auch den Synodalen Weg positiv beeinflussen dürften. Unter seiner organisatorischen Leitung tagten die Ordentlichen Bischofstreffen über die Eucharistie (2005), über die Bedeutung der Bibel für das Leben der Kirche (2008) und zur Neuevangelisierung (2012). Weltkirchliche Expertise bringt der Erzbischof auch dank der Sondersynoden für Afrika (2009) und für den Nahen Osten (2010) mit.
Viele Herausforderungen zu bewältigen
Stets verbindlich im Ton und bei aller Professionalität als Diplomat dennoch klar in der theologischen Ansage absolviert der Kroate seit September 2013 in Deutschland ein Mammutprogramm. Kurz nach seinem Amtsantritt gingen 2014 die Wogen der öffentlichen Erregung über den „Fall Limburg“ hoch. 2015 trat das Scheitern des Dialogprozesses offen zutage. Der vom Münchner Kardinal Reinhard Marx 2011 formulierte Anspruch, man müsse diesen Weg „in großer Einmütigkeit gehen“ und die Kirche zusammenhalten, war an den Zentrifugalkräften innerhalb des deutschen Katholizismus gescheitert. Nicht nur in der zerstrittenen deutschen Bischofskonferenz mit ihren mitunter gegenüber dem Vertreter des Papstes rustikal auftretenden Vorsitzenden muss Eterović mit diplomatischem Geschick dicke Bretter bohren. Auch der während seiner Amtszeit vollzogene Generationenwechsel in der deutschen Bischofskonferenz forderte vollen Einsatz, zumal die politisch brisante Schlüsselposition des Kölner Erzbischofs nach dem Tod von Kardinal Meisner nachzubesetzen war. Dass Papst Franziskus beim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im November 2015 glasklare Worte fand, ist zweifellos auch ein Verdienst des Nuntius gewesen.
Zu den unbestreitbaren Vorzügen Eterovićs gehört neben seiner Vielsprachigkeit auch seine Kontaktfreude, die ihn von seinem überaus scheu wirkenden Vorgänger abhebt. Wo immer er auftaucht, um sich unters Kirchenvolk zu mischen, beherrscht er die Bandbreite der Seelsorge und macht bei Diözesanversammlungen, beim Kiezspaziergang in Berlin oder bei traditionellen Wallfahrten bella figura.
Keine entspanntere Zukunft
Im Rahmen der überschaubaren diplomatischen Möglichkeiten setzt der Nuntius auch gesellschaftspolitische Akzente. Seine Grußworte zum alljährlichen „Marsch für das Leben“ in Berlin lassen an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Dass Deutschland nicht einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat, wird von ihm immer wieder zur Sprache gebracht. Flagge zeigt er auch beim Einsatz für den Stopp des Waffenhandels. Im schlingernden deutschen Kirchenschiff ist der unaufgeregte Nuntius, der seine Arbeit macht, ein wichtiger Stabilisator. Im Orgeljahr 2021 wird der Musikkenner, der seine Freizeit gern an der Orgel der Hauskapelle der Nuntiatur verbringt, nun 70. Dass ihm in Berlin ruhigere Zeiten beschieden sein werden, ist allerdings nicht zu erwarten.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.