Diesmal war es kein Interview in freier Rede. So wie jenes mit dem Schweizer Fernsehen im März, in dem es um die Farbe „Weiß“ gegangen war und Papst Franziskus, auch nach der „Weißen Fahne“ befragt, diese am Beispiel der Ukraine auslegte, was dann weit über das angegriffene Land hinaus für Verwirrung sorgte.
Nein, jetzt beim Segen „Urbi et orbi“ am Ostersonntag trug der Papst einen wasserfesten Friedensappell vor, abgestimmt mit den für die „Außenpolitik“ zuständigen Stellen im Vatikan und stets beide Seiten in den Blick nehmend. Nur der auferstandene Herr, der „Steine wegzuwälzen“ vermag, könne die Sünden vergeben. Ohne diese Vergebung, so Franziskus, komme man „nicht aus Verschlossenheit, Vorurteilen, gegenseitigen Verdächtigungen und Selbstgerechtigkeiten heraus“.
Konkrete Friedensforderungen
Zuerst gedachte der Papst der Konflikte in der Ukraine sowie in Israel und Palästina. Konkret: „Der auferstandene Christus eröffne den leidtragenden Bevölkerungsgruppen in diesen Regionen einen Weg des Friedens. Ich rufe zur Achtung der Grundsätze des Völkerrechts auf und hoffe auf einen umfassenden Austausch aller Gefangenen zwischen Russland und der Ukraine: alle für alle!
Darüber hinaus fordere ich erneut einen garantierten Zugang für humanitäre Hilfen nach Gaza“, sagte der Papst, ohne zu wissen, dass am Montag sieben Mitarbeiter der Hilfsorganisation „World Central Kitchen“ bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ums Leben kommen sollten. Im gleichen Atemzug sprach sich Franziskus energisch für „die sofortige Freilassung der am 7. Oktober entführten Geisel und einen sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Streifen“ aus.
Ostern als Gegenteil zur Missachtung des Lebens
Ebenso führte der Papst Syrien und den Libanon in der Reihe der von Gewalt und bedrohten Regionen auf, gleich gefolgt vom westlichen Balkan, wo es „bedeutende Schritte zur Integration in das europäische Projekt“ gebe. Er begrüßte die Verhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan und sprach dem Volk von Haiti und den Rohingya seine Solidarität aus.
Auch Afrika wünschte er Wege des Friedens und verwies auf Ostern als dem Gegenteil zu jeder Missachtung des Lebens: „Wie viele Kinder dürfen nicht einmal das Licht der Welt erblicken? Wie viele verhungern... oder werden Opfer von Missbrauch und Gewalt? Wie viele Leben werden durch den zunehmenden Menschenhandel zur Ware?“
Der Papst - ein Anker der Hoffnung
Ein gesundheitlich weiterhin angeschlagener Papst, der am Freitagabend in letzter Minute die Teilnahme am Kreuzweg im Kolosseum absagen musste, aber noch am Gründonnerstag im Rollstuhl zwölf Frauen in einer Haftanstalt die Füße gewaschen hatte, hat ein Osterfest im Schatten von eskalierenden Konflikten, blankem Terror und immer mehr Gewalt an Zivilisten gefeiert.
Gäbe es ihn nicht – wer in der Welt könnte dann seine Stimme für den Frieden erheben, die sich, millionenfach wahrgenommen, wie ein globaler Anker anbietet, an dem man seine Hoffnung festmachen kann? Noch nie hat einer der letzten Päpste den Nobelpreis für Frieden erhalten, obwohl sie es spätestens ab Johannes XXIII. alle verdient hätten. Und Franziskus allen voran.
Frieden verbunden mit Bekehrung und Vergebung
Aber der spricht vom Frieden verbunden mit Bekehrung und Vergebung der Sünden, von einem erlösungsbedürftigen Menschen, der nicht das Maß der Dinge und oberster Richter ist. Ein Konzept, das nicht „in diese Welt“ passt. Am Montag wird der Vatikan das von Kardinal Victor Fernández bereits angekündigte Schreiben „Dignitas infinita“ über die Menschenwürde veröffentlichen.
Darin wird es auch um die christliche Sicht auf Fragen wie Geschlechtsumwandlung, Leihmutterschaft sowie Genderideologien gehen. Dann wird man ja sehen. Vielleicht sieht es so düster aus in dieser Welt, weil ihr das göttliche Maß verloren gegangen ist.
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