Synodaler Weg

Ideologische Exegese dominiert beim synodalen Weg

Die Texte des Synodalen Wegs zeigen ein erschreckendes Offenbarungsverständnis. Nicht Gott spricht hier aus der Heiligen Schrift, sondern die Synodalen.
Exegese beim synodalen Weg
Foto: Friso Gentsch (dpa) | Die synodalen Interessen übertönen die eigentliche biblische Botschaft.

Der Synodale Weg geht in eine neue Runde. Die nächste Vollversammlung naht mit neuen Grund- und Handlungstexten. Sie bieten viel Lesestoff unterschiedlicher theologischer Qualität. Man reibt sich insbesondere die biblisch-theologischen Augen und stellt fest, dass statt Exegese Eisegese betrieben wird: Hinein-Legen statt Auslegen der Bibeltexte. Regelrecht bilderbuchartig lässt sich das am Grundtext „Frauen in Diensten und Ämtern“ dokumentieren. Hier fünf markante Beispiele.

Immer wieder wird eine dienende und unterwerfende Haltung von Frauen in der Heiligen Schrift negativ dargestellt. Dagegen wird Maria als selbstbestimmte und mutige Frau gelobt. Sie betet im Magnificat: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ Diese Aussage, die auf das gerechte Gerichtshandeln Gottes zu beziehen und ein Querverweis auf das Ezechiel-Buch ist, wird nun marxistisch-feministisch auf den Fall der patriarchalen Strukturen der Kirche angewandt – eine Lesart, die die niedrige Magd des Herrn zur Freiheitskämpferin umdeutet.

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Das „Magnificat“ als Politikum

Beim Stichwort Geschlechtergerechtigkeit wird der Schöpfungserzählung ein Gleichheits-Ansatz aufgedrückt. Die Ebenbildlichkeit Gottes wird betont, die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen hingegen als Nebenbemerkung abgetan. Der differenzierte Ansatz der Unterschiedlichkeit von Mann und Frau trotz gleicher Würde wird verengt, um eine identische Aufgabenverteilung in der Kirche vermeintlich biblisch zu untermauern: Mann und Frau sollen die gleichen Ämter bekleiden können.

Dabei ist die Schöpfungserzählung im Neuen Testament differenziert zu sehen: Einerseits wird die gleiche Würde von Mann und Frau insbesondere in den tauftheologischen Aussagen des Paulus im Galater- und Römerbrief ausgefaltet. Andererseits findet die Komplementarität von Mann und Frau mit ihren hierarchischen Konsequenzen einen Niederschlag in den sogenannten Haustafeln des ersten Petrus- oder Epheserbriefs.

Der „Frauen-Grundtext“ beschränkt sich auf die tauftheologischen Aussagen des Galaterbriefs: Durch die Taufe sind alle eins in Christus. Doch der Hintergrund des Galaterbriefs bildet ein Konflikt zwischen Juden- und Heidenchristen, weshalb Paulus dieselbe Taufgnade für alle Getauften betont. Dies möchte man nun auf die Frage der Geschlechtergerechtigkeit ummünzen.

Hierarchie ist vor dem Sündenfall

Die Heilige Schrift wird dafür zweckentfremdet, Hierarchie als etwas per se Negatives darzustellen. Anhand von Aussagen über die Erlösung im Römerbrief wird abgeleitet, dass Hierarchie ein Aspekt der gefallenen Schöpfung sei. Die Frau werde dem Mann im zweiten Schöpfungsbericht als ebenbürtige Hilfe beigesellt. Anarchie vor dem Sündenfall? Dem ist entgegenzusetzen, dass Gott bereits eine Hierarchie aufstellt, als er den Menschen die Schöpfung anvertraut, also noch vor dem Sündenfall. Auch die Hierarchie der Engel, wie sie bei den alttestamentlichen Propheten, oder auch bei Paulus sowie in der Johannes-Offenbarung zum Ausdruck kommt, ist dem entgegenzuhalten. Hierarchie ist also nicht per se ein nachsündlicher Mechanismus.

 

 

Die Menschheit allerdings ist stets der Versuchung ausgesetzt, die „heilige Ordnung“ zu verlassen. Die Aussage des Galaterbriefs, dass in der Taufe alle eins in Christus seien, ist gewiss als Wiederherstellung der guten Schöpfung zu betrachten, wie es der „Frauen-Grundtext“ formuliert, doch die Schlussfolgerung einer anarchischen Ursprungsform von Mann und Frau lässt sich exegetisch nicht begründen.

