Fünfte Synodalversammlung

Die Bischöfe als Zugpferde

Die Handlungstexte des Synodalen Wegs zur Verkündigung des Evangeliums durch Nichtmänner und zu Frauen in sakramentalen Ämtern sollen Druck auf die Weltkirche ausüben.
Hauptgottesdienst des 100. Katholikentags
Foto: Harald Oppitz (KNA) | Frauen halten Buchstaben die das Wort "Frauendiakonat" formen empor während des Hauptgottesdienstes des Katholikentags zum Thema "Gott, der den Menschen sieht" auf dem Augustusplatz in Leipzig am 29. Mai 2016.

Auf den ersten Blick fragt sich der Beobachter des Synodalen Weges, warum zwei verschiedene Handlungstexte zu einem gemeinsamen Thema verfasst worden sind – sakramentale Weihe beziehungsweise Handlungen von Nichtmännern. Im Handlungstext über die Verkündigung des Evangeliums werden bereits Perspektiven für ein klerikalisiertes Laienamt reflektiert. Der Handlungstext „Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch“ zäumt das Pferd nun von hinten auf und formuliert Gründe für die Weihe von Frauen. Der Text zeugt insgesamt von einer recht germanozentrischen Sicht sowie einem gewissen akademischen Hochmut.

Geschlechtergerechtigkeit als deutsche Errungenschaft

Dies blitzt immer wieder implizit durch, wenn stets die Fachexpertise der deutschen Theologie angeführt wird, um die weltkirchliche und international akademische Debatte zu prägen. An anderer Stelle wird die Diskrepanz zwischen der Theologie und der lehramtlichen Tätigkeit der Kirche in den Argumenten und Vorverständnissen beklagt. Man spricht plakativ von der „Basis hermeneutischer Standards“ in der Theologie, wobei diese international heterogener ausfällt. Überdies stellen die Autoren die theologische Kompetenz der Bischöfe und kirchlichen Mitarbeiter infrage. Die eigene Relevanz wird angehoben, indem man Übereinstimmungen in der Frauenfrage mit dem Arbeitspapier des weltweiten Synodalprozesses für die kontinentale Phase herausstellt. Das Prager Kontinentaltreffen hat jedoch gezeigt, dass die Frauenfrage in den anderen Ortskirchen nicht darauf abzielt, diese in sakramentale Ämter zu heben.

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Eine Errungenschaft deutschsprachiger Theologie sei die Geschlechtergerechtigkeit. Bedenklich ist ihr einseitiger Gleichheitsansatz, der aus der marxistisch-liberalistischen Philosophie des Feminismus Eingang in die Theologie gefunden hat. Eine fatale Selbstüberschätzung offenbart sich insbesondere in den Erkenntnissen zum „Amt der Diakonin und zur Christusrepräsentanz“: Zugegebenermaßen wird der frühchristliche Diakonat rege diskutiert, viele Althistoriker und Dogmatiker sprechen sich jedoch für die terminologische Unterscheidung zwischen Diakonos (dem sakramentalen Amt) und Diakonissa (einem nichtsakramentalen Amt von Frauen) aus. Ziemlich eindeutig zeigt das historische Gesamtzeugnis, dass letzteres nie sakramental zu verstehen ist. Zu keiner Zeit wurden Frauen dem sakramentalen Ordo zugeordnet. Die Christusrepräsentanz wird oft sehr unpräzise betrachtet – jeder Getaufte repräsentiert Christus auf eine Weise, doch es handelt sich um einen kategorialen, nicht bloß graduellen Unterschied bei der Christusrepräsentanz des geweihten Priesters.

Der vage Rückgriff auf den „sensus fidei fidelium“

Nichtsdestotrotz sind die Autoren davon überzeugt: „Wir sehen die Bedeutung des Synodalen Wegs unserer deutschen Ortskirche für die Weltkirche wesentlich darin, diese Argumentationen aufzugreifen und konkrete Folgerungen im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit zu bedenken.“ Wie so oft macht man auch nicht Halt vor dem „sensus fidei fidelium“, dem Glaubenssinn der Gläubigen: Diesem solle mehr Raum gegeben werden, denn der Glaubenssinn könne nicht irren. Wenn so eine immense Anzahl von Gläubigen das Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ von Johannes Paul II., das die Frauenweihe ausschließt, nicht anerkennt, sei dies ein Indiz für dessen kritische Anfrage.

