Vatikanstadt

Der Krieg der Kardinäle

Kardinal Becciu soll den Missbrauchs-Prozess gegen seinen Widersacher, den australischen Kardinal Pell, mitfinanziert haben. Er weist dies jedoch zurück. Ein unwürdiges Schauspiel. Ein Kommentar.
Kardinal George Pell im Interview
Foto: Giuseppe Lami via www.imago-images.de (www.imago-images.de)

Wenn die Geschichte des Ukraine-Kriegs geschrieben ist, wird man noch die Geschichte eines anderen Kriegs schreiben müssen, der den Vatikan jetzt schon seit Monaten nach unten zieht: den zwischen Kardinälen. Eigentlich sollte es in dem so genannten "Maxi-Prozess" vor dem Vatikangericht um die geldschwere Investment-Pleite gehen, die das vatikanische Staatssekretariat mit einer Luxusimmobilie in London zu verzeichnen hatte.

Pünktlich zum Prozess ist Pell in Rom

Aber der Hauptangeklagte und ehemalige Substitut im Staatssekretariat, Kardinal Giovanni Becciu, soll auch noch etwas ganz anderes verbrochen haben: Mit hohen Geldzahlungen, die Rede ist von 2,3 Millionen Australischen Dollar, habe er nachgeholfen, seinem damaligen Widersacher im Vatikan, dem Wirtschafts-Präfekten Kardinal George Pell, einen Missbrauchs-Prozess in der australischen Heimat anzuhängen. Nach Haft und Freispruch ist Pell nun wieder in Rom - pünktlich zum Vatikan-Prozess, der das alles aufarbeiten soll.

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Allerdings hat jetzt Kardinal Becciu in einer zweieinhalbstündigen Verteidigungsrede nicht nur die Vorwürfe zurückgewiesen, für die Londoner Immobilie Gelder aus dem Peterspfennig missbraucht und fragwürdige Überweisungen an sein Heimatbistum in Sardinien und die "Sicherheitsberaterin" Cecilia Marogna veranlasst zu haben. Er legte auch einen Brief von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vom 29. April vor, aus dem hervorgeht, dass die fraglichen nach Australien überwiesenen 2,3 Millionen dazu gedient hätten, eine Internet-Domain namens "catholic" zu erwerben - und nicht, um falsche Zeugen gegen Pell in Sachen Missbrauch zu bestechen.

Pell nahestehende Kreise hatten den Gedanken an ein solches römisch-australisches Komplott im Oktober 2020 lanciert. Der australische Kardinal hatte das in einem Interview vom vergangenen November zumindest nicht ausgeschlossen. Und nannte jetzt die Aussage Beccius vor Gericht "unvollständig" und "bizarr". Erst ein Urteil der Vatikanrichter, die alle Akten kennen, dürfte das unwürdige Spiel beenden. Bis dahin hat aber auch für Becciu die Unschuldsvermutung zu gelten.

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