Es ist keine hierarchische Aussage, sondern eine soteriologische, also die Erlösung betreffend. Bei solchen Überlegungen handelt es sich um ein Konzept aus dem Heute, Stichwort „partnerschaftliche Beziehung“, das anachronistisch auf die Schöpfungsberichte und Taufaussagen der Bibel zurückprojiziert wird. Viele andere Beispiele offenbaren weitere, flächendeckende Anachronismen der Bibelauslegung: Die Schablone „Partnerschaftlichkeit“ wird auch auf die Liebesgeschichten Jakobs und Rahels sowie Tobias‘ und Saras angelegt, um ihren Ausgang unter das Banner des „sexuellen Missbrauchs“ zu stellen – die Frauen seien vor der Eheschließung nicht nach ihrer Meinung gefragt worden.

Anachronismus der Bibelauslegung

Abgesehen davon, dass diese Texte vor der Deutung in ihren kulturellen Entstehungskontext einzuordnen sind, handelt es sich bei den genannten Beispielen um Liebesgeschichten. So ist das Gebet, das Tobias und Sara in ihrer Hochzeitsnacht beten und in dem Tobias sagt, dass er sie aus Liebe und nicht aus Lust zur Frau nehme, ein Vorbild für heutige Ehepaare. Regelrecht romantisch geht es auch in der Erzählung Jakobs zu, der ganze sieben Jahre für Laban arbeitet, um Rahel heiraten zu dürfen. Das als sexuellen Missbrauch zu verunglimpfen, geht an der Geschichte vorbei.

Das gesamte Arsenal liberaler Exegese wird aufgefahren, um Begriffe wie „Apostel“ und „Diakon“ zu relativieren. Das Ziel ist dabei, den Diakonat der Frau biblisch zu begründen. Es wird betont, dass „Apostel“ zunächst ein weit gefasster Begriff sei, der den Zwölferkreis gar nicht betreffe, sondern die Zeugen der Auferstehung generell. Erst mit den Evangelien und dem lukanischen Doppelwerk sei die Zuschreibung auf den Zwölferkreis erfolgt. Auf diese Weise werden Jünger, die nicht dem Zwölferkreis entsprechen, inoffiziell zu Aposteln erhoben, insbesondere Frauen wie Maria Magdalena.

Unterscheidung ignoriert

Dieser Argumentationsgang gipfelt in der Pfingstszene, in der sich der eine Geist gleichermaßen auf den Zwölferkreis und die Frauen ergieße. Dies dient genauso wenig als biblische Grundlage für einen universalen Apostelbegriff wie die Charismenlehre des Paulus als Rechtfertigung der Weihe für alle. „Diakon“ wird im Neuen Testament entweder als sakramentale Weihestufe oder in seinem Wortsinn „Diener“ gebraucht.

Der „Frauen-Grundtext“ ignoriert diese Unterscheidung jedoch und deutet alle Bibelstellen als Beleg für die Weihestufe des Diakons. So soll die Kernthese frühchristlicher „Diakoninnen“ ein biblisches Fundament bekommen. Dass Phoebe als „Diakonos“ weniger als Geweihte und vielmehr als Leiterin einer Hausgemeinschaft zu verstehen ist, wird ignoriert.

Frauen seien im Zuge einer Entwicklung hin zu einer kirchlichen Hierarchie, die zuvor nicht bestanden habe, von den Männern zurückgedrängt worden. Dem ist entgegenzuhalten, dass von Anfang an Charisma und Weiheamt Hand in Hand gingen, nicht ohne Reibungen, weshalb Paulus im ersten Korintherbrief das Amt dem Charisma während der Liturgie überordnet. Die prophezeienden Frauen sollen in der Versammlung schweigen, damit kein Chaos ausbricht – Stichwort „Heilige Ordnung“!

Die ältesten Paulusbriefe gegen die Pastoralbriefe auszuspielen, ist längst überfälligen exegetischen Grundannahmen geschuldet. Eine ursprünglich charismatische und anarchische Gemeindestruktur, die sich später in eine hierarchische gewandelt habe, entspricht nicht dem biblischen Befund. Wenn es im Frauen-Grundtext heißt: „Aus den Verkündigerinnen des Wortes werden die Dienerinnen an den Verkündigern“, ist diese Schlussfolgerung vielmehr durch eine erzwungene diachrone Leseweise der Paulus-Literatur künstlich herbeigeführt worden.

Ideologische Grundannahmen

Ausgehend von einer durch und durch liberalen Exegese mit vielen ideologischen Grundannahmen, kombiniert mit der Erwartungshaltung des Synodalen Wegs, kommen die synodalen Texte zu einer Lesart, die in die Bibeltexte hineinlegt, was diese nicht hergeben. Der Umgang mit der Heiligen Schrift wirkt dadurch alles andere als heilig. Die dargestellte Verfahrensweise ist nicht neu.
Sie verdichtet sich nur in der Synopse verschiedener Interessensgruppen mit exegetischen Thesen des letzten Jahrhunderts. Es zeigt sich ein erschreckendes Offenbarungsverständnis – eines, das im Grunde nicht existiert. Nicht Gott spricht bei dieser Exegese aus der Heiligen Schrift, sondern die Synodalen sprechen – und übertönen die biblische Botschaft.

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