Die authentische Teilhabe am Glaubenssinn ist jedoch dann gegeben, wenn man am Leben der Kirche teilhat, regelmäßig beichten geht, auf das Wort Gottes und das Lehramt hört, sich um Heiligkeit, vor allem um Demut bemüht. Wer sich gegen lehramtliche Texte auflehnt, die die Frauenweihe für ausgeschlossen erklären, hat keine authentische Teilhabe am Glaubenssinn. Wie jeder Handlungstext formuliert auch dieser Beschlussfassungen, die ausführlich begründet werden: den sakramentalen Diakonat der Frau und den Zugang von Frauen zum gesamten sakramentalen Amt. Die Argumentationsgänge stellen sich teilweise als irreführend dar. So wird auf Diakoninnen in neutestamentlicher Zeit hingewiesen, ohne den terminologischen Gebrauch des Wortes „Diakonos“ zu klären.

Diakonisches Handeln setzt die Weihe nicht voraus

Die in Konzilien dokumentierten Formulare zur „Weihe“ von Diakoninnen in liturgischen Feiern werden nicht herausgearbeitet als nichtsakramentale Riten mit Benediktionen statt Weihegebeten – ähnlich der Äbtissinnenweihe. Das Argument, dass Frauen seit vielen Jahrzehnten bereits diakonisch aktiv in der Kirche mitwirken, ist keine Bestärkung des sakramentalen Frauendiakonats, sondern eher ein Beweis dafür, dass diakonisches Handeln nicht notwendigerweise an eine sakramentale Weihe gebunden ist.

Der Argumentationsgang zielt darauf ab, das diakonische Profil der Kirche zu schärfen. Zugleich wird ein diakonisches Leitungsamt von Frauen gefordert. Inwiefern dies den dienenden Christus repräsentiert, bleibt unklar, ebenso der Mehrwert von sakramental geweihten Diakoninnen. Die deutsche Nabelschau setzt sich fort, wenn für die internationalen Kommissionen zum Thema Diakonat die Bischöfe ein Mitspracherecht der regionalen Bischofskonferenzen anstreben sollen.

Bischöfe sollen in Rom für Frauendiakonat streiten

Die Absicht ist klar: Die „fachtheologische Expertise“ der Deutschen muss weltweit bekannt gemacht werden, ihre Erkenntnisse müssen einfließen in die Ergebnisse Roms zum Diakonat. Die Bischöfe sollen als Zugpferde herhalten, da sie sich in Rom für die Zulassung des Frauendiakonats in allen Teilkirchen einsetzen sollen. Recht aussichtslos, da dies bereits für das Amazonasgebiet gescheitert ist, wo die Priestermangelsituation deutlich verheerender ausfällt als in Deutschland.

In der Zwischenzeit möchte man theologisch vorarbeiten, um die Ergebnisse in den internationalen Diskurs einbringen zu können. Auch sonst zielt man vorbereitende Strukturen an wie eine Kommission, die sich mit dem sakramentalen Amt für alle auseinandersetzt, oder die Kooperation der Ausbildung von Diakonen mit dem Netzwerk „Diakonat der Frau“ für das Profil einer „geschlechtergerechten und geschwisterlichen Kirche“.

Zur Begründung des sakramentalen Amtes für alle wird die These aufgestellt, dass der Ausschluss von Frauen von der Weihe begründungspflichtig sei. Dabei ist das Gegenteil der Fall, da die Frauenweihe gegen Schrift, Tradition und Lehramt sowie die gesamte kirchliche Praxis verstößt. Die Menge an Berufungen von Frauen sei nicht einfach zu ignorieren. Dabei muss unterschieden werden zwischen der subjektiv wahrgenommenen und von der Kirche anhand von objektiven Maßstäben geprüften Berufung, denen sich auch ein männlicher Priesteramtskandidat unterziehen muss. Besonders anmaßend ist die Moralisierung des Ausschlusses von Frauen, gleichsam eine Deklarierung zur Sünde. Heuchlerisch, nachdem der Dekalog aus den Texten des Synodalen Wegs verschwunden ist. Vielleicht wird das diakonische Profil der Kirche durch weniger Aktionismus und vielmehr durch das Dienen an den Armen geschärft?

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Margarete Strauss Bischof Diakone Diakonie Jesus Christus Johannes Paul II. Weltkirche

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