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100 Millionen Christen ohne Bibel

Hungersnot an Gottes Wort: Für 100 Millionen Christen bleibt die Heilige Schrift nach wie vor unerreichbar.
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Foto: xafrica_imagesx via imago-images | Es gibt zu wenig Bibeln: in Somalia, Afghanistan, dem Jemen, Nordkorea und Mauretanien aufgrund rechtlicher und praktischer Einschränkungen.

Weltweit haben schätzungsweise 100 Millionen Christen keinen Zugang zu einer Bibel. Dies belegt die kürzlich veröffentlichte „Bible Access List 2025“, ein Forschungsprojekt der internationalen „Bible Access Initiative“. Der Bericht, der Daten aus 88 Ländern auswertet, spricht von einer „modernen Hungersnot“ – nicht an Nahrung, sondern am Wort Gottes.

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„Es herrscht nach wie vor eine moderne Hungersnot“, sagt Wybo Nicolai, Mitbegründer der Initiative und Forscher bei „Frontlines International“ im Gespräch mit „Premier Christian News“. „Nicht Gleichgültigkeit, sondern vielfältige Hindernisse verwehren den Menschen den Zugang zur Bibel. Viele haben noch nie eine Bibel in ihrer Sprache, im gewünschten Format oder zu einem für sie erschwinglichen Preis gesehen.“

Bibel ist kein universeller Standard

Die Studie differenziert zwischen zwei Dimensionen: zum einen rechtliche und praktische Einschränkungen, zum anderen tatsächliche Knappheit. In der ersten Kategorie führen Somalia, Afghanistan, der Jemen, Nordkorea und Mauretanien das Ranking an – hier kann schon der Besitz einer Bibelseite lebensbedrohlich sein. „Ungehinderter Zugang zur Bibel ist keineswegs ein universeller Standard“, betont Ken Bitgood, Gründer der „Digital Bible Society“.

Anderswo liegt das Problem weniger in Verfolgung als vielmehr in Armut. Die größten Defizite gibt es laut Studie in der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria, Äthiopien, Indien und China. In diesen Ländern warten jeweils mehr als zehn Millionen Christen auf ein eigenes Exemplar der Heiligen Schrift. „Menschen, die zum Glauben finden, wollen Christus kennenlernen“, erläutert Nicolai. „Doch wie soll sich der Glaube vertiefen oder weitergegeben werden, wenn das Wort Gottes fehlt?“

Gedruckte Bibeln sind unverzichtbar

Die Methodik der „Bible Access List“ verbindet Umfragen, Expertengespräche und detaillierte sozioökonomische Indikatoren. Elf Messgrößen erfassen die Einschränkungen: von Importverboten und fehlenden Drucklizenzen bis zu mangelnder Elektrizität oder Alphabetisierung. Sowohl direkte staatliche Verbote (75 Prozent) als auch indirekte sozioökonomische Barrieren (25 Prozent) fließen in die Bewertung ein. „Die Ergebnisse zeigen, dass Lösungen für jedes Land maßgeschneidert sein müssen“, schreibt dazu das Portal „Christian Daily“.

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„Eine Einheitslösung gibt es nicht“, ergänzt Jaap van Bezooijen, der die Studie leitete. „Digitale Hilfsmittel sind nur ein Teil der Antwort – für viele, insbesondere Arme, Menschen ohne Internet oder unter Überwachung, bleiben gedruckte und Audio-Bibeln unverzichtbar.“ In Ländern wie Nordkorea oder Somalia kann schon der Besitz eines Bibelverses als todeswürdiges Verbrechen gelten. Selbst gemeinsames Beten oder leises Lesen geschieht dort heimlich – unter dem Risiko von Haft, Folter oder Tod. Doch auch in vielen Regionen Afrikas und Asiens sind die Hürden – fehlende Druckereien, hohe Importkosten, Korruption und mangelhafte Infrastruktur – nicht weniger drückend. Selbst digitale Bibeln bieten dort kaum Abhilfe.

Aufruf zum Beten und Handeln

Die „Bible Access List“ unterscheidet deshalb zwischen einer „Restrictions List“ für staatliche Kontrolle und einer „Shortage List“ für den Mangel unter Christen, die zwar gerne eine Bibel hätten, jedoch keine bekommen können. Initiiert wurde das Projekt von Open Doors International und der Digital Bible Society, um Kirchen und Missionswerken belastbare Daten für ihre Arbeit zu liefern. Zu den Partnern zählen Bible League International, Frontlines International, Biblica und weitere Bibelorganisationen.

Die Forscher hoffen, dass die Daten nicht nur Bewusstsein, sondern auch Bewegung schaffen. „Wir wünschen uns, dass diese Liste für Christen weltweit zu einem Maßstab wird – so wie die Weltverfolgungsliste von Open Doors für bedrängte Gemeinden“, sagt Nicolai. „Ein Aufruf zum Gebet – und zum Handeln.“

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